Die LED-Shopbeleuchtung, die viele Händler heute installiert haben, funktioniert auch als technologische Basis für Services und Applikationen außerhalb des Themas Beleuchtung, für sogenannte Mehrwertservices.

Wie bei Edeka Paschmann in Düsseldorf-Bilk. Das Ziel des Händlers: Der Kunde soll entspannt einkaufen können, ohne zeitraubende Produktsuche oder umständliches Mitarbeiterbefragen – bei 45.000 Artikeln auf 3.500 qm Verkaufsfläche keine Selbstverständlichkeit. Auch die Mitarbeiter können bei dieser großen Artikelzahl nicht alle Standorte auf Anhieb sagen. Untersuchungen wie die National Online Research Study von Aisle 411 ergaben, dass ein Teil der Kunden, die ihre Ware nicht finden, dazu neigen, den Kauf abzubrechen.

Auch in Marc O’Polo-Stores der Bollag-Guggenheim Fashion Group in der Schweiz läuft smarte Kommunikation über die Beleuchtungsanlage. (Foto: Osram)

Auch in Marc O’Polo-Stores der Bollag-Guggenheim Fashion Group in der Schweiz läuft smarte Kommunikation über die Beleuchtungsanlage. (Foto: Osram)

Seit Kurzem kann bei Paschmann nun das neue Indoor-Positionierungssystem (IPS) von Philips Lighting die Position des Kunden im Markt über die Lichtanlage und sein Smartphone orten und ihn über eine App auf direktem Weg zu einem gesuchten Produkt leiten. Technologisch handelt es sich dabei um ein intelligent vernetztes LED-Beleuchtungssystem mit kamerabasierter und durch codiertes Licht gestützter Positionierung. Die LED-Leuchten werden zur lokalen Navigation und Informationsübertragung genutzt. Voraussetzung ist, dass das Smartphone des Kunden mit einer Kunden-App ausgestattet ist, auf der die benötigten Angaben zu Gängen, Regalen und Waren hinterlegt sind. Die App für die Navigation, vom Philips-Kooperationspartner Favendo entwickelt, erreicht mit etwa 30 cm eine Positionsgenauigkeit, die den Anforderungen im Lebensmitteleinzelhandel entspricht.

Verknüpfung mit ESL

Eine zusätzliche Verknüpfung der Technik mit dem elektronischen Preisauszeichnungssystem am Regal bringt Paschmann weiteren Mehrwert, denn das ESL liefert die Bezeichnung und Positionierung jedes Artikels. Das nutze auch den Mitarbeitern, die mit dem eigenen Smartphone Shopper unterstützen können, die selbst keins besitzen – eine „wahnsinnige Erleichterung für den Kunden“, glaubt Geschäftsführer Falk Paschmann. Für Anfang 2018 hat der Edekaner den Launch der App für die Kunden auf die Agenda gesetzt. Dafür wird aktuell noch die neueste Generation der elektronischen Preisschilder integriert.

Auch im Fashion-Bereich gibt es inzwischen erste lichtbasierte Projekte, zunächst vornehmlich mit dem Ziel, über individuelle Marketingangebote die Kunden-Loyalität zu steigern. Das Schweizer Modeunternehmen Bollag-Guggenheim Fashion Group, Zürich, spricht Shopper im Umfeld des Stores oder im Store persönlich über ihr Smartphone an und lockt mit besonderen Angeboten – von speziellen, zeitlich limitierten Rabattangeboten auf bestimmte Sortimente bis zur Einladung zum kostenlosen Kaffee im Store. Verknüpft ist die Marketinganwendung mit der digitalen Kundenkarte „The Gallery“ von Bollag-Guggenheim. Der Technologiepartner Osram und der Softwareexperte Beaconsmind kombinierten dabei die vorhandene digitale Licht-Infrastruktur der Handelsimmobilie mit der „Osram Einstone“-Beacon-Technologie und stellten zusätzlich Verbindungen zum Bestands-CRM- und Kassensystem des Händlers her.

Die Zusammenführung aller Daten soll dem Ziel dienen, Informationen über das Kaufverhalten des Kunden zu sammeln, ihn besser zu verstehen und ihm zukünftig maßgeschneiderte Angebote zu unterbreiten. Denn: „Am Ende funktioniert mobiles Marketing nur dann, wenn die gelieferten Inhalte für den Kunden wirklich relevant sind“, unterstreicht Stefan Ki Bergler, Head of Business Development, Smart Positioning, bei Osram. Die von Bollag-Guggenheim gewünschte größere Transparenz hinsichtlich des Kundenverhaltens sei dabei ebenso erreicht worden wie auch eine Zunahme der Kunden-Loyalität, so Bergler. Zahlreiche Neukunden hätten sich bereits für die elektronische Kundenkarte registrieren lassen. Und nicht zuletzt habe das Handelsunternehmen auch Umsatzsteigerungen verbucht. Bergler: „Wir reden hier von einer Steigerung von mehr als zehn Prozent des durchschnittlichen Warenkorbwerts“.

Fotos (2): Philips Licht, Osram

Weitere Informationen: redaktion@ehi.org

Die Wege der Kundenansprache sorgfältig wählen

Thorsten Birkenfeld, Lichtplaner bei Dula, zum Thema Indoor-Positioning und Indoor-Navigation auf Lichtbasis.

Wie beurteilen Sie die neuen, standortbasierten digitalen Anwendungen und Dienstleistungen auf Lichtbasis?

Ich begrüße diese Neuerungen sehr, denn aus meiner Sicht werden sie dem stationären Handel helfen, Anschluss an das boomende Online-Geschäft zu finden und sich besser und zeitgemäß aufzustellen. Standortbasierte Dienstleistungen versprechen Mehrwert für Kunden und Händler, zum Beispiel beim Thema Kundeninformation, beim Einsatz als Navigationssystem – gerade bei hoher Artikelfülle und Produktvielfalt –, als Instrument zur persönlichen Begrüßung, bei Aktionen im Haus, in Verbindung mit einer elektronischen Kundenkarte oder bei der Flächenoptimierung.

Welche Erfahrungen und Pläne hat ihr Unternehmen mit dieser Technologie?

Wir treiben das Thema stark voran und beschäftigen dafür eigens einen Ingenieur. Nach einer ersten Testinstallation in unserem Dula-Studio werden wir sowohl RFID- als auch Beacon-Technologie für unseren geplanten Lifestyle-Store Dustmann, der im Herbst 2018 eröffnet wird, integrieren. Der neue Store wird also zu einer Präsentationsfläche neuer Technologien in der realen Anwendung und somit zugleich Anschauungsobjekt für Interessenten aus dem Einzelhandel.

Wo liegen für Sie die Grenzen dieser digitalen Services?

Ich wünsche mir dies nicht als Ablösung von beratendem Personal. Es kann aber ein unterstützender Service sein. Es ist ja gerade das Persönliche, die Freundlichkeit, Menschlichkeit und Kompetenz, die den stationären vom Onlinehandel unterscheiden. Außerdem gibt es jetzt schon vielfältige Möglichkeiten der Kundenansprache, der Weg übers Smartphone ist nur der nächste Schritt. Der Handel muss allerdings sorgsam abwägen, welche weiteren Impulse noch möglich sind, ohne einen Überdruss zu erzeugen. Auch wenn wir alle technik-affiner geworden sind – es wird doch nur einen Teil des Publikums ansprechen. Nicht alle werden es gut annehmen, und diese Kunden muss ich als Händler auch weiterhin genauso bei der Kundenansprache und -unterstützung berücksichtigen.