Die Berliner Retail-Szene ist seit letztem Jahr um eine Location reicher, in der Retail, Showroom und Event-Space in besonderer Weise vereint sind: Das aptm in Berlin-Wedding. aptm steht für „a place to meet“.
Dies umschreibt für Betreiber Chris Glass am besten, worum es ihm geht: „Wir wollen eine ‚Living Gallery‘ schaffen, in der Design, Kunst und Kulinarik in einer authentischen und sehr persönlichen Atmosphäre erlebt werden können. Gleichzeitig ging es uns auch darum, einen besonderen Ort zu schaffen, an dem sich kunst- und design-interessierte Menschen treffen, austauschen und miteinander feiern können.“
Für den Amerikaner, der in Berlin zuvor das Konzept des Soho House mitentwickelt und realisiert hatte, ist das aptm ein „Herzensprojekt“, in dem viel Liebe zum Detail, Leidenschaft für schöne Dinge und Mut zu Neuem steckt.
Die 230 qm große Fabriketage in der Lindower Straße 18 ist wie eine private Wohnung eingerichtet mit Küche, Bad, Schlaf-, Wohn- und Essbereich einschließlich Tresen. Sie dient als Bühne für Einrichtungsgenstände, Leuchten, Wohnaccessoires, Kunst- und Dekorationsobjekte bis hin zu Geschirr, Kulinarik und technischen Geräten. Alles ist käuflich zu erwerben.
Die Idee zu aptm kam Glass, als seine Bekannten ihm in seiner privaten Wohnung immer häufiger seine persönlichen Einrichtungsgegenstände abkaufen wollten. „Ich habe dann regelmäßig Abende veranstaltet, an denen ich besondere Objekte aus meinem Privatbesitz verkauft habe, um Platz für Neues zu schaffen. Dabei wurde mir bewusst, dass die Menschen viel interessierter und offener sind, wenn sie sich geborgen fühlen und der Ort sowie auch die Produkte mit einer persönlichen Geschichte verknüpft sind.“
Sich geborgen fühlen
Inzwischen hat sich das Konzept von aptm weiterentwickelt: Zweimal im Jahr wird die Fläche komplett umgestaltet und die Ausstellung neu kuratiert. Seit September läuft die Ausstellung mit dem Titel „Umoja – come together“. Umoja ist Suaheli und bedeutet „Einheit“.
Die Ausstellung präsentiert afrikanische Kultur in Design, Kunst, Handwerk und Kulinarik in einem europäischen Kontext – mit dem Ziel, die zwei Kontinente jenseits der Klischees zusammenzuführen. Gemeinsam mit seinem Team hat Glass 38 Partnerfirmen gefunden, die aptm im Rahmen der Ausstellung als besonderen Showroom und Event-Location nutzen, darunter europäische Marken wie Meissen oder Vitra, aber auch afrikanische Designer und Möbelmanufakturen.
Die vorhergehende Ausstellung „Deutsch – was ist das?“, die im ersten Halbjahr 2018 gezeigt wurde, hatte laut Glass eine sehr gute Resonanz: „Die Marken schätzen es, sich und ihre Produkte mal in einem ungewöhnlichen Zusammenhang zu präsentieren und ihre Kunden damit zu überraschen.
Im Schlafzimmer wurde zum Beispiel ein Bett der Footwear-Marke Birkenstock gezeigt. Da die wenigsten wussten, dass dies tatsächlich eine neue Produktlinie von Birkenstock ist, hat der Überraschungseffekt bei unseren Gästen für viel Aufmerksamkeit gesorgt.“
Um Überraschung ging es Glass auch bei der Inszenierung der „urdeutschen“ Möbelmarke Rolf Benz. Glass stellte zwei überdimensional große Sofas aus der Serie „Nuvola“ Rücken an Rücken. „Uns haben die Idee von aptm und auch die ungewöhnliche Platzierung sofort begeistert“, sagt Jens Kittel, Brand Manager bei Rolf Benz.
Dem Unternehmen ging es bei der Kooperation vor allem darum, eine neue Zielgruppe in der Kunst- und Designszene zu erreichen und diese von der Modernität der Marke zu überzeugen. „Und das ist uns auch gelungen. Wir sind mit der Resonanz sehr zufrieden.“ Während der Berlinale, bei der Rolf Benz als Sponsor dabei war, wurde aptm für Events genutzt.
Virale Wirkung
Positiv äußert sich auch Katharina Amann, Marketingleiterin Deutschland bei dem Büromöbel- Klassiker USM Haller. „Durch die Präsentation unserer Möbel, eingebettet in die private Atmosphäre einer Wohnung haben wir viele neue Interessenten gewonnen. Besonders beeindruckend war die virale Wirkung auf den einschlägigen Social Media-Portalen. Wir haben dort als Designklassiker eine tolle Reichweite erzielt.“
Der Retail-Aspekt ist für Glass inzwischen nur noch ein Add-on seines Konzepts. Die Kunden, die aptm nach Voranmeldung besuchen, können die Artikel entweder direkt kaufen oder bei den Marken bestellen. „Das aptm soll kein Store im klassischen Sinne sein, sondern vielmehr ein Space. Ein Raum, in dem Gleichgesinnte, die Freude an gutem Design haben, zusammenkommen. Für mich geht es darum, eine Plattform zu schaffen, die auch neuen Labels die Möglichkeit gibt, sich mal einem breiten Publikum zu zeigen.“
Trotz der Kooperationen mit den Markenpartnern und den Verpflichtungen, die für Chris Glass und sein Team daraus entstehen, achtet er, wie er sagt darauf, dass die halbjährlichen Ausstellungen seine ganz persönlichen Wahrnehmungen und Erlebnisse zum jeweiligen Leitthema widerspiegeln.
Bei der Installation „Deutsch“ ging es für den gebürtigen Amerikaner, der sich inzwischen in Deutschland zu Hause fühlt, um die Frage: Was empfindet er als typisch deutsch? Und bei der aktuellen Ausstellung ist es auch die Auseinandersetzung mit seinen afrikanischen Wurzeln – mehr Storytelling geht kaum.
Fotos (4): aptm
Weitere Informationen: redaktion@ehi.org
Im Trend: Internationale Appartement-Stores
++ Alex Eagle Studio, London
++ Society Room, Paris
++ L’Appartement Sézane, Paris und New York City
++ The Line, New York City und Los Angeles
++ The Row, New York City