Farben, Effizienz, Amortisationszeit, Lebensdauer – all dies sind wichtige Referenzgrößen, wenn es um Beleuchtung im Einzelhandel geht. Und ganz besonders beim beherrschenden Thema LED-Technologie, dem großen „Hoffnungsbringer“ für den Handel. Der Moderator der Podiumsdiskussion, Lichtplaner Ralph Kensmann, skizzierte die aktuelle Stimmungslage im Handel: vom Grundsatz her positiv, aber doch von Unsicherheit geprägt, weil der Markt angesichts einer Invasion qualitativ fragwürdiger LED-Produkte sehr unübersichtlich geworden ist. Dies hemmt die Investitionen in die teure Technik. Frank Hennemann, Key Account Manager bei Self Electronics Germany, brachte es auf den Punkt: „Es gibt in Asien zwischen 50.000 und 60.000 LED-Anbieter“, und (mit ironischem Unterton): „Jeder ‚kann‘ LED – und jeder weiß, was LED ist – aber in der Praxis trennt sich schnell die Spreu vom Weizen.“
LED kann eben nicht jeder.
Gerd Andreae
Seit 10 Monaten liegen nun Gütekriterien für LED vor – Handel und Leuchtenindustrie haben sie gemeinsam in EHI-Arbeitskreisen unter Leitung des Lichtplaners Kensmann erstmals formuliert und in einer Broschüre veröffentlicht. Diese, einschließlich Checkliste für den Einkauf, soll den Verantwortlichen im Handel Entscheidungsgrundlagen für die Qualitätsbeurteilung von LED-Produkten liefern und ihnen zugleich Handlungsempfehlungen für ihre Gespräche mit den Lieferanten geben. Der Hintergrund: Nachdem die Euphorie über die „Revolution der Shopbeleuchtung“ abgeflaut ist, benötigen die professionellen Anwender im Handel von ihren Lieferanten verlässliche und investitionssichere Angaben über die entscheidenden Referenzgrößen, um die Spreu vom Weizen zu trennen.
Keine Frage: Die Fortschritte in der LED-Technologie haben ein hohes Niveau erreicht, das Diskussionsteilnehmer Andreas Winkelheide von Zumtobel kurz umriss: Die LED hat mit 120 Lumen/Watt eine Systemleistung für die Allgemeinbeleuchtung erreicht, die jene der konventionellen Beleuchtungstechnik übertrifft. Die Farbwiedergabe liegt inzwischen auf dem Niveau einer guten HIT-Lampe. Die Dimmbarkeit der LED erlaubt im Unterschied zur konventionellen Lampe neue Flexibilität hinsichtlich der individuell gewünschten Lichtstärken und Lichtfarben. Kaufmännisch gesehen steigt die Effizienz, und es verkürzen sich die Amortisationszeiten. Man könne bei der Amortisation inzwischen guten Gewissens von 2-4 Jahren sprechen, so Winkelheide.
Klärung der Garantie-Frage
Womit der Zumtobel-Experte die allgemeine Entwicklung hervorhob und der konkrete Einzelfall anders aussehen kann. Lichtplaner Kensmann provozierte die Diskussionsrunde mit der Frage, wer denn diese Leistungen und Amortisationszeiten im konkreten Anwendungsbeispiel garantiere und wer daher im Zweifelsfall die Kosten trage. Derzeit sei es leider so, dass frühzeitige Ausfälle häufig zu Lasten des Handels gingen.
Der Punkt ist doch: Der Kunde muss mit der Lichtqualität zufrieden sein.
Siegfried Becker
Das Thema Garantieleistungen zog sich als roter Faden durch die gesamte Diskussion. Denn: Zuverlässige Herstellergarantien zu den entscheidenden Referenzgrößen sind für den Handel der springende Punkt, um die benötigte Investitionssicherheit zu erhalten. Beispielsweise Amortisationszeiten: Diese beziehen sich auf die zugesagte Nutzlebensdauer der LED-Produkte – und auf die im Laufe dieser Lebensdauer zu erwartenden Leistungseinbußen und Ausfallraten. Sie sollten je nach Betriebsdauer einen bestimmten Wert nicht überschreiten, also beispielsweise 30 Prozent bei einer Betriebsdauer von maximal 50.000 Stunden. Dieser Wert gilt heute im Handelsalltag als gesetzt. Die Garantie dafür solle sich der Handel von seinem Lieferanten bei den Vertragsverhandlungen schriftlich geben lassen, forderte Kensmann.
