Transparent und digital | stores+shops

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Convenience-Food-Theke: Vor den Augen der Kunden werden im Markt die Suppen frisch gekocht und abgefüllt. (Foto: Carrefour)

Transparent und digital

Carrefour hat im belgischen Mons einen Hypermarkt nach neuestem Konzept umgebaut. Neben dem Leitsatz „Transparenz für den Kunden“ bekam der Markt eine digitale Ausstattung par excellence. 140 Bildschirme interagieren mit den Kunden, es gibt einen intelligenten Anprobe-Spiegel und eine virtuelle Regalverlängerung.

Man kann es natürlich so machen: Man holt ein Geschwader Berater ins Haus, gibt ihnen den nötigen Input und vertraut dann auf deren Expertise. Man kann es aber auch so machen wie Carrefour Belgien. „Wir haben zunächst Workshops mit unseren Kunden veranstaltet und sie gefragt, was für einen Hypermarché sie sich für die Zukunft wünschen“, sagt Baptiste van Outryve, Director PR & Corporate Communication von Carrefour Belgien. In einem zweiten Schritt hat Carrefour alle 500 Abteilungsleiter zusammengetrommelt, um auch ihnen Fragen zu stellen wie: „Wie würdet ihr gern morgen arbeiten?“ oder: „Wie soll der Markt der Zukunft aussehen?“ „Dabei war es uns wichtig, ganz neu zu denken“, so van Outryve, „deshalb haben wir ihnen gesagt: Geht vom ersten Federstrich aus, entwickelt gute Ideen – und dann schauen wir, was wir daraus machen.“ Auch an welchem Standort das zukunftsweisende SB-Warenhaus-Konzept realisiert werden sollte, stand noch in den Sternen.

Kein Star Wars

Zwar hatte Carrefour Belgien zu diesem Zeitpunkt, Anfang 2015, gerade erst einen Kraftakt hinter sich: Zwischen 2010 und 2014 hatten die Belgier unter Aufwendung von 150 Mio. Euro jedes einzelne ihrer 45 SB-Warenhäuser zeitgemäß umgestaltet. Dennoch wollten sie gleich „das nächste Level erreichen“, nämlich den „Hypermarché der Zukunft“ erfinden. Das bedeutete auch Digitalität in großem Umfang – allerdings nicht als Selbstzweck, sondern im Dienst des Kunden. „Wir möchten schließlich nicht Star Wars in unserem Markt“, sagt Baptiste van Outryve, Digitalität habe bei Carrefour zwei ganz konkrete Aufgaben: „Sie muss dem Kunden mehr Informationen bieten und ihm das Einkaufen erleichtern“.

Die großzügige Fischtheke (Foto: Interstore)

Die großzügige Fischtheke (Foto: Interstore)

Die Standort-Wahl fiel auf den bestehenden Hypermarché im Einkaufszentrum Les Grands Prés in Mons, einer 95.000-Einwohner-Stadt gut 50 km südwestlich von Brüssel und 30 km von der französischen Grenze entfernt. Das mit damals rund 10.000 qm größte SB-Warenhaus des Unternehmens in Belgien barg per Umwidmung der Hinterräume die Option zur Erweiterung der Verkaufsfläche auf knapp 12.000 qm und durch die direkte Anbindung an eine neu eröffnete Ikea-Filiale das Versprechen auf Frequenzgewinn.

In sechs Monaten hat Carrefour das Projekt auf den Weg gebracht, weitere sechs Monate blieben Interstore Design und Schweitzer Project für die Planung und Umsetzung. Aufgrund des straffen Zeitkorsetts wurden viele, sonst sukzessiv ablaufende Prozesse wie konzeptionelle Planung, Ausführung und Entwicklung der Warenbilder für die neue Möblierung zeitgleich bewältigt. Da der Markt während der Umbauphase nur an insgesamt zwei Tagen geschlossen war und sämtliche Arbeiten bei laufendem Betrieb ausgeführt wurden, musste parallel eine ausgeklügelte Logistikstruktur geschaffen werden. „Der Zeitaspekt war eine der größten Herausforderungen“, resümiert Projektleiter Dr. Holger Schöpf, Kaufmännischer Leiter Ladenbau Food bei Schweitzer Project.

Konzeptionell und gestalterisch ist „Transparenz“ das Leitthema, das nicht nur Layout und Möblierung, sondern auch die Arbeitsweise der Mitarbeiter grundlegend verändert. „Wir sind mit diesem Konzept zu unseren Wurzeln zurückgekehrt“, sagt Baptiste van Outryve. Nicht die angelieferte Ware an sich, sondern der fachkundige Umgang damit mache Carrefour aus – und das solle der Kunde auch sehen.

Das gesamte Frischesegment (4.740 qm) wurde als Rechteck, das von einer breiten „Allee“ geteilt wird, nach vorn und in die Mitte gerückt – U-förmig eingerahmt von dem 60 Prozent der Fläche einnehmenden Nonfood-Sortiment auf 6.570 qm. Bereiche, die zuvor in der Tiefe des gut 200 m langen Marktes hinter Backsteinmauern versteckt waren, wurden dem „Frische-Herz“ zugeordnet und dem Blick geöffnet, zum Beispiel die Bäckerei als eine der größten Abteilungen mit dem dazugehörigen und nun transparent gehaltenen Vorbereitungsraum plus Café von 630 qm.

