Design holt auf | stores+shops

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Die jeweils eine Tonne schweren Schachfiguren ragen durch ihre enorme Höhe in die Lichthöfe und verbinden das Basement optisch mit dem Erdgeschoss. Sie sind Mittelpunkt der neu eingerichteten L ounges im Center Palais Vest in Recklinghausen. (Foto: Unibail-Rodamco Germany)

Design holt auf

Mall-Möbel mit einprägsamem Design erhöhen einerseits den Kundenkomfort und schärfen zum anderen das Profil eines Centers. Im Zuge von Pop-ups und Events steigt auch die Bedeutung von Kurzzeit-Möbeln.

Die Sitzsteine im Frankfurter Innenstadt-Center MyZeil er­freuen sich seit Jahren großer Beliebtheit. Die Designobjekte, matt glänzende, hell- und dunkelgraue, wie vom Wasser rund geschliffene überdimensionierte „Kiesel“, die gruppenweise auf den Böden der Ladenstraßen und Plätze liegen, sind tech­nisch betrachtet dünnwandige Schalen aus Glasfaserbeton. In unterschiedlichen Größen und mit jeweils einer ergonomisch geformten Sitzmulde laden sie vielleicht nicht zu stundenlan­gem Fläzen ein, sind aber doch gemütlich genug, um für eine Verschnaufpause darauf Platz zu nehmen. Die Besucher haben all die Jahre regen Gebrauch von diesem Angebot gemacht.

Anti-Möblierung

Mit den Sitzkieseln schwamm das Center lange Zeit gegen den Strom. Jahrzehntelang setzten die Center eher auf eine Art Anti-Möblierung. Mit möglichst wenig Einrichtung außerhalb der Stores wurde der Aufenthalt einzig auf Einzelhandel und Warenangebot konzentriert. Mit fehlenden Sitzgelegenheiten abseits der Gastro-Einheiten sollten müde Kunden gezwungen werden, einzukehren und Speisen und Getränke zu konsumieren.

Der neue Ruhr-Park in Bochum spielt mit vielerlei Design-Sesseln und -bänken, die sich grundlegend vom gewohnten Standard einer öffentlichen Stadtmöblierung abheben. (Foto: Unibail-Rodamco Germany)

Der neue Ruhr-Park in Bochum spielt mit vielerlei Design-Sesseln und -bänken, die sich grundlegend vom gewohnten Standard einer öffentlichen Stadtmöblierung abheben. (Foto: Unibail-Rodamco Germany)

Ein Umdenken auf breiter Ebene hat eingesetzt. Im Be­stand wird nachmöbliert. Viele neu eröffnete Center-Projekte setzen mit ihren Möbeln echte Highlights, die davon zeugen, dass dabei nicht nur der Service-Aspekt eine Rolle spielt. Der Wert einer einprägsamen gestalterischen Handschrift rückt mehr und mehr ins Bewusstsein und, wie viele Beispiele zei­gen, die Idee, mit dem Möbeldesign die Alleinstellung einer Mall zu untermauern.

Architektur und Center-Einrichtung aus einem Guss, das spielt die Mall of Berlin in Perfektion, die, auch wenn sie nach wie vor polarisiert, in ihrer zweijährigen Existenz einen Kultstatus von internationalem Rang erringen konn­te. Die gesamte Ausstattung der Mall nimmt Bezug auf das hundert Jahre zuvor an gleicher Stelle angesiedelte Kaufhaus Wertheim, dessen Elemente mit nostalgischen Bildern, Orna­menten auf Holzvertäfelungen und Sitzbänken aufgegriffen wurden. Sogar die Pflanzkübel und die Garderobe in dunkler Holz-Optik mit aufwändigen Gravuren bilden Bausteine des eleganten Innendesigns. Die Möblierung wurde für die Mall exklusiv angefertigt. Sitzgelegenheiten finden sich praktisch überall, an einigen Stellen gibt es Sitzgruppen aus Couches und Tischen. Der Betreiber HGHI sagt dazu: „Mall-Besucher nutzen sie aktiv. Sie trinken einen Kaffee, blättern im Mall of Berlin-Magazin oder surfen im kostenlosen Wlan. Es ist wichtig, einen Ruhepol fernab von den Läden zu kreieren, damit die Besucher stressfrei ihren Besuch genießen können.“

Nostalgie oder Hightech

Statt auf nostalgische Hommage setzen viele Center auf High­tech-Werkstoffe, die stabil und pflegeleicht sind und sich in jede beliebige Form bringen lassen – und daher große Individualität ausstrahlen. Zudem lassen sich Steckdosen, Ladestationen und andere technische Gadgets gut integrieren.

