Success-Stories gesucht | stores+shops

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Bei Rose Biketown, hier in Bocholt, kann der Kunde sein Rad am Desk konfigurieren und die Darstellung auf dem Screen verfolgen. (Foto: Blocher Blocher Partners)

Success-Stories gesucht

Die Integration von Digitalität am POS bringt vielfältige Herausforderungen mit sich – für Händler, Ladenbauer, Architekten, Planer, Berater und IT-Dienstleister. Es gilt, Digitalität als integralen Bestandteil einer Retail-Strategie zu begreifen und ressort- und kompetenzübergreifend zu kommunizieren und zu handeln.

Der Handel will seine Aktivitäten in den Bereichen digitale Services und Omnichannel weiter ausbauen. Das ist ein Fazit der Studie „Der Store im Omnichannel-Zeitalter“, für die das EHI im August letzten Jahres Leiter von Bau- und Einrichtungsabteilungen aus dem Handel, Ladenbauunternehmen, Architektur- und Planungsbüros sowie Geschäftsführer maßgeblicher Handelsunternehmen aus dem deutschsprachigen Raum befragte. Grundsätzlich ist die Haltung also pro Digital, doch in Bezug auf die Umsetzung ist vieles unklar. „Es gibt viele Fragen und noch nicht so viele Antworten“, beschreibt Hans-Peter Hiemer, Geschäftsführer des Duisburger Beratungsunternehmens Business4Brands, die aktuelle Situation. „Doch es ist unvermeidbar, man muss auf diesen Zug aufspringen, auch wenn es Schmerzen bereitet“, so Hiemer.

Klar ist mittlerweile, dass die digitale Dimension nicht als zusätzliches Feature gesehen werden darf, sondern bei allen Planungen als integraler Bestandteil der jeweiligen Retail-Strategie „von der ersten Sekunde an“ mitgedacht werden und quasi als organischer Bestandteil in den Ladenbau integriert werden sollte. „Wenn man denkt, man hat ein Storedesign und nun plant man ein paar Screens dazu – dann ist das Projekt schon gescheitert“, glaubt Jörg Becker, Creative Director bei Blocher Blocher View, Stuttgart. Daher müssen alle am Ladenbauprozess Beteiligten so früh wie möglich an einen Tisch. „Mindestens zwei Sprachen müssen mit am Tisch sitzen“, regt Becker an, „die analoge und die digitale.“

„Die Herausforderungen sind vielschichtig“, sagt auch Mario Dreismann, Head of Segment Retail bei Vitra im Schweizer Birsfelden. Es beginnt auf Seiten des Handels bei der Unsicherheit über Tiefe und Breite des digitalen Engagements sowie Unwissen über die personellen und finanziellen Konsequenzen, geht über die Schwierigkeit, alle an der Umsetzung der Digitalstrategie Beteiligten ins Boot zu bekommen und endet beim Ankommen in der Realität der Flächen, wo der Umgang mit digitalen Techniken eher selten in den Händen von Digital Natives liegt. Prioritäten sind dabei schwer zu setzen, denn ein Großteil der Herausforderungen ist fast gleichrangig. Man muss nach vielen losen Enden gleichzeitig greifen und die miteinander verzahnten Problemstellungen interdisziplinär über alle Kompetenzen und Gewerke hinweg angehen.

Zielsetzung formulieren

Für den Ladenbauer Carsten Schemberg von Schemberg Einrichtungen in Mettingen beginnt eine erste Annährung mit der Frage: „Was ist überhaupt Digitalität am Point of Sale?“. iPads für das Personal oder Screens? Der eigene Webshop oder Click & Collect? Jeder Händler habe seine eigene Definition. Dabei müsse er zunächst einmal klären, warum und mit welcher Zielsetzung er digitale Medien und Services an welchen Touchpoints einsetzen will.

Zwar ist die Funktion digitaler Medien auf der Fläche klar definiert: „Sie haben die Aufgabe, den Kunden und den Verkäufer im Verkaufsprozess zu unterstützen“, sagt Prof. Dr. Oliver Janz, Studiengangsleiter Handel und Textilmanagement an der Dualen Hochschule Heilbronn. Doch zur individuell richtigen Zielsetzung einer stimmigen Digitalstrategie zu finden, ist komplexer. Denn: „One size fits all – das existiert hier nicht“, sagt Tim Hanack, Manager Digital Retail bei Vitra.

