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Restaurantbereich im Feinschmeckerparadies La Grande Epicerie de Paris im Kaufhaus Le Bon Marché. (Foto: La Grande Epicerie)

Entspannte Kunden kaufen mehr

Tina Nielsen von der britischen Beratungsagentur Progressive Content wirft aus britischer Sicht einen Blick auf die Szene der Handelsgastronomie und zeigt Aspekte auf, worauf es bei dem Thema ankommt: zum Beispiel ein sorgfältig geplantes Konzept und starke Partner.

Laut Cushman & Wakefield macht der britische Gastronomiesektor heutzutage ein Fünftel des gesamten Einzelhandels- sowie Freizeit- und Erholungsangebots in Großbritannien aus, da die Anbieter zunehmend versuchen, Käufer anzulocken und ihre Verweildauer zu verlängern. Den Erkenntnissen dieses Gewerbeimmobilien-Beratungsunternehmens zufolge ist die Anzahl der Bekleidungs-, Schuh- und Haushaltsgerätegeschäfte zwischen Januar 2014 und Januar 2017 um 2.185 Läden zurückgegangen, während die Anzahl der Restaurants und Cafés um 2.998 zunahm – ein Wachstum von 9 Prozent. Die Bandbreite der Anbieter, die diesen Ansatz verfolgt, reicht von kleinen Selbstständigen bis hin zu großen Einkaufszentren, die allesamt sorgfältig geplante Gastronomiebereiche einführen.

Besonders entscheidend ist diese Frage für Warenhäuser, die in der Vergangenheit eine rückläufige Kundenfrequenz erfahren mussten. Große Unterschiede lassen sich in dieser Branche nicht finden – ein Grund, weshalb die Gastronomie eine gute Möglichkeit ist, sich bewusst zu differenzieren. Richard Moulds von JJL Foodservice Consulting stellt über die sich verändernde Rolle der Gastronomie im Einzelhandel fest: „Vor 15 oder 20 Jahren war das Gastronomieangebot in Einkaufszentren noch alles andere als interessant, hauptsächlich Fastfood, und überwiegend nach dem Motto: möglichst praktisch. Hingegenkonnte man ins Café von BHS oder Debenhams gehen – das waren damals beliebte Anlaufstellen. Aber viele Warenhäuser haben es nicht geschafft, mit der Zeit zu gehen und ihr Angebot zu verändern.“

70 Partner

Debenhams hat dies versucht und Imbissstände eingerichtet. Im Oktober 2017 gab die Warenhauskette dann Pläne für den Ausbau ihrer Partnerschaften mit Lebensmittel- und Getränkeanbietern für die kommenden drei Jahren bekannt. „Derzeit können wir in unseren Häusern mit knapp 70 extern bewirtschafteten Lebensmittel- und Getränkeangeboten aufwarten“, so der Vorstandsvorsitzende Sergio Bucher. Bestärkt durch das positive Echo auf diese Angebote befindet sich das Warenhaus zudem derzeit auch in einer Testphase für ein neues Eigenmarkenformat mit Schwerpunkt auf den Bereichen Gesundheit und Wellness.

La Grance Epicerie, Paris: Die Pionierin

Süßeste Versuchung: La Grande Epicerie (Foto: La Grande Epicerie/DR)

Süßeste Versuchung: La Grande Epicerie (Foto: La Grande Epicerie/DR)

Diese symbolträchtige Lebensmittelabteilung gehört zum weltbekannten Warenhaus Le Bon Marché in Paris, das 1852 von Aristide und Marguerite Boucicault gegründet wurde. Anerkennung erfuhr das Paar insbesondere durch seine Erfindung eines Konzepts aus Verkauf, Katalogeinkauf und Warenlieferungen. 1932 wurde dort die weltweit erste in ein Warenhaus integrierte gastronomische Bedientheke eröffnet. 1978 wurde La Grande Epicerie de Paris eröffnet. 1997 und 2012 wurde die Delikatessenabteilung restauriert.

Die Lebensmittelabteilung und das Warenhaus befinden sich in zwei gegenüberliegenden Gebäuden, die über einen Glastunnel miteinander verbunden sind. Heute verfügt La Grande Epicerie über vier Verkostungstheken und zwei Restaurants. Im Untergeschoss unter der Lebensmittelabteilung wurde eine 2.000 qm große Testküche eingerichtet, in der ein Team aus 80 Küchenchefs die frischen Speisen produziert. Zudem hat nun im 16. Arrondissement in Paris noch eine zweite La Grande Epicerie eröffnet.