Kunststeine in der Shopping-Mall MyZeil in Frankfurt sind nicht nur Design-Objekte, sondern auch ergonomisch geformte Sitzmöbel, robuste Einrichtungsgegenstände und ein Tool, um sich optisch abzuheben. (Foto: Pebstone)

Kunststeine in der Shopping-Mall MyZeil in Frankfurt sind nicht nur Design-Objekte, sondern auch ergonomisch geformte Sitzmöbel, robuste Einrichtungsgegenstände und ein Tool, um sich optisch abzuheben. (Foto: Pebstone)

Auch bei Unibail-Rodamco gehört ein extrovertierter Design-Aspekt fest zum Center-Konzept. Der restrukturierte Ruhr-Park ist zwar durchaus an den Mainstream adressiert, dennoch richtete das Lifestyle-Konzept der Open-Air-Mall das Augenmerk auf Sitzgelegenheiten mit durchweg originellem, aus dem Rahmen fallendem Design fernab jeder durchschnittlichen Stadtmöblierung. Die individuellen Sitzmöbel sind allesamt Produkte von namhaften internationalen Herstellern wie Ves­tre aus Skandinavien, Miramondo und B & B Italia. „Um das Herzstück des neuen Ruhr Parks, die Lifestyle-Promenade, auch optisch hervorzuheben, wurden in diesem Bereich zusätzlich besondere Solitärmöbel platziert, die den Kunden überraschen sollen und ihm die Möglichkeit bieten, neue Sitzgelegenheiten mit unerwarteten Formen und einem auffallenden Design zu entdecken“, sagt die UR-Sprecherin Dovile Kasparaviciute. Selbst die Reinigungswagen der Cleaning-Mitarbeiter sind echte Design-Perlen. Nach praktischen Gesichtspunkten konstruiert, um den Mitarbeitern optimale Arbeitsbedingungen zu bieten, unterstreichen sie gleichzeitig mit ihrer maßgeschneiderten Optik den Anspruch des center-eigenen 4-Sterne-Services.

„Das Design muss bei Mall-Möbeln der Funktion unter­geordnet werden“, mahnt Robert Münzebrock, Projektleiter des auf Objekt- und Mall-Möbelanfertigung spezialisierten Ateliers Schneeweiß. „Es gibt so viele schöne Sachen, die alle gut aussehen und ganz toll sind, aber als Möbel für Mas­sen einfach nicht funktionieren, weil der Umgang der Kunden mit den Produkten nicht vorhersehbar ist.“ Mall-Möbel sind massiver Belastung und vielerlei Schutz- und Sicherheitsauf­lagen ausgesetzt.

Hoch strapazierfähig

„Bei den Sitzsteinen ist besonders für den Einsatz als Mall-Mo­biliar ein Vorteil des Grundmaterials, dass es nicht brennbar ist“, sagt René Schneider von der Schneider Kunstgestein GmbH, die vor wenigen Monaten ins Einkaufszentrum Huma in Schwabach eine weitere Charge Sitzkiesel lieferte. Schneider weist auf die vielfältigen Anforderungen hin, die Centerbe­treiber, die Gesetzeslage und die Feuerwehr an das Mobiliar stellen. „Wir mussten eine Weile tüfteln, um die Steine hoch strapazierfähig, stoß- und kratzfest sowie säurebeständig zu machen. Als Vorkehrung gegen Attentate o.Ä. verlangte die Feuerwehr, die eigentlich unten offenen Hohlkörper zu verschließen, sodass nichts darin versteckt werden kann.“ Blechplatten sorgten für Abhilfe.

Möbel für den Mall-Einsatz müssen praktisch „unkaputtbar“ sein. Sie übersteigen die Anforderungen an eine herkömmliche Objektmöblierung um ein Vielfaches, betont Robert Münzebrock: „In Bereichen mit viel Publikumsverkehr sind sie oft auch noch nach Ladenschluss zugänglich und unbeaufsichtigt. Oft wird der Wunsch an uns herangetragen, dass die Möbel wie im Restaurant sein sollen. Im Restaurant steigt aber niemand mit seinen Schuhen auf die Stühle. Möbel in der Mall werden anders behandelt, einige Kunden zeigen leider keine Wertschätzung. Daher bauen wir gleich auf Nummer sicher und setzen oft Unterkonstruktionen aus Metall oder Holz ein. Alle sichtbaren Holzplatten sind mit hochwertigem HPL beschichtet, um die Robustheit und Langlebigkeit zu gewährleisten.“

Wo Robustheit ebenfalls ein Muss ist und bislang jeder Designaspekt komplett hinter der Funktion verschwand, ist der Sonderbereich der Aktionsmöbel, die bei Bedarf aufgebaut und zur Lagerung ebenso schnell wieder auseinandergenom­men werden. Auch hier herrscht viel Bewegung, ausgelöst durch Pop-up-Stores, Aktionsflächen und Events, temporäre Mietverhältnisse und Zwischenmieter, erhöhte Ansprüche der neuen Mieterschaft und innovative Fertigungsmethoden, die neue Spielräume schaffen.

Ein Beispiel ist „Fotoboden“: Die Shopping-Arkaden in Bocholt richteten einen kleinen Parcours für Bobby-Cars ein. Die Fahrstrecke ist auf einen ausrollbaren Boden aus Vinyl gedruckt und kann kurzfristig wiederaufgenommen und zum Beispiel in der nächsten Etage neu verlegt werden. Ein ande­res Center richtete zur Fußball-EM mit „Fotoboden“ eine „Sky Lounge“ ein und verwandelte eine leerstehende Ladenfläche in ein Fernseh-Studio bzw. eine Public Viewing-Area.

Fotos (4): Unibail-Rodamco Germany (2), Pebstone (1), Fotoboden (1)

Weitere Informationen: redaktion@ehi.org

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