Wenn ein Start-up eine tolle Idee für ein Produkt hat, braucht es Geld für die Entwicklung und Kundenkontakt für die Vermarktung. Viele Start-ups bauen diesen Kundenkontakt inzwischen online auf, zum Beispiel über Social Media.

Schwieriger ist es, wenn man sich einem sehr haptischen Thema widmet, zum Beispiel Sport. Dann braucht es einen Partner, der möglichst viel direkten Kontakt zu sportbegeisterten Menschen hat.

Start-ups wie Peloton oder Vaha zählen dieser Tage zu den Lieblingskunden von Richy Ugwu. Der Datenspezialist leitet seit zwei Jahren die Geschicke der Intersport Marketing Services, deren Ziel es ist, Retail Media ganzheitlich zu denken – von Online-Aktivitäten bis hin zu Platzierungsmöglichkeiten wie den Schaufenstern oder Pop-up-Flächen in den rund 1.000 Läden.

Peloton dürfte vielen Konsumentinnen und Konsumenten bereits seit der umfangreichen Fernsehwerbung in der Corona-Zeit bekannt sein. Die New Yorker verkaufen Sport-Abos zusammen mit Hardware. Mit dem Fahrrad sind sie populär geworden, inzwischen gibt es zudem Laufbänder und auch Yoga- und Boxkurse werden online angeboten. Vaha ist noch weniger geläufig. Das Berliner Start-up hat einen 1,70 m hohen interaktiven Fitness-Spiegel entwickelt, auf dem mithilfe von Künstlicher Intelligenz Fitness-Übungen vorgegeben und dann in der Ausführung kontrolliert werden. Auch dahinter steckt ein Abo-Modell.

Beide Unternehmen verkaufen Homesports, also ein digitales Produkt. Beide gründen ihr Geschäftsmodell und vor allem ihre dauerhafte Kundenbindung auf Hardware und die will verkauft werden. Dazu haben beide die Kooperation mit Intersport Marketing Services gesucht. Vaha präsentierte sein Angebot unter anderem bereits bei Engelhorn in Mannheim, Peloton bei Reischmann im Allgäu. „Es gibt viele Marken, die detailliertes Feedback von den Kun-den vor Ort haben wollen. Hat der Kunde das Produkt verstanden? Was hält er davon?“, erklärt Ugwu.

Jeder Händler kann mitmachen, wenn er die Kriterien erfüllt.

Richy Ugwu

CEO Intersport, Intersport Marketing Services

Spannung in den Läden

Für die Start-ups ist das Engagement auf der Fläche gleichzeitig Marktforschung. Für Richy Ugwu ist es eine Kombination aus werblicher Vermarktung, also Zusatzeinnahmen, und der Steigerung der Attraktivität der Läden. „Der Point of Sale wird immer stärker zum Point of Experience und dabei spielt die Digitalisierung eine wesentliche Rolle.“

Die Digitalisierung: Wahrlich kein einfaches Buzzword für die Handelskooperative aus Heilbronn. Im E-Commerce hat man sehr lange gebraucht, um die Gruppe schlagkräftig aufzustellen. Im Online-Marketing musste man sich von großen Marken wie Adidas die eine oder andere „Ohrfeige“ gefallen lassen. Im Rahmen ihrer gnadenlosen Direct-to-Consumer-Offensive wenden sich die Herzogenauracher immer wieder zuerst an kleine, wendige und in puncto Social Media bestens aufgestellte Spezialgeschäfte, bevor sie den – im Handelsvolumen weit überlegenen – Intersportverbund beliefern.

Hausaufgaben gemacht

Der Trainingsspiegel von Vaha ist ein erklärungsbedürftiges Produkt. Beratung funktioniert am POS, hier bei Engelhorn, besser als online

Der Trainingsspiegel von Vaha ist ein erklärungsbedürftiges Produkt. Beratung funktioniert am POS, hier bei Engelhorn, besser als online.
Foto: IMS

Diese Zeiten neigen sich dem Ende zu. „E-Commerce wächst deutlich und wir sehen noch starke Wachstumspotenziale. Insbesondere die Corona-Krise war auch hier ein starker Beschleuniger für die Entwicklung“, erläutert Ugwu. Genaue Zahlen will der Berliner nicht nennen, aber der gesamte Verkauf habe im letzten Jahr nur acht Prozent verloren, obwohl ein Großteil der Geschäfte weitgehend geschlossen war.

Freilich muss man da auch den Trend zu Homesports einrechnen, der durch Corona beflügelt wurde. Trotz der vergleichsweise stabilen Umsätze rechnet Intersport-CEO Alexander von Preen mit Nachholeffekten. Allerdings nur, wenn ihnen die Discounter nicht große Teile des Frühjahrsgeschäfts wegnehmen.

Digitalisierung bedeutet für Richy Ugwu weit mehr als E-Commerce. Er arbeitet daran, so viele digitale Monitore wie möglich an ein Zentralsystem anzuschließen, damit Werbung zielgerichtet ausgesteuert und zeitlich befristet geschaltet werden kann, je nachdem, wie die Werbekunden das wünschen. 300 Stores sind bislang entsprechend angebunden.

Flexible Werbemöglichkeiten

Aber was heißt hier Werbung? Ugwus eigentliches Ziel ist es, die beiden Töpfe Werbung und Werbekostenzuschüsse zu verbinden. Und das gelingt eben nur, wenn die Systeme agil genug arbeiten, damit darüber auch kurzfristige Abverkaufswerbung möglich ist. Gleichzeitig kombiniert IMS diese digital-analoge Reichweite mit individueller Betreuung auf der Fläche. Für den Kunden Dove hat man schon einmal eine Umkleidekabine zur Dusche umgebaut. Rein visuell natürlich. Der Sporthandel als Erlebnisraum.

Zu den Leistungen der in Berlin ansässigen IMS gehört auch, dass die Wirkung der Werbung kontrolliert wird. Dazu nutzt man jede erdenkliche Form des digitalen Trackings, aber auch qualitative Befragungen in und vor den Läden.

„Retail Media ist daher auch eines der am schnellsten wachsenden Segmente“, erläutert Richy Ugwu. Langfristig wird das eine bedeutende Ertragssäule für die Gruppe, so wie sie es für den Wettbewerber Amazon heute schon ist. Die Vermarktung der Werbeflächen im Onlinestore steht dagegen nicht oben auf der Themenliste des Berliners: „Retail Media ist so viel mehr als Bannerwerbung.“