Flauschige Highlights

Den Kunden werden in letzter Zeit am POS verstärkt textile Bodenbeläge zu Füßen gelegt. Das bestätigen auch Jochen M. Messerschmid, Inhaber von MAI Messerschmid Architekten und Anja Pangerl, Partner bei Blocher Partners, beide ansässig in Stuttgart.

Im Modehaus Mohr in Dollern bringen Teppiche Farbe ins Spiel. (Foto: MAI Messerschmid)

Auch der Anbieter von Teppichen Kinnasand aus Westerstede bemerkt eine steigende Nachfrage aus der Kundengruppe Einzelhandel. Die Gründe liegen auf der Hand, meint Anja Pangerl: „Im Digitalzeitalter kommt es mehr denn je auf sinnliches Erleben und auf Haptik an – quasi als Gegenentwurf zum entmaterialisierten Einkaufen. Textile Bodenbeläge sind unkompliziert, das heißt variabel und ohne großen Aufwand nutzbar. Wir schätzen sie daher als spielerischen, temporären Baustein bei der Innenraumgestaltung – nicht zuletzt, weil sich damit ‚Lieblingsplätze‘ immer wieder neu gruppieren und in Szene setzen lassen.“

Jochen M. Messerschmid argumentiert ähnlich: „Lose liegende Teppiche sind ein vergleichsweise einfaches Mittel, um einem Platz einen besonderen Touch zu geben. Sie können etwas betonen, sie können entschleunigen, sie können Highlight sein oder auch nur als weiches Material auf einem ansonsten harten Untergrund mehr Geborgenheit und Bequemlichkeit ausstrahlen.“ Den Füßen schmeicheln, das kann zum Beispiel in Kabinenbereichen eine wohltuende Option sein. Teppiche sind daher überall dort ein geeignetes Medium, „wo eine wohnliche Atmosphäre oder ein spezielles Ambiente gewünscht sind“, so Anja Pangerl.

Zur Kundenführung

Jochen M. Messerschmid nennt weitere Einsatzbereiche: „Lounges, einzelne Warentische oder Deko-Flächen – es gibt vielfältige Einsatzmöglichkeiten. Ein Läufer kann natürlich auch zur Kundenführung in einer Erschließungsachse verwendet werden.“ Ann Zuber, Marketing & Communications Director beim Teppich-Anbieter Kymo aus Karlsruhe, verweist darauf, dass „ein erstklassiger Teppich aber nicht nur schön aussieht, sich richtig gut anfühlt und Verkaufsflächen strukturiert. Er beeinflusst auch die Akustik und das Klima im Raum positiv.“

Darüber hinaus vermögen es Teppiche, ein Corporate Design mitzuprägen. Aktuelles Beispiel sind die Teppiche mit Jeans-ähnlichem Farbverlauf, die als „Markenzeichen“ der Denim-Linie des Modelabels Marc O’Polo eingesetzt werden und künftig alle entsprechenden Shop-in-Shops schmücken. Der Hersteller dieser Boden-Unikate ist die Simssee Handweberei, deren Werkstätte sich in Stephanskirchen unmittelbar neben dem Sitz von Marc O’Polo befindet. Strapazierfähige Wolle bildet die Basis der Teppiche. Damit sie eine abriebfeste Oberfläche erhalten, wird das Garn vor dem Weben gefilzt.

Generell ist darauf zu achten, dass Deko-Teppiche nicht zu einer Stolperfalle werden, beispielsweise weil sie zu hochflorig sind – oder weil sie „schwimmen“. Zudem sollten Robustheit, Pflegeleichtigkeit und geringe Schmutzanfälligkeit zu den Auswahlkriterien für den Retail-Einsatz zählen. Das ist letztlich immer auch eine Frage des Materials. „Wolle ist sicher die beste Wahl, wenn die Belastung höher ist“, sagt Ann Zuber von Kymo. Zuber: „Wolle ist matt und hat eine natürliche Ausstrahlung. Alternativ kann Polyester gewählt werden, das sich durch dezenten Glanz auszeichnet. Aktuell sind aber auch unsere Viskose-Teppiche sehr gefragt, weil deren Optik und Haptik der Seide ähnlich sind und der Teppich dadurch luxuriös wirkt – zu einem günstigeren Preis, als dies bei Seide der Fall wäre. Leider ist Viskose jedoch empfindlich und eignet sich nur für schwach frequentierte Flächen mit entsprechenden Sauberlaufzonen im Vorfeld.“

Glänzende Oberflächen

Auch bei JAB Anstoetz mit Sitz in Bielefeld erkennt man „einen starken Trend zu seidig glänzenden Oberflächen, die eine besonders weiche Haptik aufweisen“, so Nadine Evering-Heitbrink, die für die Presse- und Öffentlichkeitsarbeit verantwortlich ist. Evering-Heitbrink: „Überwiegend werden im Shop-Bereich unifarbene Teppiche eingesetzt, damit die Ladengestaltung nicht zu unruhig wird.“ Beim Anbieter Kinnasand ist von „refined uni“ die Rede. Gemeint sind damit einfarbige Oberflächen, die dennoch Struktur und frische Farben zeigen. Kymo stellt auch eine gute Nachfrage nach Musterungen fest. Ann Zuber: „Der Teppich wird zunehmend als Eyecatcher gesehen, der einem Raum Charakter gibt.“

Den Gestaltungsideen sind auch bei Teppichen kaum Grenzen gesetzt. Kymo hat unter dem Namen „The Atelier“ in diesem Jahr einen „Baukasten“ geschaffen, mit dem Architekten und Designer Teppiche bis ins kleinste Detail selbst designen können. Zum Beispiel können auch Logos oder Schriftzüge eingearbeitet werden. Aber auch die Produkte der Kollektionen werden standardmäßig in Wunschmaß, -farbe und -form gefertigt.

Auch für Kinnasand gehören Sonderanfertigungen zum täglichen Geschäft. Nur bei extremen Sondergrößen wird ein Aufschlag berechnet. Ebenso produziert JAB Anstoetz Flooring jede Standard-Qualität nach Wunschmaß. „Zusätzlich konfektionieren wir die Teppiche mit unterschiedlichen Einfassungen nach Wahl, von Baumwolle über Filz und Alcantara bis hin zu Nubukleder“, sagt Nadine Evering-Heitbrink. Als wesentliches Tool für Retail-Teppiche erachtet sie zudem die „Carpet Library“. In einer handlichen Designerbox präsentiert JAB Anstoetz Flooring darin unterschiedliche Teppich-Konstruktionen, von Strukturböden in Naturoptik bis hin zu Langflorteppichen

Fotos (2): Joachim Grothus für Blocher Partners, MAI Messerschmid

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