Kassentresen: Geld ausgeben leichtgemacht | stores+shops

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Kasse, Bar, Service-Theke – die Grenzen verschwimmen beim Optiker Eckart & Finkbeiner in Pforzheim.
Foto: Martin Baitinger, Böblingen, für Heikaus Architektur

Kassentresen: Geld ausgeben leichtgemacht

Mobile Payment und Self-Checkouts nehmen auch im Nonfood-Handel zu – nicht erst seit Corona. Macht diese Entwicklung klassische Kassentresen überflüssig? Oder wo und wie werden sie weiterhin benötigt? Verändern die neuen Technologien das Raumdesign?

Das Modehaus May ersetzte im Rahmen seines Erweiterungsumbaus am Standort Waldshut-Tiengen die Zentralkasse im Haupteingangsbereich durch eine großzügige Pop-up- und Eventfläche. Mehrere Schnellkassen sollten die Hauptkasse kompensieren, die aber nicht wegrationalisiert wurde, sondern im direkt angebundenen Neubau einen neuen Standort fand. Aber: Man hatte die Rechnung ohne die Kunden gemacht. „Uns war nicht bewusst, in welch großem Umfang die Kunden unsere zentrale Hauptkasse auch als Informations- und Service-Center wahrgenommen haben.

Fragen nach Sortimenten, Marken, Toiletten etc. wurden hier freundlich beantwortet – der persönliche Kontakt wurde von den Kunden weit mehr geschätzt als die Hinweisschilder oder das Etagenleitsystem“, gibt Daniel Kistner, Prozessleitung Marketing, unumwunden zu. Die Folge: Die Hauptkasse kehrte nach wenigen Monaten an ihren Ursprungsort zurück. Ein Praxisbeispiel, das gleich mehrere Punkte verdeutlicht:

Erstens:

Zwar sind Mobile Payment und Self-Checkouts, platziert in der Umkleidekabine oder direkt am Regal, Experten zufolge die Zukunft und erhalten durch Corona einen neuerlichen Push. „Dennoch sind zumindest für den Übergang weiterhin klassische Kassen und Tresen empfehlenswert. Man sollte als Händler auf das Sowohl-als-auch setzen. Es sei denn, es handelt sich um eine sehr spitze Zielgruppe“, sagt Silvia Talmon, Geschäftsführerin von The Store Designers aus Köln. Talmon verweist auf das Beispiel des Sportartiklers Nike, in dessen Stores laut der Expertin inzwischen jeder Verkäufer ein Zahlungsgerät am Gürtel trägt. Wobei aber auch bei Nike nicht alle konventionellen Kassen abgeschafft sind.

Zweitens:

„Zielgruppe, Produkt, Genre und Store-Zuschnitt sind die relevanten Entscheidungskriterien“, unterstreicht Silvia Talmon. „Und selbst dieselbe Zielgruppe hat ein unterschiedliches Kaufverhalten, je nachdem, ob es beispielsweise Montagmorgen oder Samstag ist.“ 

Payment per Fußabdruck: SelfCheckout-/Exit-Zonen könnten künftig auch so aussehen.

Payment per Fußabdruck: SelfCheckout-/Exit-Zonen könnten künftig auch so aussehen.
Foto: VR Payment

Flughäfen böten nicht ohne Grund in ihren Duty-free-Bereichen inzwischen beinahe sämtliche Checkout-Optionen an, sodass der Kunde nach Vorliebe und vorhandener Zeit frei wählen kann. Auch in Peak-Zeiten zum Beispiel rund um Weihnachten sollten möglichst immer flexible Bezahlmöglichkeiten gegeben und wenn nötig temporär weitere Terminals installiert werden. Sebastian Herzog, Inhaber der Mode Herzog AG mit 8 Filialen und Hauptsitz im schweizerischen Altdorf, erachtet SelfCheckouts im beratungsintensiven Modehandel als zweitrangig.

Und sieht doch deren Berechtigung, „wenn die zeitkritische Kundin schnell noch das Shirt, das sie gerade im Fenster gesehen hat, mitnehmen will.“ Trotz allem bleibt es dabei: „Eine große Hauptkasse im Erdgeschoss wird wohl vorerst die Store-Landschaft prägen, bis sich die Kunden an die mobilen Zahlungsmöglichkeiten gewöhnt haben“, prognostiziert Silvia Talmon.

Drittens:

„Die Kassen beherbergen oft nicht nur die Funktion des Kassierens, sondern sind zugleich Anlaufpunkt für Service-Leistungen“, betont auch Detlef Becker, Geschäftsführer von Heikaus Architektur. Das sieht auch Sebastian Herzog so: „Der Zahlvorgang muss zur Randerscheinung werden. Aus meiner Sicht haben Kassenplätze mit sichtbarer Hardware deshalb ein Ablaufdatum. Der Kassenplatz der Zukunft wird wohl eher das Tablet sein, das sich diskret in der Schublade oder in den Händen der Verkaufsmitarbeiter befindet. Mehr Platz eingeräumt werden sollte stattdessen dem sorgfältigen Einpacken und der aufmerksamen Verabschiedung in angenehmer Atmosphäre.“

Der Standort

„Es ist ratsam, sich gestalterisch mit dem Kassentresen etwas länger zu beschäftigen und zu überlegen, welchen Nutzen das Möbel zusätzlich erfüllen sollte oder kann – sei es als Bar oder als ständiger Mitarbeiter-Arbeitsplatz beispielsweise für Reparaturen oder Bestellungen“, sagt Detlef Becker und nennt ein Branchen-Beispiel: „Bei einem Optiker sind häufiger Service-Leistungen zu erbringen als in einem Schuhgeschäft. Das Kassenmöbel sollte gerade hier gut erkennbar platziert sein.“

Self-Checkout- und Mobile Payment-Stationen verändern, wie hier bei Bonprix in Hamburg, die Gestaltung der POS auch im Modehandel.

Self-Checkout- und Mobile Payment-Stationen verändern, wie hier bei Bonprix in Hamburg, die Gestaltung der POS auch im Modehandel.
Foto: Bonprix

Silvia Talmon führt als weiteres Beispiel Sanitätshäuser an, „die sich gerade neu erfinden. Da die Kunden die Geschäfte meist mit einem Rezept betreten, gehört die Kasse bzw. der Servicepoint in die Mitte.“ Für andere Stores wiederum kann dies nicht der beste Standort sein.

Talmon: „Schließlich ist die Kasse die unkommerziellste Fläche. Hier ist der Kaufwunsch abgeschlossen.“ Die Schlussfolgerung: „Überall dort, wo es um Impulskäufe geht und der Kunde flanieren soll, gehört die Kasse an einen eher ‚toten‘ Platz.“ Dies ist laut Detlef Becker entweder ganz hinten im Store oder an einer seitlichen Position in Raummitte, von der aus ein möglichst guter Überblick über die Verkaufsfläche und über den Ein- und Ausgang möglich ist. Dies dient laut Becker dazu, dem Suchenden schnell helfen zu können sowie andererseits dem Diebstahlschutz.

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