Manufaktur-Anspruch

Den Manufaktur-Anspruch belegen auch eine eigene Brauerei, die Küche, eine Kaffeerösterei, ein Chocolatier, eine Sushi-Bar, eine Lachsräucherei, die Metzgerei sowie eine Pizzabäckerei. Hinzu kommen Fisch- und Käsetheken, ein Wein- und Bier-„Keller“ von 850 qm mit 600 Biersorten und 1.000 Weinsorten sowie ein üppiges, aus logistischen Gründen derzeit noch in Kunststoffschütten arrangiertes Obst- und Gemüse-Angebot von 250 qm. Insgesamt dominiert vor den weißen Wänden des Frischebereichs Massivholz aus Fichte und Eiche.

Eine weitere konzeptionelle Innovation ist die räumliche Zuordnung der SB-Produkte zu den warengruppentechnisch passenden Bedientheken. Der abgepackte Räucherlachs liegt in Griffweite zur frischen Dorade. Zum Mascarpone aus der Kühltheke berät die gleiche Fachkraft, die den Rohmilchkäse aus der Provence abwiegt. Die Frischetheken sind eine Neuentwicklung speziell für Carrefour Mons. Auf einer Basis vom Typ Tischgestell ruht eine gläserne Kuppel, dadurch ist auch hier das Tun der Mitarbeiter für den Kunden jederzeit einsehbar. Für die durch die allgegenwärtige Transparenz geforderte neue Arbeitsweise wurden die 280, davon 40 neueingestellten Mitarbeiter in insgesamt rund 5.000 Stunden geschult.

Transparenz bedeutet aber nicht nur Einblick, sondern auch Überblick. „Damit der Kunde die gesamte Fläche auf einen Blick erfassen kann, haben wir die Regalhöhe im Frischebereich von zuvor zwei Metern auf 1,60 Meter gesenkt“, sagt Projektleiter Schöpf. Nur entlang der Rückwände des stilistisch an modernem Department-Store-Design orientierten Nonfood-Bereichs erhöht sich die Möblierung bis auf vier Meter. Dadurch werden auch im Nonfood die Eyecatcher wie die auf Stahlgestellen über den Regalen posierenden Mannequins im Modebereich weithin sichtbar.

So sind Frische und Nonfood (11.310 qm ohne Kassenzone) zwar unterschiedlich gestaltet, werden jedoch durch eine gemeinsame Bildsprache aus klaren Schriftzügen, prägnanten Icons und großflächigen Wandgrafiken optisch zusammengehalten. In Szene gesetzt wird der Markt durch das neue Lichtkonzept auf LED-Basis statt der zuvor rasterartig angelegten Grundbeleuchtung.

Ein besonderes Merkmal des Carrefour-Marktes ist die digitale Technik. 140 Bildschirme und 15 verschiedene, teils speziell für Carrefour Mons entwickelte Lösungen mit Unterhaltungs-, Informations-, Beratungs- oder Verkaufsfunktion wurden im Food- und Nonfood-Bereich gleichermaßen installiert. Ein Bierberater gibt mithilfe diverser Filter wie Alkoholgehalt, Herkunftsland oder Sorte Auskunft über die 600 vorrätigen Biersorten. Der digitale, mit sozialen Netzwerken verknüpfte Spiegel zeigt der Kundin dank integrierter Webcam, ob die Hose auch von hinten sitzt. Das Terminal in der Buchabteilung hilft durch Kategoriesuche, das richtige Buch zu finden. In der Musikabteilung können nicht vorrätige CDs auf der Stelle gebrannt werden, und an der Bildschirmwand im Eingangsbereich kann der Kunde schwere Artikel wie Getränkekisten vorbestellen, bezahlen und nach dem Einkauf mit dem Auto abholen. Digitale Publikumslieblinge sind Geräte aus dem Entertainmentsegment (DVD, CD, Computerspiele), an zweiter Stelle Rezeptberater und an dritter Multichannel-Terminals zur virtuellen Regalverlängerung.

„Die Resonanz auf sämtliche interaktiven Themen ist wesentlich höher als erwartet“, sagt Arne Jürgensen, Managing Director COO von Xplace, das für die digitalen Installationen verantwortlich ist.

Fotos (6): Carrefour (2), Interstore (4)

Weitere Informationen: hyper.carrefour.eu

Carrefour, Mons

Eröffnung: 10.12.2015
Standort Einkaufszentrum: Les Grands Prés, Mons, Belgien
Verkaufsfläche: 11.700 qm
Food: 4.740 qm
Nonfood: 6.570 qm
Kassenzone: 390 qm
Anzahl Kassen: 28
Planung/Umsetzung: Interstore Design/Schweitzer Project
Lichtsystem: Oktalite
Deko-Leuchten: Interstore Design
Digitale Lösungen: Xplace (140 Screens)
Anzahl Mitarbeiter: rund 280

Carrefour Belgien

Anzahl Läden: 753; 45 Hypermarché, 436 Supermärkte, 272 Carrefour Express
Anzahl Mitarbeiter: 11.500
Anzahl Kunden: 650.000 pro Tag
Web: www.carrefour.eu

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