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Ausgerechnet das meist verwendete Kältemittel mit der Bezeichnung R404A wird knapp. (Foto: Fotolia/joyfotoliakid)

Das Kältemittel wird knapp

Der Einzelhandel ist auf funktionierende Kälteanlagen angewiesen. Jetzt schlägt der Anlagenbau Alarm. Ausgerechnet das meist verwendete Kältemittel mit der Bezeichnung R404A wird knapp. Die Folgen können Marktbetreiber teuer zu stehen kommen. Handeln ist jetzt gefragt.

Es sind echte Hiobsbotschaften, die Kälteanlagenbauer derzeit ereilen: „Der Preis ist seit gestern wieder gestiegen.“ Oder: „Im Moment ist R404A nicht verfügbar“, hören sie fast täglich. Auch der Gang zu einem anderen Lieferanten bleibt erfolglos. Jeder ist froh, wenigstens noch die eigenen Kunden bedienen zu können. Wer versorgt wird, bezahlt inzwischen zu Tagespreisen. Bei über 60 Euro pro Kilogramm liegt die synthetische Ware, Tendenz steigend. Seit Mai 2017 bedeutet das einen Anstieg um sage und schreibe 600 Prozent!  

Gebraucht wird Kältemittel für neue Anlagen, für Wartung und Service und nicht selten auch bei einer Havarie. Fehlt es, drohen Minderleistung oder schlimmstenfalls Anlagenstillstand. Die Folgen: Ausfall von Kühlräumen, Zellen oder Kühlmöbeln. Vom aktuellen Versorgungsengpass sind der LEH, der Fleischfachhandel, die Gastronomie und viele andere Gewerbe mit Kühlbedarf betroffen. Auf den LEH bezogen trifft die Aussage aus der EHI-Studie „Energiemanagement im Einzelhandel 2016“ zu: „In Bestandsanlagen überwiegen laut Angaben der Händler aus den Vorjahresstudien derzeit noch die synthetischen Kältemittel R404A und R134a.“

Konkreter wird der Branchenverband VDKF – Verband Deutscher Kälte-Klima-Fachbetriebe. 2017 hat er in Deutschland fast 150.000 Anlagen analysiert. Rund 21.000 werden demnach mit den beiden Kältemitteln R404A oder R507 betrieben. „Tatsächlich sind es aber viel mehr. Wir gehen von bis zu 350.000 Anlagen aus, geschätzte 100.000 davon im LEH“, mahnt Verbandspräsident Wolfgang Zaremski, denn die Teilnahme an der Erhebung zu Leckagen an Kälteanlagen des VDKF ist freiwillig.  

Nicht so die Pflicht zu regelmäßigen Dichtheitskontrollen. Darauf weist Wolfgang Zaremski immer wieder hin: „Der Betreiber hat die Überwachungs- und Aufzeichnungspflicht für seine Anlagen – nicht das Serviceunternehmen. Vielen meist kleineren Marktbetreibern ist das nicht bewusst. Unser LEC (Leakage and Energy Control)-Siegel ist dafür seit 10 Jahren im Markt und ein guter Weg. Undichte Systeme werden identifiziert, und diese haben ein Problem, wenn Kältemittel fehlt.“

Versorgungsengpass

Wie kam es zu dem Versorgungsengpass? War das nicht vorhersehbar? Seit über drei Jahren warnen Kältemittelhersteller, Branchenverbände, die Kälteindustrie, Institute, Fachpresse und Politik und sogar Bildungseinrichtungen vor den Folgen der EU-F-Gase-Verordnung. Diese trat Anfang 2015 in Kraft und regelt den F-Gase-Ausstieg in Europa. Wenig ist seither passiert. „Einzig einige große Lebensmittelkonzerne haben bereits vor einigen Jahren diese Entwicklung kommen sehen und entsprechend die Weichen gestellt“, sagt der Unternehmensberater Edwin Bloch. „Es folgte der sukzessive Umstieg auf natürliche Kältemittel. Ein Beispiel dafür ist Aldi Süd als Vorreiter für den Einsatz von CO2 in der Filialkühlung und Propan in steckerfertigen Glasschiebedeckeltruhen.“  

Für viele andere, meist kleinere Märkte schlägt jetzt der strenge Verordnungsmechanismus zu. Die Abkündigung von R404A, eine künstlich erzeugte Verknappung des Kältemittels und Preisexplosionen sind die Folge. Schon jetzt ist klar, dass sich im nächsten Jahr die Lage weiter zuspitzen wird. Dann senkt die europäische Verordnung als Regulativ die Quote und damit die zugelassene Menge an F-Gasen weiter ab von aktuell 93 auf nur noch 63 Prozent. Neben R404A mit einem hohen Treibhauswert (GWP) von 3.922 wird es dann auch weitere synthetisch hergestellte Kältemittel treffen.  