Es lassen sich einige Trends ausmachen, die den Retail insgesamt verändern. Da ist natürlich der Onlinehandel. 3,5 Mrd. Menschen weltweit haben heute Zugang zum Internet, und die meisten von ihnen sind unter 30 Jahre alt, haben nur eine kurze Aufmerksamkeitsspanne und kennen kaum Markentreue. Durch Smartphones und Tablets wurde dieser Trend zum Omnichannel-Handel dann noch auf eine neue Ebene gehoben, der Kunde kann heute immer und überall einkaufen.

Der Restaurantbereich „Real Greek“ im Warenhaus Debenhams: Stil statt künstliche Weintrauben (Foto: Debenhams)

Der Restaurantbereich „Real Greek“ im Warenhaus Debenhams: Stil statt künstliche Weintrauben (Foto: Debenhams)

„Als Gegenstück zum Onlinehandel haben konventionelle Geschäfte heute das Problem,dass die Kunden gar nicht so viel Platz benötigen, wie ihnen zur Verfügung steht“, meint Richard Moulds. „Stellen Sie sich vor, Sie besitzen ein großes Warenhaus, und der Umsatz pro Quadratmeter geht immer weiter zurück. Warum sollte man da nicht auf Gastronomie setzen? Oftmals hatten die Häuser schon lange zuvor ein Café und verfügen somit auch über die Infrastruktur vor Ort.“

Da heute zumindest schon in Großbritannien immer mehr Lebensmittel im Internet gekauft werden, zeigt sich dieses Verkaufsflächen-Problem nun auch bei Supermärkten, weshalb die Betreiber nun nach Drittanbietern suchen, die sich bei ihnen niederlassen und ein Gastronomieangebot mit frischen Lebensmitteln einrichten. „Viele würden lieber ihr Verkaufsnetz erweitern“, sagt Molly Johnson-Jones von Global Data Retail. „So besteht der große Trend bei den Supermärkten darin, dem Überangebot an Verkaufsfläche zu einem neuen Zweck zu verhelfen. Es erweist sich als zu kostspielig, die vorhandenen Quadratmeterzahlen lediglich für den Verkauf von Lebensmitteln zu nutzen.“

Zu viel Verkaufsfläche

Ein Vorteil stationärer Geschäfte ist es aber, Einkaufserlebnisse zu schaffen, die der Onlinehandel nicht bieten kann. „Man kauft online ein, weil es einfach ist, weil man sich die Waren liefern lassen kann und weil die Preise nachvollziehbar sind. Viele tun dies aber nicht, weil sie im Laden von einem angenehmen Einkaufserlebnis profitieren können“, so Johnson-Jones.

Starke Marken-Partner sind wichtig, hier die Nutella-Bar bei Eataly in München. (Foto: Frank Wagner)

Starke Marken-Partner sind wichtig, hier die Nutella-Bar bei Eataly in München. (Foto: Frank Wagner)

Diese Nachfrage nach „lebensnahen“ Erfahrungen ist die zweitwichtigste Triebkraft des Wandels. Verbraucher, die sich die Mühe machen, ein konventionelles Ladengeschäft aufzusuchen, erwarten dort mehr als nur den eigentlichen Kaufvorgang – dieser Trend lässt sich im gesamten Einzelhandelssektor erkennen. Wie beispielsweise in Sportgeschäften von Footlocker, in denen in ruhigen Zeiten Yogakurse angeboten werden. „Alles dreht sich um Erfahrungen, das haben uns die sozialen Medien gelehrt. Das steigert das Wohlbefinden, und wenn man sich wohlfühlt, dann gibt man auch mehr Geld aus“, sagt Richard Moulds. „Wenn Sie einen Beitrag dazu leisten können, dass Ihre Kunden sich entspannen, verlängern Sie die Verweildauer der Kunden.“

Erfahrungen aus sozialen Medien

Nach Ansicht von Moulds schneiden die Einzelhändler in Großbritannien besser ab als die Einzelhändler in anderen europäischen Ländern, wenn es darum geht, diese Herausforderungen anzugehen. „Aber es gibt auch Ausnahmen wie beispielsweise das berühmte Kaufhaus KaDeWe in Berlin, das unter seinem Dach mit einer sehr attraktiven Lebensmittelabteilung und Gastronomieangeboten aufwarten kann“, so Moulds. „Einer weiteren Marke, Tchibo, ist es wiederum erfolgreich gelungen, in ihren Kaffee-Fachgeschäften eigene Cafés einzurichten.“

