Sprunghaft steigende Preise bei Baumaterialien und zugleich mehr Sensibilität für Umweltschutz und Ressourcenschonung haben im Handel kreative Prozesse beim Ladenbau in Gang gesetzt: Stehen ein Facelift, eine Modernisierung, Flächenerweiterung oder ein Umzug an, entwickeln immer mehr Betreiber kostengünstigere und nachhaltigere Lösungen.
Digitales Verzeichnis

Die professionelle Entsorgung von Altmobiliar umfasst auch Wertstoff trennung und Recycling
Foto: Usedmarket
Ein aktuelles Beispiel ist die Revitalisierung des Tegut Nahversorgermarktes in Bad Salzschlirf bei Fulda: Hier wird eine komplette CO2-Kälteverbundanlage inklusive aller Kühlmöbel und anderen Verkaufselementen aus einer kurz zuvor geschlossenen Filiale in Baden- Württemberg weiterverwendet. Tegut hält für solche Fälle ein virtuelles Lager bereit, in dem die Märkte ihre nicht genutzten Überbestände regelmäßig melden.
Bei Baumaßnahmen in einzelnen Geschäften kann der jeweilige Projektleiter benötigte Teile aus diesen Märkten zusammenziehen und in die entsprechende Niederlassung zur Weiternutzung liefern. So konnte der Händler bei der aktuellen Revitalisierung 500.000 Euro an Kosten und ca. 35 Prozent an Material gegenüber einer Neubeschaffung einsparen, teilt Tegut-Bereichsleiter Facility- und Energiemanagement Detlev Müller mit.
Auch Ladenbauunternehmen wie Schemberg oder Dienstleister für gebrauchte Ladeneinrichtung wie Usedmarket haben sich auf die neuen Bedarfe im Handel eingestellt und kümmern sich längst nicht mehr nur um die Frage der Entsorgung, sondern auch um die zeitweise Einlagerung und/oder Aufbereitung von Altmobiliar, so Geschäftsführer Carsten Schemberg. Gerade für Filialisten sei die Aktualisierung und Wiederverwendung von bestehenden Möbeln optimal. Gegen eine Abfallbeseitigung einzelner Komponenten spreche, dass diese nicht wertstoffgetrennt entsorgt oder recycelt werden können.
Gut gelagert
Wie die jüngst mit dem Inventar von Vormieter Conrad gestaltete Globetrotter-„Re:think“-Filiale in Bonn zeigt, springen neben dem LEH auch andere Handelsbranchen auf diesen Zug auf. Usedmarket etwa betreut neben Aldi und großen Supermarktketten zunehmend auch den Drogeriemarktsektor, Fachgeschäfte sowie Textilhändler. Sein Leistungsprofil hat der Dienstleister mittlerweile auf Reparaturen, Auf- und Umarbeitung inklusive CI-gerechten Lackierungen sowie die Einlagerung von gebrauchtem Mobiliar ausgeweitet – bis hin zur Vorhaltung von Original-Ersatzteilen und Aktualisierungen technischer Geräte wie etwa Kühlmöbel zur Steigerung der Energieeffizienz.
Ein dynamisch wachsendes Standbein stellt laut Geschäftsführer Ekkehard F. Ficht auch die Einlagerung gebrauchten Mobiliars dar: Vor allem Großunternehmen im Handel schätzten die Zwischenlagerung bis zum nächsten Einsatz in eigenen Märkten als Alternative zum Verkauf. Größere Filialisten betreiben diese Lagerhaltung inzwischen auch zunehmend in Eigenregie.
Langlebig und flexibel
Was im Einzelfall den größeren Nutzen bringt – die Wiederverwertung oder der Neukauf – darüber denkt jede Branche, jede Marke und jeder Händler anders, weiß Schemberg. Es kommt dabei immer auch auf die Beschaffenheit und die Materialien der Alteinrichtung, aber auch deren Wandlungsfähigkeit an. Stahl beispielsweise ist aufgrund seiner Langlebigkeit ideal für den LEH – und hier deutlich verbreiteter als in anderen Branchen.
