Über die Auswirkungen tauschten sich Branchenvertreter auf dem vom EHI mitveranstalteten Deutschen Bargeldlogistik-Kongress 2011 am 22. und 23. März in Frankfurt am Main aus. Carl-Ludwig Thiele, Vorstandsmitglied der Deutschen Bundesbank, machte eingangs deutlich, dass sich die Bundesbank weiter aus der Banknoten- und vor allem aus der Münzgeldversorgung zurückziehen wird. Ziel ist zum einen die Reduzierung des Bundesbank-Anteils am Cash-Recycling von derzeit 64 Prozent auf etwa 50 Prozent bei Noten und zum anderen der Rückzug auf eine Großhändlerfunktion für Münzgeld, also auf die Annahme und Ausgabe von Münzen in sortenreinen Norm-Containern.
Für die Bargeldversorgung sieht sich die Bundesbank nicht mehr allein verantwortlich, dieses soll mehr und mehr zur Aufgabe der Privatwirtschaft werden. Thiele nahm die Kreditwirtschaft sowie die Dienstleister in die Pflicht. „Die Bargeldversorgung im Detail kann nur privatwirtschaftlich organisiert werden“, so Thiele wörtlich und forderte die Privaten auf, neue Geschäftsmodelle zu entwickeln. Dabei seien bereits bestehende Kooperationen zwischen Werttransporteuren und Kreditinstituten auf einem guten Weg.
Die geladenen Verbandsvertreter Stefan Genth, Hauptgeschäftsführer des Handelsverbands HDE, und Dr. Ibrahim Karasu vom Bundesverband Deutscher Banken äußerten ihren Unmut über zu erwartende Kostenerhöhungen, während Michael Mewes, Vorsitzender der Bundesvereinigung Deutscher Geld- und Wertdienste, die Kosten nicht im Vordergrund der aktuellen Herausforderungen sieht. Nach seinen Schätzungen werden durch den Rückzug der Bundesbank „nur“ 5-7 Mio. Euro Mehrkosten auf die Privatwirtschaft zukommen. Gleichzeitig kritisierte er aber das Genehmigungs-
verfahren der Bafin als sehr zeitaufwendig und schwierig. Um weiterhin Konten bei der Bundesbank führen zu dürfen, müssen die Dienstleister nach dem Zahlungsdiensteaufsichtsgesetz (ZAG) als „Zahlungsinstitute“ zugelassen werden.
Als Vertreter der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht erläuterte Dr. Jens Fürhoff die Prüfkriterien dieses Zulassungsverfahrens und stellte dabei heraus, dass hier Welten aufeinander träfen, die nicht füreinander geschaffen seien. Die gesetzlich vorgegebenen Hürden kommen denen einer Kreditinstituts-Gründung nahe. Insbesondere die für die Geldtransporteure geforderte Betriebsaufteilung in „Finanzdienste“ und „Transportwesen sowie übrige Dienstleistungen“ dürfte eine Zulassung als Finanzdienstleister in der Praxis nahezu unmöglich machen.
Denn allein Auflagen wie Reporting-Pflichten und regelmäßige Prüfungen machen eine Zulassung schon aus Kostengesichtspunkten unattraktiv. In der Folge werden also nur Kooperationen mit Kreditinstituten als Lösung infrage kommen. Dr. Fürhoff mahnte aber ebenso wie Thiele an, bei Kooperationsabsichten die Bafin und die Bundesbank frühzeitig mit einzubinden, damit die mögliche Gefahr des Angebots „unerlaubter Finanzdienstleistungen“ von Anfang an ausgeschlossen wird.
Schwierige Zulassung
Die Veranstaltung machte die Standpunkte aller Akteure klar und bestätigte vorherige Vermutungen, dass wohl in naher Zukunft kein Geldtransporteur eine Zulassung als Zahlungsinstitut bekommen wird und somit die Geld- und Werttransporteure sich auf erlaubnisfreie Geschäfte konzentrieren werden.
Engpässe bei der Bargeldentsorgung oder der Wechselgeldbeschaffung sind aber nicht zu erwarten. Es existieren bereits viele funktionierende Kooperationen. Die DZ Bank arbeitet mit der Cash Logistik Security zusammen, die wiederum bundesweit agiert und mehreren mittelständischen Geld- und Werttransporteuren gehört. In diesem Modell bleibt beispielsweise die Rolle als kleinste Münzgeld-Bestelleinheit erhalten. Auch die bare sowie unbare Beschaffung der Wechselgeld-Gegenwerte bleiben möglich. Die DZ Bank stellt die Abrechnungsplattform zur Verfügung. Der größte Bargeldlogistiker der Branche, die Firma SecurLog, kooperiert mit der biw Bank für Investments und Wertpapiere, die die Münzgelder bereitstellt und den Zahlungsverkehr durchführt.