Les Glories, Barcelona: Ein neues Kind im Kiez

Aufenthalts­qualität: Les Glories (Foto: Andrey Shevchenko)

Aufenthalts­qualität: Les Glories (Foto: Andrey Shevchenko)

Der im Herzen von Barcelona gelegene dreistöckige Geschäfts- und Freizeitkomplex besteht aus mehr als 160 Geschäften. Um die Jahrtausendwende noch sah sich das Einkaufszentrum mit rückläufigen Kundenfrequenzen konfrontiert und wurde Teil eines städtischen Wiederbelebungsplans für den Stadtteil Les Glories.

Die Projektträger schufen daraufhin beispielsweise einen traditionellen Lebensmittelmarkt namens El Mercat mit 20 lokalen Lebensmittelunternehmern, die frische Lebensmittel anbieten, die sowohl vor Ort verzehrt als auch mitgenommen werden können. Durch die Ergänzung um El Mercat ist Les Glories so zu einem beliebten Ziel für Foodies, Büroangestellte und Touristen geworden.

Aus der Perspektive von Frank Wagner, einem deutschen Gastronomieberater aus Berlin, sind nach wie vor Coffee-Shops und einfache Gastronomiebetriebe die erfolgreichen Formate, wenn es um gastronomische Trends im Einzelhandel geht. „Marken wie beispielsweise Nespresso verfügen in größeren Geschäften über eigene Angebote. Manche Einzelhändler in den östlichen Ländern haben in ihren Supermärkten komplette Bäckereien und sogenannte Konzeptküchen.“

Zusätzliche Flächen

Sogar in großen Shopping-Centern wurden zusätzliche Flächen geschaffen, um das Gastronomieangebot zu erweitern. Molly Johnson-Jones nennt als Beispiel das Einkaufszentrum Westfield in London, wo man versucht, den Kunden nach Geschäftsschluss noch die Möglichkeit zu bieten, im Center zu Abend zu essen und dort abends etwas zu trinken.

Ikea war früh klar, dass die Kunden auf ihrer stundenlangen Shopping-Tour auch mal rasten müssen. (Foto: Ikea)

Ikea war früh klar, dass die Kunden auf ihrer stundenlangen Shopping-Tour auch mal rasten müssen. (Foto: Ikea)

Auch wenn heute viele neue Handelsgastronomiekonzepte entstehen, so ist Handelsgastronomie doch kein neues Phänomen. Man muss nur einen Blick auf den schwedischen Möbel-Giganten Ikea werfen, der im Jahr 1958 sein erstes in das Möbelhaus integrierte Restaurant eröffnete. Der Hauptanreiz habe hier nicht darin bestanden, Geld zu machen, sagt Richard Moulds. „Ein für den Lebensmittel- und Getränkebereich zuständiger Verantwortlicher bei Ikea hat mir einmal erzählt, man würde das Food-Angebot nicht so relativ günstig anbieten, weil es von minderer Qualität sei, sondern weil man versuche, den Kunden ein bestimmtes Einkaufserlebnis zu bieten. Man wisse, dass die durchschnittliche Verweildauer ein paar Stunden betrage und dass sich die durchschnittliche Anfahrtszeit auf mehr als eine Stunde belaufe, weshalb man den Leuten einen Hot Dog oder eine Tasse Tee zu einem günstigen Preis serviere, damit sie sich entspannen können.“

Gastronomie und Einzelhandel sind nicht unbedingt „von Natur aus“ ideale Partner, es sind einige praktische Punkte zu bedenken. „Denken Sie daran, welche Anforderungen an Technik und Logistik gestellt werden, beispielsweise Anlieferung, Müllabfuhr, Gerüche, Akustik, Brandschutz oder das immer größer werdende Mitarbeiter-Team vor Ort“, sagt Roz Burgess, Geschäftsführer von Intelligent Catering. „Gerüche sind ein wichtiges Thema. Geht es zum Beispiel um frisches Brot und Kaffee, kann der Duft von Vorteil sein. Kaffeegeruch in einem Stoffladen oder Curryaroma in einem Möbelgeschäft würden hingegen nicht funktionieren.“ Darüber hinaus ist das Einzelhandelsumfeld nicht allzu günstig, was die Einrichtung von Küchen betrifft, da in der Gastronomie Wasser, Gas, Strom und Absauganlagen benötigt werden.