Digital weiterentwickeln

Die erste Aufgabenstellung für den Händler ist vor diesem Hintergrund, sein analoges Selbstverständnis zu identifizieren und dies unter Einbeziehung der Kundenbedürfnisse digital weiterzuentwickeln. „Wir betrachten einen Laden als Landschaft mit digitalen Bodenschätzen, die die Besucher heben können“, so Ralf Nähring, Geschäftsführer der Kölner Kommunikationsagentur Dreiform. Um die richtigen Schätze an den richtigen Stellen vergraben zu können, ist eine genaue Kenntnis der Customer Journey erforderlich. Daniel Kellmereit, Managing Director Liganova USA empfiehlt, „das digitale Thema ganz stark aus einer kundenzentrischen Sicht“ anzugehen. „Wir beginnen grundsätzlich mit der Customer Experience und der Customer Journey und schauen dann, welche digitalen Anwendungen sich sinnvoll integrieren lassen.“

„Lagerhaus“ im österreichischen Lambach: Auf der aus sechs Screens bestehenden interaktiven Wand können Kunden zum Beispiel Informationen über Gartenpflege oder einen Mondkalender abrufen. Auch Skirennen werden live übertragen. (Foto: Umdasch)

„Lagerhaus“ im österreichischen Lambach: Auf der aus sechs Screens bestehenden interaktiven Wand können Kunden zum Beispiel Informationen über Gartenpflege oder einen Mondkalender abrufen. Auch Skirennen werden live übertragen. (Foto: Umdasch)

Im Kern geht es dabei immer um die Frage: „Welchen Vorteil will man dem Kunden online bieten, und wo spiegelt sich diese Thematik offline?“, so Carsten Schemberg. Die Kompetenz zu deren Beantwortung liege allein beim Händler. Hier herrscht aber oft Unsicherheit. „Die meisten Händler wissen zwar, welche Optionen es gibt“, sagt der Architekt Wolfgang Gruschwitz, Geschäftsführer der Gruschwitz GmbH, „doch viele sind unsicher, welche Lösungen die richtigen für sie sind.“ Daraus resultieren mitunter vage Aufgabenstellungen an Architekten oder Ladenbauer. „Während beispielsweise gewünschte Oberflächen bei Möbeln sehr detailliert beschrieben werden, ist das Briefing zu digitalen Problemstellungen oft unklar“, sagt Mario Dreismann von Vitra.

Wenn ein Händler digitale Devices kauft, „erwirbt er kein Möbelstück, sondern einen lebenden Organismus“, meint Wolfgang Gruschwitz. Personelle Konsequenzen und die im Vergleich zur Anschaffung der Hardware beträchtlichen Folgekosten, die beispielsweise durch die Einstellung von aktuellem produkt- und kundenbezogenem Content entstehen, sind für Einsteiger schwer abzuschätzen. „Beim Ladenbau kaufe ich das, was ich sehe“, sagt Gruschwitz, „bei der Digitalisierung sehe ich jedoch nur die Spitze des Eisbergs.“ Zudem handelt es sich um beträchtliche Investitionen. „Digitalität auf der Fläche kostet aufgrund der Technik sehr viel Geld“, sagt Marc Doderer, Inhaber der Retail-Beratungsagentur Qommunicate in Stadtbergen, „der Return ist jedoch nicht so unmittelbar wie bei Kosteneinsparungen, es ist vielmehr eine Investition in die Zukunft.“

Success-Stories gesucht

Um dem Händler die Sinnhaftigkeit solcher Investitonen vor Augen zu führen, „brauchen wir rolloutfähige Success-Stories“, sagt Bernd Albl von Umdasch, „denn der Händler investiert erst, wenn ein Konzept erwiesenermaßen funktioniert – sonst verharrt es im Prototypenstadium.“ Auch Bettina Zimmermann, Geschäftsführerin von Ganter Interior, hält die „noch relativ geringen Erfahrungswerte“ für hinderlich. „Es gibt bis heute noch keine verlässlichen Aussagen über positive Auswirkungen auf Umsatz oder Frequenz“, so Zimmermann. Als Beleg für den Effekt erfolgreicher Anwendungsszenarien mag der sich andeutende Siegeszug der elektronischen Preisauszeichnung dienen. „Nachdem wir den ersten Rollout mit einem Kunden in den Niederlanden hatten, haben wir daraufhin auch international den Zuschlag bekommen“, sagt Ingolf Schulten, Senior Product Manager Global der Meto Division bei Checkpoint Systems.

