Dramaturgie auf kleiner Fläche | stores+shops

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Ein Stehverkaufstisch mit sechs Hockern bedient die etwas lockerere Form der Kundenberatung. Dazu gibt es zwei Beratungstische im hinteren Bereich des Geschäfts. (Foto: Niessing)

Dramaturgie auf kleiner Fläche

Der neue Store von Niessing in München präsentiert die hochwertigen Produkte aus eigener Schmuckmanufaktur in einem puristisch-reduzierten Umfeld. Den Designern gelang es, auf einer Verkaufsfläche von nur 77 qm eine Balance zu schaffen zwischen dynamischen Bewegungsflächen und Ruhezonen.

Der Umzug hat sich gelohnt: Nachdem der Mietvertrag am alten Standort nahe der Münchner Frauenkirche abgelaufen war und sich die Mietkosten mehr als verdoppeln sollten, entschied sich Niessing zu einem Standortwechsel. Das Umfeld der „Fünf Höfe“, ein innerstädtisches Shopping-Center mit Anbindung an die Theatinerstraße, passte gut zum hohen Anspruch der Schmuck-Manufaktur, die in Deutschland sieben Mono-Brand-Stores betreibt und in Japan mit drei Franchise-Läden vertreten ist. Dass die Ladenfläche am neuen Standort mit 77 qm nur halb so groß ist (im Vergleich zu vorher), nahm man in Kauf. Anfang Juni 2015 wurde Eröffnung gefeiert.

Die diagonal aufgestellten mobilen Schauvitrinen und die orthogonal platzierte Ruhezone verleihen dem kleinen Verkaufsraum eine Dynamik. Die Treppe an der Stirnseite wurde wegen des Umbaus reduziert und ist durch eine Trennwand von der Verkaufsfläche abgetrennt. (Grafik: Architekturbüro Bauturm)

Die diagonal aufgestellten mobilen Schauvitrinen und die orthogonal platzierte Ruhezone verleihen dem kleinen Verkaufsraum eine Dynamik. Die Treppe an der Stirnseite wurde wegen des Umbaus reduziert und ist durch eine Trennwand von der Verkaufsfläche abgetrennt. (Grafik: Architekturbüro Bauturm)

Den neuen Store so zu gestalten, dass nicht der Eindruck eines „Rückschritts“ entstand, bedeutete eine große Herausforderung für die hauseigene Designabteilung von Niessing und die Kölner Feng Shui-Architektin Ahuti Alice Müller. Man wollte es den Konsumenten so leicht wie möglich machen, sich im Laden zu orientieren, so die Prämisse von Niessing-Geschäftsführer Klaus Kaufhold. Die Aufgabe: Den vom rechteckigen Grundriss von etwa 10 x 7 m eher unspektakulären Raum so zu erschließen, dass sich der Kaufinteressierte sozusagen wie von selbst im Geschäft zurechtfindet. Ein Hauptziel und ein wesentliches Kriterium beim Verkauf von hochwertigem Schmuck ist es laut Ahuti A. Müller, die „Schwellenangst“ bei den Kaufinteressenten zu nehmen. „Bei einer frontal zur Eingangstür hin ausgerichteten Kassentheke bewegt sich der Kunde zunächst wie auf einem Laufsteg durch den Laden, da er unter Beobachtung des Verkaufspersonals steht“, erklärt Müller. Die Kassentheke wurde daher nicht frontal zum Eingang, sondern seitlich platziert.

Raumdynamik

Erster Orientierungspunkt nach Betreten des Stores ist der „Trauringschrank“, ein von Niessing selbst entwickeltes und von Brunold Interior gefertiges Präsentationsmodul. Wer sich mehr für Schmuck interessiert, steuert auf die mobilen Glaskuben zu. 14 dieser Vitrinen (Grundmaß 50×50 cm, vier Böden) sind in diagonaler Stellung im Raum platziert, acht weitere, ebenfalls mobil und ohne sichtbare Rollen, stehen im Schaufenster. Es gilt der Grundsatz: Die Schmuckstücke werden nicht als Massenprodukte präsentiert, sondern eine reduzierte Auswahl soll die Wertschätzung des Produkts unterstreichen. Besucher, die gezielt nach einer Beratung suchen, steuern zunächst den Counter an und werden dann vom Ladenpersonal zu den beiden Beratungsplätzen geführt. Für eine etwas lockerere Form des Bedientwerdens gibt es einen Stehverkaufstisch mit sechs Sitzhockern. Zwei Beratungstische mit Sitzplätzen befinden sich in einem abgeschirmten Bereich hinter einer Trennwand.

Die dynamische Balance herzustellen zwischen der aktiven, diagonal zum Eingang hin ausgerichteten Möblierung auf der Bewegungsfläche und den orthogonal platzierten Beratungsplätzen in den beiden beruhigten Ladenzonen sei die hauptsächliche Herausforderung gewesen, sagt Feng Shui-Architektin Müller. Für eine zusätzliche Dynamik sorgen die Zweckräume: Eine Kaffee-Bar und ein Lagerraum wurden hinter Trennwänden in den Raum integriert.

Das aktuelle Einrichtungskonzept der Niessing-Stores wurde bereits 2009/2010 vom Kölner Designbüro Dreiform entwickelt. Seit dem letzten Jahr arbeitet Niessing mit Brunold Interior aus Schwandorf zusammen. Dr. Christian Hilz, Geschäftsführer des auf Innenausbau und Design spezialisierten Unternehmes, ist stolz darauf, dass sein Team das Projekt innerhalb von nur vier Wochen abwickeln konnte. Für Klaus Kaufhold von Niessing war es wichtig, die klare Designsprache der hochwertigen Niessing-Produkte in einem adäquaten Rahmen zu präsentieren. Kaufhold: „Schmuck aus Edelmetall und mit einer klaren Designsprache braucht eine Bühne, die das Produkt unterstützt und nicht davon ablenkt.“ Bei den Materialien entschied sich Niessing für den Verbundwerkstoff „Corian“ in Weiß und Akzentuierungen in hellen und mittleren Grautönen. Die vorhandenen Möbelelemente wurden in das neue Raumkonzept integriert und teilweise mit einem Rollensystem ergänzt.

Der traditionellen Meinung, dass Flächenreduzierungen in aller Regel Umsatzeinbußen nach sich ziehen, liefert der neue Niessing-Store ein klares Gegenstatement. Nach den Erfahrungen von fünf Monaten konnte man einen Umsatzanstieg von 12,5 Prozent feststellen – bei einer Flächenreduzierung von 50 Prozent.

Grafik: Architekturbüro Bauturm

Fotos (4): Niessing

Weitere Informationen: www.niessing.com

Niessing: Auf Kurs

Seit 140 Jahren fertigt Niessing in Vreden nahe der deutsch-holländischen Grenze hochwertigen Schmuck. Bekannt ist die Manufaktur vor allem für ihre Trauringe und den Anfang der 70er-Jahre erfundenen „Spannring“. Nach der Insolvenz 2009 hatte der Kölner Juwelier Klaus Kaufhold das Traditionsunternehmen übernommen und in die Erfolgsspur zurückgeführt. Heute ist Niessing eine international etablierte Marke mit sieben eigenen Läden in Deutschland und drei weiteren Franchise-Stores in Japan.

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