Der Fuldaer Lebensmittelfilialist Tegut setzt in den eigenen Märkten (einschließlich der Formate „Quartier“ und „teo“) beispielsweise schon seit rund 25 Jahren auf das Regalsytem von Wanzl, das mehrfach wiederverwendbar und modulweise erweiterbar ist. dm-Drogeriemarkt arbeitet aktuell an länderübergreifenden Prozessen für die Aufbereitung und Wiederverwendung von Stahlregalen aus Umbauten oder Schließungen von Niederlassungen. Die Verwendung von CO2-ärmeren oder komplett recyclingfähigen Materialien sowie eine stärkere Modularität der einzelnen Komponenten stehen ebenfalls auf der Agenda.
Auch ein Upgrading einzelner Geräte ist möglich: So bietet Epta die Option, Standardventilatoren bei Kühleinrichtungen gegen hocheffiziente EC-Geräte oder Verdampfer für F-Gase gegen CO2-Verdampfer einzutauschen. In Branchen wie dem Premium- Textilhandel ist der Neukauf von Ladeneinrichtung nach wie vor gängige Praxis, da die Auffassung herrscht, dass hochwertige Fashion auf älteren Kleiderständern oder Regalböden nicht optimal präsentiert wird. Hier kann das Umdenken noch ein wenig dauern.
Eine Frage von Ökonomie und Ökologie
Warum beides im Ladenbau nicht immer zusammengeht, erklärt Jürgen Backes, Leitung Bauwesen/Technischer Einkauf bei Globus Markthallen
Jürgen Backes, Leitung Bauwesen/Technischer Einkauf Globus Markthallen
Herr Backes, ist die Verwertung von gebrauchtem Inventar im Handel wirtschaftlich und ökologisch betrachtet immer sinnvoll?Die Entscheidung über die Wiederverwendung hängt von vielem ab: dem Zustand der alten Einrichtung, den Kosten für die Reparatur oder Aufarbeitung, dem damit verbundenen Zeitaufwand und von den Kosten für Transport und Lagerung. In der Regel versuchen wir Gebrauchtes nach Möglichkeit wieder zu nutzen oder zu recyceln. Bei noch gebrauchsfähigen Regalen, Schränken, Theken und Kühlmöbeln prüfen wir mithilfe einer unternehmensinternen Plattform, ob wir diese an andere Standorte weitervermitteln oder bei Umbaubaumaßnahmen einsetzen können.
Welche Lösungen bieten sich alternativ zur Wiederverwertung an, um ladenbauliche Maßnahmen in den Globus Markthallen nachhaltiger und ressourcenschonender zu gestalten?
Ein verlängerter Renovierungszyklus und die regelmäßige Wartung und Reparatur der Ladeneinrichtung können ebenfalls dazu beitragen. Insbesondere im Bereich der Kühlmöbel und Kälteerzeugungsanlagen haben wir uns für diese Lösung entschieden. Hier wurde nach einer vollumfänglichen Bestandsaufnahme ein Maßnahmenplan entwickelt. Diesem Beispiel werden wir nun auch in Bezug auf die übrigen technischen Einrichtungen folgen.
Über Globus
Die Globus-Gruppe ist eines der führenden Handelsunternehmen in Deutschland. Neben SB-Warenhäusern, Baumärkten, sowie Elektrofachmärkten in Deutschland betreibt Globus auch Hypermärkte in der Tschechischen Republik und in Russland sowie Baumärkte in Luxemburg. Die Globus-Gruppe erwirtschaftete im Geschäftsjahr 2020/21 (1.7.2020 bis 30.6.2021) einen Gesamtumsatz (brutto) von 7,76 Milliarden Euro, dies entspricht einem Umsatzminus von 2,4 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Das EBIT lag bei 301 Millionen Euro. Den größten Teil des Gesamtumsatzes erzielten die Globus-SB-Warenhäuser in Deutschland.