Frühzeitige Integration in Bau- und Standortplanung, skalierbare Technik, passende Betriebsmodelle und ein gutes Nutzererlebnis gelten als Erfolgsfaktoren für den Ausbau von Ladeinfrastruktur im Handel. Wer über smarte Konzepte für Mittel- oder Niederspannungsnetze, flexible Finanzierungsmodelle und klare Nachhaltigkeitsnachweise verfügt, kann sich Wettbewerbsvorteile verschaffen. Entscheidend kann dabei sein, dass Technik, Standortbedingungen und Kundenanforderungen zusammen gedacht werden – ob im Fachmarktzentrum, im regionalen Lebensmittelhandel oder auf der Tankstellenfläche.
Gefragt sind flexible, skalierbare Lösungen, die sich nahtlos in die jeweilige Umgebung einfügen und nachhaltig betrieben werden.
Sebastian Ewert„Ob Innenstadtlage mit begrenztem Platz oder großflächiger Markt auf dem Land: Gefragt sind flexible, skalierbare Lösungen, die sich nahtlos in die jeweilige Umgebung einfügen und nachhaltig betrieben werden. Nur so wird aus einem Parkplatz ein echter Mehrwert für Kundschaft und Geschäft“, sagte Sebastian Ewert, CEO Lichtblick E-Mobility im Rahmen der EHI-Session „E-Mobilität im Handel“.
Betriebsmodelle
Händler können die Finanzierung der für ihr Geschäft jeweils passend geplanten Ladepunkte durch CPO‑Modelle (Charge Point Operator) erleichtern: Viele entscheiden sich für OPEX‑Modelle, bei denen der Betreiber sämtliche Investitions- und Betriebskosten übernimmt.

Bei den rund 70
Wasgau-Märkten wie
hier in Rodalben erfolgt die
Umsetzung über vorhandene
Niederspannungsanschlüsse
Foto: Pfalzwerke
Die Pfalzwerke etwa bieten ihren Partnern 15‑Jahres‑Pachtverträge an, in denen der Handelsstandort Pachteinnahmen erhält, ohne selbst Kapital zu binden – ein Faktor, der insbesondere kleineren Marktbetreibern Planungssicherheit geben kann. Lichtblick E-Mobility will bis Jahresende rund 200 Schnellladepunkte an ca. 25 Famila- und Markant-Märkten der Bartels‑Langness‑Gruppe (Bela) in Norddeutschland errichten. Für diese sowie für Nah & Frisch‑Filialen übernimmt die Firma die Investitionskosten und bietet zudem ein Durchleitungsmodell an. Dabei rechnet der Energieanbieter den gelieferten Ökostrom direkt mit Flottenbetreibern ab und stellt Herkunftsnachweise zur Erfüllung der CSRD-Berichtspflichten bereit – besonders relevant für Großhandelsstrukturen mit Fuhrpark.
„Die Famila- und Markant-Märkte sind verkehrsgünstig gelegen und damit optimal geeignet für den Ausbau des E-Ladenetzes“, ergänzt Kevin Wiegand, Projektleiter bei der Bela. Auch EWE Go übernimmt als Betreiber den vollständigen Betrieb der Ladeinfrastruktur, etwa in Kooperation mit Lidl und Das Futterhaus. Die Händler stellen lediglich die Fläche zur Verfügung und profitieren von einem kundenbezogenen Mehrwert – ohne finanzielle Vorleistung.
Der Anbieter Plenitude/Be Charge investiert an Eni‑Tankstellen und Handelsstandorten in Elektroinstallation, Bau und Wartung und beteiligt den Betreiber vor Ort über Umsatzanteile. Gerade in stark frequentierten urbanen oder Autobahn-nahen Lagen ergänzt dieses Modell bestehende Versorgungsnetze um zusätzliche Attraktivität für mobile Zielgruppen.
Wir passen Technik und Konzept so an, dass sie zum Umfeld und zum Alltag vor Ort passen.