Für diese Vorgehensweisen werden keine staatlichen Zulassungen benötigt. Auch die Commerzbank bietet mit ihrer Tochter Soltrx Transaction Services (STS) ähnliche Dienste an. Dabei steuert die STS über eine webbasierte Lösung alle Prozesse, von der elektronischen Auftragserteilung an ein Werttransport-
unternehmen bis hin zur Buchung der Gelder auf den Konten. Die Kooperationsmodelle bieten in der Regel durch die neutrale und tägliche Kontrolle aller physischen und buchhalterischen Geldbewegungen durch einen unabhängigen Dritten allen Beteiligten ein Höchstmaß an Transparenz und Sicherheit. Die Deutsche Bundesbank hat bedeutende Veränderungen ihres Dienstleistungsangebots beschlossen. Die Bargeldbearbeitung wird damit zukünftig vermehrt durch private Dienstleister stattfinden müssen.
In einem weiteren Schritt wird die Bundesbank ihr Filialnetz weiter verkleinern. Damit die Bargeldversorgung auch zukünftig mit gleicher Qualität und Sicherheit erfolgen kann, sind neue Regelungen erlassen worden. Europäische Vorgaben zum Cash-Recycling sowie das Zahlungsdiensteaufsichtsgesetz (ZAG) werden das bisherige System des Bargeldhandlings nachhaltig verändern. Unter Cash-Recyling versteht man die Weitergabe von Banknoten und Münzen aus dem Handel und/oder von Kreditinstituten ohne die direkte Einbindung der Deutschen Bundesbank. Dazu müssen die ausgegebenen Banknoten und Münzen zwingend auf Echtheit und Umlauffähigkeit durch Geldbearbeitungsmaschinen geprüft werden, die vom Eurosystem geprüft und zugelassen sind.
Die Auswirkungen
Auswirkungen auf die Bargeldentsorgung und Wechselgeldversorgung im Einzelhandel haben die wichtigsten Änderungen bereits bewirkt:
- Seit Januar 2011 wird Münzgeld von der Bundesbank nur noch in sortenreinen Norm-Containern ausgegeben bzw. angenommen; Ausnahmen gab es noch in der Übergangszeit,
die waren aber mit hohen Kosten verbunden. - Ende April 2011 endete die Übergangsfrist für die Umsetzung des ZAG. Seitdem hat die Bundesbank die Münzgeld- und Sammeltreuhandkonten für Wertdienstleister geschlossen, Buchungen sind nur noch über Zahlungsinstitute möglich.
Die gesetzlichen Rahmenbedingungen des Cash-Recyclings erlauben eine Verkürzung der bisher üblichen Geldkreisläufe und bieten damit die Chance für eine effizientere Bargeldlogistik. Auf Basis einer erfolgreichen Lizenzierung ist Geld- und Wertdienstleistern die Weitergabe von erhaltenen Banknoten und Münzen ohne die direkte Einbindung der Deutschen Bundesbank erlaubt.
Ein privates Bargeldrecycling, bei dem das Bargeld nach der Vereinnahmung und Aufbereitung dem Eigentümer nicht mehr physisch zuzuordnen ist, birgt ein gewisses Risikopotenzial für den Eigentümer. Daher bestehen große Handelsunternehmen nach wie vor auf der Separierung ihrer Gelder bis zur Einzahlung bei der Bundesbank. Diese Gelder bleiben so aber auch dem privaten Bargeldrecycling entzogen, da der Geldkreislauf nicht verkürzt werden kann. Das Münzgeldrecycling hingegen wird den Wertdienstleistern schon weitestgehend überlassen. Für das private Noten-Recycling bedarf es aber noch eines immensen Vertrauenszuwachses sowie Kooperationsmodellen, die Transparenz und Sicherheit gewährleisten.
Fazit: Leistungen, die die Bundesbank bisher nahezu kostenlos angeboten hat, werden mehr und mehr durch privatwirtschaftliche Unternehmen durchgeführt, deren Tätigkeiten aber bezahlt werden müssen. Da das Geld- und Werttransportgewerbe dafür zum Teil erhebliche Investitionen tätigen und Kooperationspartner einbeziehen muss, deren Leistungen auch honoriert werden müssen, werden sich aller Voraussicht nach für den Einzelhandel die Kosten des Bargeldhandlings mittelfristig erhöhen – es sei denn, es entstehen Effizienzgewinne in gleicher Höhe, die aber beim Noten-Recycling erst längerfristig zu erwarten sind.
Foto: Kötter Security (1), SecurLog (1)
Kontakt: horst@ehi.org