Neben großen Lebensmittelfilialisten handeln auch vorausschauende Anlagenbauer seit Bekanntwerden der EU-F-Gase-Verordnung und weisen ihre Kunden im Lebensmitteleinzelhandel auf die Veränderungen hin. Spätestens jetzt ist der Zeitpunkt gekommen, das Thema in Angriff zu nehmen. Bestandsanlagen müssen überprüft, ggf. dicht gemacht werden. Sofern noch nicht im Einsatz, hilft dabei das LEC-Siegel. Die Ergebnisse der wiederkehrenden Dichtheitsprüfungen sind außerdem anerkannte Betreibernachweise. Für Kälteanlagen mit längeren Restlaufzeiten sollten Maßnahmen besprochen und Investitionen eingeplant werden.

Übergangskältemittel

Da Frischware knapp und teuer bleibt, kommt für Service und Wartung bald nur noch recyceltes R404A in Frage – das aber bislang nicht in ausreichenden Mengen verfügbar ist. Wer gleich auf Nummer sicher gehen will, lässt seine Kälteanlage umrüsten. Übergangskältemittel mit geringeren Treibhauswerten als R404A gibt es in großer Zahl. Einige davon heißen R448A (GWP 1.387), R449A (GWP 1.397) oder R452A (GWP 2.140). Der Anlagenbauer kennt die richtige Wahl hinsichtlich Verfügbarkeit, Umrüst- und Betriebskosten sowie Effizienz. Liegt der GWP-Wert unter 1.500, sind sogar Fördergelder des BAFA drin. Einen schnellen Überblick liefert der Online-Rechner der BAFA. Seit 2015 eingebaute Kälteanlagen sollten keine Probleme bereiten. Folgekosten des Betreibers können hier zu Gewährleistungsansprüchen führen.  

Große Supermärkte, Discounter, SB-Warenhäuser und Cash&Carry-Märkte haben zunehmend eigenes Personal mit Kälte-Kenntnissen, meist im Energiemanagement. Sie kooperieren mit Großanbietern und Dienstleistern der Gewerbekälte wie Carrier, Epta, DKA, Temtec oder Cool & Call. Gemeinsam werden für Marktneu- oder Umbauten Konzepte umgesetzt, die vielfach mit natürlichen Kältemitteln arbeiten.

„Für Neuanlagen empfehle ich Kälte- bzw. Energiekonzepte mit den beiden natürlichen Kältemitteln CO2 und Propan“, sagt Edwin Bloch. Er berät die Bereiche Strategie und Konzeption für Kältetechnik. Dazu zählt auch ein aktuelles Projekt von Viessmann bei Aldi Nord. Ähnlich die Entwicklung im Kühlmöbelbau. „Bei Neuanlagen oder steckerfertigen Kühl- und Gefriergeräten bietet sich Propan, für kleinere Anwendungen Isobutan an“, erklärt Ulrich Bartoleit von AHT Cooling Systems.  

Der Trend ist also klar. Er geht in der Gewerbekälte hin zu Kältemitteln mit sehr niedrigen GWP-Werten – was diese dann allerdings brennbar werden lässt. Der finale Schritt hin zur natürlichen Lösung ist dann nicht mehr weit. Wer gleich darauf setzt, erfüllt die Anforderungen begehrter Zertifikate wie der DGNB oder dem „Blauen Engel“.

Foto: Fotolia/joyfotoliakid
Grafik: EHI

Weitere Informationen: redaktion@ehi.org

Kältemittel: Aktuelle Checkliste

  1. Prüfen Sie, mit welchen Kältemitteln Ihre Kälteanlagen arbeiten.
  2. Fragen Sie Ihren Anlagenbauer nach Verfügbarkeit und Preis dieser Kältemittel – auch ab 2018.
  3. Prüfen Sie die Möglichkeit, in einem Servicevertrag Verfügbarkeit und Preis festzuschreiben.
  4. Betreiber müssen für dichte Anlagen sorgen. Treffen Sie Vorkehrung, z. B. mit dem VDKF-LEC-Siegel.
  5. Holen Sie bei Bedarf Angebote zur Anlagenumstellung auf ein umweltfreundlicheres Kältemittel ein. Unter dem GWP-Wert von 1.500 ist dafür eine BAFA-Förderung möglich.
  6. Fragen Sie Ihren Anlagenbauer nach Referenzanlagen mit Niedrig-GWP-Kältemitteln.
  7. Lassen Sie sich außerdem umfassend über die Vor- und Nachteile natürlicher Kältemittel aufklären.

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