Waitrose, Großbritannien Sushi im Supermarkt

Leckeres Sushi bei Waitrose (Foto: Waitrose)

Leckeres Sushi bei Waitrose (Foto: Waitrose)

Die britische Supermarktkette Waitrose war die erste, die sich der Herausforderung von Sushi-Bars mit ultra-frischen Lebensmitteln stellte und sich hierfür mit Daily Sushi zusammentat. Bis August 2017 hatte der Lebensmittelfilialist 50 Daily-Sushi-Theken eröffnet. Die Sushi-Theken sind Teil der Waitrose-Strategie, eine erweiterte Auswahl an Speisen und Getränken zum Mitnehmen anzubieten, womit man sich zum einen auf die veränderten Bedürfnisse und Verzehrgewohnheiten der Kunden einstellt und zum anderen aber auch die Strategie verfolgt, durch die Verzehrangebote die Besucher dazu zu animieren, noch im Supermarkt einkaufen zu gehen und das ein oder andere Teil mitzunehmen.

Der Einstieg in einen neuen, unbekannten Sektor wie die Gastronomie kann für Einzelhändler auch was die Marke angeht eine Herausforderung darstellen, weshalb gerne auf die Unterstützung durch bekannte Gastronomiemarken gesetzt wird. Ein Beispiel ist der britische Textileinzelhändler Next. Als sich das Unternehmen einem Umsatzrückgang von gut 8 Prozent stellen musste, wurde das Gastronomiekonzept ausgeweitet. Nachdem bereits eine Partnerschaft mit Costa Coffee eingegangen wurde, gab der Vorstandsvorsitzende Lord Wolfson Pläne für mehrere Prosecco-Bars in ausgewählten Läden bekannt, die im Rahmen einer Partnerschaft mit dem britischen Starkoch Gino D’Acampo entstehen sollten. Die Zusammenarbeit mit einem Prominenten bringt häufig Vorteile mit sich, da der bekannte Name beim Kunden Vertrauen erwecke, so Molly Johnson-Jones.

Fast Casual

Johnson-Jones glaubt an einen weiteren Aufschwung der Handelsgastronomie, wobei sie besonders auf den Trend sogenannter Fast-Casual-Restaurants hinweist. „Ein von uns ausgemachter großer Trend ist die Mischform aus Fastfood und einer im Sitzen eingenommenen Mahlzeit. Im Einzelhandel sind insbesondere Quickservice-Restaurants ein sehr großer Trend“, meint sie. Johnson-Jones: „Aber auch die Renaissance des Handwerks in der Gastronomie mit ihrem Schwerpunkt auf lokalen Lebensmitteln und innovativen Produkten wird ebenfalls für ein verstärktes Wachstum der Handelsgastronomie sorgen.“

Jeden Donnerstagabend gibt’s Jazz bei Waitrose Kings Cross. (Foto: Waitrose)

Jeden Donnerstagabend gibt’s Jazz bei Waitrose Kings Cross. (Foto: Waitrose)

Andre Branchenexperten sehen die Zukunft in den sogenannten Streetfood-Märkten mit ihren Markthallen. Sie rechnen mit einer Rückkehr der Bauernmärkte in die Städte und prognostizieren für die Zukunft eine Kombination aus Handelsgastronomie und Unterhaltungsangeboten.

Richard Moulds geht davon aus, dass die Bewegung sich erst am Anfang befindet. „Wir befinden uns europaweit gerade an einem Punkt, an dem die Menschen genausoviel Geld fürs Essengehen ausgeben wie für den Einkauf von Lebensmitteln für das Kochen zu Hause“, so Moulds.

Daraus eine Strategie des „erlaubt ist, was gefällt“ abzuleiten, sei falsch. Vielmehr müssten die Einzelhändler ein gründliches Konzept erarbeiten, wie sie die Gastronomie in ihr Angebot integrieren – wertvolle Einzelhandelsfläche mit dem falschen Anbieter kann zu Problemen führen. Eine „sorgfältig ausgearbeitete Strategie“ sei hier das Stichwort, betont Moulds. „Es geht nicht darum, Trends zu folgen. Für einen cleveren Anbieter ist es wichtig, den richtigen Partner zu finden und auch die Demographie zu berücksichtigen.“

Fotos (8): La Grande Epicerie (2), Debenhams (1); Frank Wagner (1), Andrey Shevchenko (1), Ikea (1), Waitrose (2)

Weitere Informationen: www.progressivecontent.com

Weitere Informationen zur EHI Initiative Handeslsgastronomie: www.handelsgastronomie.de

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