Shopbeleuchtung hat in den letzten Jahren eine Aufwertung im Handel erfahren und ist heute einer der Investitionsschwerpunkte im Ladenbau. Was muss zeitgemäße Lichtplanung – neben Licht zum Sehen, Ansehen und Hinsehen – aus Sicht des Lichtarchitekten leisten?
Im Grunde genommen ist Lichtplanung immer eine Dienstleistung an der Architektur, sozusagen die vierte Dimension der Architektur. Mit Licht kann ich das, was ich gestaltet habe, in seiner Wirkung intensivieren – im positiven wie negativen Sinne. Ich kann einer Einrichtung, einer Shoparchitektur mehr Bedeutung verleihen oder diese Dinge durch die Reduktion von Licht in den Hintergrund rücken. Man betont heute das, was es zu betonen gilt – also zum Beispiel nicht den Gang zwischen den Regalen, sondern die Warenträger und die Ware selbst.
Kann man die Lichtplanung heute mit der Inszenierung auf einer Bühne vergleichen?
Nur bedingt. Die Lichttechnik ist auf der Bühne nicht sichtbar; man konzentriert sich voll und ganz auf das Bühnenbild, was auch durch die Lichtdramaturgie mit gezielt eingesetzten Lichtkontrasten unterstützt wird. Will der Händler seine Ware also wie auf einer Bühne inszenieren, so muss der Lichtplaner die Beleuchtung so geschickt verpacken, dass nichts mehr ablenkt – und nur noch die Ware wirkt. Das funktioniert durchaus auch im Shopbereich.
Welchen Mehrwert schaffen Sie als Lichtarchitekt bei der Konzeption eines neuen Stores?
Der Lichtplaner „liest“ ganz gezielt erstmal die Situation, er analysiert die Anforderungen an die Beleuchtung mit Blick auf die individuelle Raumsituation: Ist die Verkaufsfläche eng, groß, weitläufig? Sind niedrige oder hohe Decken vorhanden? Will ich den Raum optisch „erhöhen“ durch diffuses Licht unter der Decke usw. Was für eine Einrichtung, welche Materialien und Farben werden eingesetzt, was will der Bauherr mit seinem Lichtkonzept bewirken? All diese Faktoren müssen in die Lichtplanung einfließen. Die Einbeziehung des Lichtplaners muss schon in der frühen Planungsphase des Shops beginnen, damit das Licht bestmöglich in die Architektur integriert werden kann. Ein wichtiger Aspekt ist auch die Schaffung eines natürlichen Lichts, so wie man es in der Natur selbst wahrnimmt. Eine natürliche Beleuchtung trägt auf der Verkaufsfläche erheblich dazu bei, die Stimmung und Aufenthaltsqualität für Kunden und Mitarbeiter zu steigern.
Zu Ihren Referenzprojekten im Handel zählt das Modehaus Dannenmann pure in Weinstadt. Wie sind Sie dort vorgegangen?
Das zusammen mit den Architekten W67 in Stuttgart entwickelte Shop-Projekt habe ich beim ersten Zusammentreffen als Modell 1:20 kennengelernt – mit einem anthrazitgrauen Terrazzo- Boden und hellem Mobiliar. Ich habe dann mit meinem Jackett und meinem Schal vor einer weißen Wand die Wirkung einer Textilpräsentation in diesem Farbumfeld simuliert – und im Vergleich die Präsentation vor einem Hintergrund aus schwarzem Fotokarton. Da fiel sehr schnell die Entscheidung zugunsten schwarzer Verkaufsträger! Die „Ware“ wirkte vor dunklem Hintergrund sehr viel intensiver als vor heller Fläche. Unterstützt wurde die Lichtinszenierung von einem dezentralen Beleuchtungskonzept, das Licht nur dorthin transportierte, wo die feste Möblierung stand.
Warum ist natürliche Beleuchtung so wichtig?
Dies war auch ein weiteres Thema bei Dannenmann pure. Das im Entwurf ursprünglich vor den großen bodentiefen Schaufenstern platzierte Großmöbel zur Warenpräsentation wurde entfernt zugunsten eines stärkeren Einfalls von natürlichem Tageslicht, das für eine angenehme, wohltuende Atmosphäre sorgt. Hochwertige HIT-Downlights unterstreichen diesen Gesamteindruck wirkungsvoll. Der weiblichen Zielgruppe entsprechend wurde eine natürliche homogene Beleuchtung gewählt mit weichen Übergängen von Wand- und Deckenflächen.
Für Verkaufsraumbeleuchtung werden immer öfter LED eingesetzt. Wie beurteilen Sie dies als Lichtplaner?
Im Ladenbau ist dies eine neue Technologie. Wir müssen erst noch Erfahrungen damit sammeln – wie bei jeder anderen neuen Technologie auch. Natürlich haben LED enorme Vorteile, die gerade auch für die Shopbeleuchtung sehr interessant sind. Derzeit springen alle Hersteller auf den LED-Zug auf, doch nur wenige große Leuchtenhersteller befassen sich seit Jahren intensiv damit – und erzielen bei den Leuchten überzeugende Ergebnisse. Das betrifft sowohl die Qualität der LED als auch die erforderliche hohe Abblendung durch optische Systeme, die erst eine qualitativ hochwertige Leuchte auszeichnen – oder die notwendige effiziente Kühlung der LED, die eine lange Lebensdauer auch tatsächlich gewährleistet.
Wie sollte der Handel also reagieren?
Das Problem ist: Der Markt ist aktuell voller minderwertiger Produkte, die keine der an sie gestellten Erwartungen erfüllen. Hier sind erstmal Standards und Normen notwendig, an denen sich die Qualität einer LED messen lassen muss, wie das ja bei der konventionellen Lichttechnik der Fall ist. Ich kann nur jedem raten, sich an einen unabhängigen Lichtplaner zu wenden, wenn er eine Ausstattung mit LED-Technik für seinen Shop plant, auch im Hinblick auf Effizienz und Wirtschaftlichkeit. Was ja heute vielfach noch gar nicht thematisiert wird: LED sind immer noch sehr teuer im Vergleich zur konventionellen Technologie – nicht nur in der Anschaffung. Mit dieser Technologie fällt konstruktionsbedingt nicht nur der Austausch des Leuchtmittels gegen ein neues an, sondern der Austausch der gesamten Leuchte! Erst jetzt im Zuge der Formulierung von Qualitätsstandards befasst man sich mit dieser Problematik.
Das Interview führten Winfried Lambertz und Brigitte Oltmanns.
Stefan Hofmann, Jahrgang 1969, sammelte nach dem Studium der Szenografie und Ausstellungsgestaltung als Mitarbeiter bei renommierten Lichtplanern umfassende Erfahrungen mit dem Medium Licht. Nach Lehraufträgen an Hochschulen übernahm er 2008 die Professur für Lichtplanung an der FH Kaiserslautern. Seit 2009 leitet er außerdem das Büro Lichtwerke in Köln.