Patrick CisowskiTechnik trifft Alltag
Technisch differenziert sich das Angebot je nach Standorttyp: In Fachmarktzentren wie dem Inn-Center Landsberg am Lech errichteten die Pfalzwerke zwei Ladeparks mit insgesamt 18 Ladepunkten – zehn HPCs mit bis zu 300 kW sowie acht Normallader mit bis zu 22 kW. Die Stationen sind strategisch an Einfahrten platziert, mit Beschilderung ab der Autobahn und sensorgesteuerter LED-Beleuchtung, die nur bei Bewegung anspringt – auch im Sinne des Insektenschutzes.
Centermanager Hermann Gartenmeier: „Wir sind unserer Zeit damit etwas voraus. Unsere Kunden sehen, dass wir uns mit aktuellen Themen befassen und zukunftsfähige Services bereitstellen.“ Karl-Friedrich Lieber, Bauleiter der Pfalzwerke: „Die größte Herausforderung bei der Planung und Umsetzung waren die langen Kabelwege auf dem Parkplatz.“ Anders sieht es bei „Supermärkten im Grünen“ wie den rund 70 Wasgau-Märkten in Rheinland-Pfalz und dem Saarland aus: Hier erfolgt die Umsetzung über vorhandene Niederspannungsanschlüsse, was Genehmigungen und Bauzeiten verkürzen kann. Schnelllader (bis 200 kW) und Normallader (22 kW) sorgen für alltagstaugliche Versorgung in strukturschwächeren Regionen. Die Pfalzwerke übernehmen auch hier die Investition.

Die Ladesäulen von Lichtblick
haben jeweils eine Leistung
von bis zu 400 kW
Foto: Lichtblick
„Die Grundanforderungen an Ladeinfrastruktur sind oft ähnlich – doch kein Standort ist wie der andere. Wir hören zu, schauen genau hin und passen Technik und Konzept so an, dass sie wirklich zum Umfeld und zum Alltag vor Ort passen“, sagt Patrick Cisowski, Kunden- und Partnermanager/Vertrieb Elektromobilität bei den Pfalzwerken.
Weitere Lösungen für standortgerechte Ladeinfrastruktur zeigen die Kooperationen von EWE Go mit Lidl und Das Futterhaus. Während Lidl stark frequentierte Supermarktstandorte mit öffentlich zugänglichen Schnellladepunkten ausstattet, setzt Das Futterhaus auf Ladeinfrastruktur an Fachmarktzentren. Beide Formate nutzen standardisierte, skalierbare Ausbaugrößen – je nach Standort zwischen 4 und 24 HPC-Ladepunkten mit bis zu 400 kW Ladeleistung. Die Anlagen sind mit Lastmanagement, barrierearmen Zugängen und befestigten Flächen ausgestattet und werden bevorzugt auf Grün- oder Seitenstreifen integriert – effizient und flächensparend.
Auch im urbanen Umfeld setzt man auf Flexibilität: Plenitude spielt seine paneuropäische Plattform aus und verbindet mit rund 21.500 bestehenden Ladepunkten und einem geplanten Ausbau auf über 40.000 bis zum Jahr 2027 Handelsund Tankstellenstandorte. Die App „On the Road“ bündelt Ladeangebote inklusive Roaming – als Beitrag zum möglichst komfortablen Nutzererlebnis.
Laden lohnt sich
Ziel aller Konzepte ist die Integration der Ladezeit in den Alltag und damit ins Einkaufsverhalten. Wie das aktuelle EHI-Whitepaper „Elektromobilität im Handel 2025“ belegt, sorgt eine entsprechend frühzeitige Umsetzung nicht nur für Rechtssicherheit, sondern steigert auch den Immobilienwert und macht Gebäude zukunftsfähig im Sinne moderner, nachhaltiger Mobilität. Gleichzeitig unterstützt ein kontinuierlicher Ausbau der Ladeinfrastruktur die Klimaziele der Bundesregierung bis 2045 und schafft die notwendigen Voraussetzungen für eine flächendeckende Versorgung von Elektrofahrzeugen.