Während der Händler also in seiner unternehmerischen Risikofreude gefordert ist, müssen Ladenbauer, Architekten, Berater und IT-Dienstleister die Bereitschaft haben, intern oder mit Hilfe externer Netzwerke technologische Kompetenz aufzubauen und gemeinsamen mit dem Kunden Use-Cases zu entwickeln, zu pilotieren und daraus zu lernen. „In den letzten Monaten ist mir zunehmend klar geworden, dass man sich durchaus agil und nach dem Motto ‚test and learn’ aufstellen muss“, sagt Mario Dreismann von Vitra, die wie Umdasch oder Liganova (ab Ende 2016) in hausinternen Ausstellungen oder Laborsituationen Anwendungsszenarien demonstrieren. „Technologie ist nur ein Vehikel“, so Bernd Albl von Umdasch, „der Use-Case aber, sprich der Mehrwert, den man dadurch erzeugt, den gilt es zu finden.“

Der physische Einbau digitaler Geräte stellt für die Ladenbauer keine Hürde dar. Zwar muss die Möblierung stromführend und so flexibel wie möglich, Geräte müssen wart- und austauschbar sein, diebstahlgesichert und belüftet werden. „Doch die Materialien ändern sich nicht zwingend“, sagt Bettina Zimmermann von Ganter, „und die Geräte können problemlos integriert werden.“ Dass sich laut Ralf Nähring von Dreiform „die Anzahl der Schnittstellen bei der Ladenentwicklung erhöht“, ist dagegen durchaus eine neue Anforderung. Genau wie der Aspekt, den Jörg Becker von Blocher View ins Feld führt: Bei digitalen Installationen komme es nicht in erster Linie darauf an, dass sie für eine kleine Zielgruppe ganz besonders attraktiv, sondern dass sie für niemanden störend sind. „Bisher hat man im Retail immer versucht, es allen recht zu machen“, so Becker, „doch im Zuge der Digitalisierung ist klar geworden, dass das kein sinnvoller Anspruch ist: Jetzt muss man versuchen, es niemandem unrecht zu machen.“

Fotos (6): Blocher Blocher Partners (1), Umdasch (4), Vitra (1)

Weitere Informationen: redaktion@ehi.org

Kompletter Paradigmenwechsel

Bernd Albl, Managing Director Division ViBiz bei Umdasch Shopfitting, über neue Arbeitsweisen und das Erlernen neuer Fähigkeiten im Zuge der Digitalisierung.

Wie finden Sie die passenden digitalen Lösungen für den jeweiligen Kunden?

Meist beginnen wir mit einem Inspirationsvortrag, bedienen uns unseres „Technologie-Radars“ und unseres „Retail-Labs“, entwerfen kundenspezifische Szenarien, beschäftigen uns mit der jeweiligen Zielgruppe und formulieren Zielsetzungen. Wir entwickeln ganz viele Ideen, von denen am Ende des Tages ganz viele wieder verworfen werden. Aber das gehört zum Procedere, denn das Schlimmste wäre, im Nachhinein sagen zu müssen: Hätten wir doch daran gedacht! Bisher sind aus unserer Sicht vier Technologien wirklich im Handel angekommen: ESL, Digital- und Interactive-Signage sowie Customer Tracking sind rolloutfähige Technologien.

Welche Abteilungen Ihrer Kunden sind bei digitalen Themen Ihre Ansprechpartner?

Wir machen die Erfahrung, dass bei unseren Kunden bis ins Top-Management hinein ganz neue Job-Profile entstehen. Da haben wir plötzlich mit einem Digital- und einem Media-Officer zu tun, mit IT- oder Marketing-Abteilungen oder Innovations-Management-Teams. Der Ladenbau ist mit den neuen Technologien einer neuen Sprache ausgesetzt – und die muss unser Key-Accounter, unser Architekt, unser Projektleiter natürlich auch beherrschen.

Wie findet man hier zu einer gemeinsamen Sprache?

Für uns als Ladenbauer war es ein totaler Paradigmenwechsel, sich mit den neuen Technologien auseinanderzusetzen. Einerseits wollen wir Läden ausstatten und Flächen inszenieren, andererseits digitalisieren wir sie. Aber das ist kein Widerspruch, sondern kann eine wechselseitige Befruchtung sein. Über die damit verbundenen Themen mit unseren Kunden zu sprechen und ein Gefühl für ihren digitalen Bedarf zu entwickeln, mussten wir lernen.

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