Ich rate, auch beim Thema Garantie fachkompetente Hilfe einzuholen.
Wilken Behrens
Diskussionsteilnehmer Gerd Andreae von Philips Lighting formulierte daraus den Auftrag an Leuchtenindustrie und Handel, die spezifische Anwendungssituation und die tatsächlich benötigte Betriebsstundenzahl bis zur nächsten Renovierung zur Grundlage für Garantieleistungen zu machen. Der Philips-Sprecher gab allerdings auch zu bedenken: „Es stellt sich doch die Frage: Brauche ich in meiner speziellen Applikation immer diese hohen Anforderungen und LED von allerhöchster Güte? Der Rolls Royce muss nicht überall eingebaut werden.“ Die Leistung lasse mit zunehmender Lebensdauer zwar auch bei der LED nach, dennoch bedeute dies ja nicht gleich den Totalausfall.
Jeder kann LED – aber in der Praxis trennt sich schnell die Spreu vom Weizen.
Frank Hennemann
Siegfried Becker, Projektmanager bei Bäro, sieht die Industrie in der Pflicht, verschiedene Werte für unterschiedliche Ausgangsbedingungen anzugeben. Denn bekanntermaßen wird die Leistungsstärke der LED durch eine ganze Reihe von Parametern beeinflusst wie beispielsweise das gesamte Temperaturumfeld am POS. Die Wärmeempfindlichkeit der LED ist dabei ein neuralgischer Punkt, von der die Lebensdauer der LED und entsprechende Garantieleistungen abhängen. „Jedes Grad weniger an Wärme-Emission an der LED zählt, um die Lebensdauer zu erhöhen“, konkretisierte Wilken Behrens von Erco diesen wichtigen Gesichtspunkt.
Die Qualität der geforderten Garantien stellte Frank Hennemann von Self Electronics grundsätzlich zur Diskussion. Von zahllosen Leuchtenherstellern würden LED minderwertiger Qualität verbaut, „und es werden Garantien vergeben, die das Papier nicht wert sind“. Tatsächlich seien trotz der unüberschaubaren LED-Angebotsvielfalt auf dem internationalen Markt nur 5-6 Hersteller von Rang und Namen in der Lage, wirklich gute Chip-Qualität zu liefern. Dass sich der Handel leicht im undurchschaubaren Dickicht scheinbar sicherer Garantieleistungen verirren könne und damit unter Umständen auf seinen Kosten sitzen bleibe, befürchtet auch Wilken Behrens von Erco. Er riet dazu, sich bei diesem komplexen Thema unbedingt fachlich kompetente Hilfe zu holen.
Bei der Amortisation kann man jetzt guten Gewissens von zwei bis vier Jahren sprechen.
Andreas Winkelheide
Ein wichtiges Gütekriterium bei LED-Investitionsentscheidungen ist die Qualität der Farbwiedergabe von weißem Licht. Weiß ist nicht gleich Weiß: Unterschiedliche Handelsunternehmen haben hier jeweils individuelle Ansprüche und Standards entwickelt. Ebenso haben die Hersteller eigene Standards hinsichtlich der Farbunterschiede definiert. Daher – große Übereinstimmung aller Diskussionsteilnehmer – sind Bemusterungen vor Ort für die Händler unverzichtbar, um herauszufinden, welche Lichtlösung in der spezifischen Anwendung aus Sicht des Handelsunternehmens optimale Ergebnisse liefert. Ob es um die CRI-Werte der einzelnen Farben geht, die sich der Handel auf der kompletten Farbskala R1-R14 zeigen lassen sollte, um die gewünschte Farbtemperatur, die der Handel auch beim LED-Nachkauf erwartet, oder um zulässige und unzulässige Farbtoleranzen im Laufe der LED-Lebensdauer: Mit der LED-Checkliste aus der EHI-Broschüre kann der Handel dieses Problem in den Griff bekommen.
Bemusterung unverzichtbar
Bislang gilt die Qualität des weißen LED-Lichts im Vergleich zur konventionellen Halogenmetalldampflampe noch als steigerungsfähig – vor allem in einigen speziellen Anwendungsbereichen. Dabei hat die LED die Tendenz, ins Gelbliche oder Gräuliche zu driften und damit die Warenpräsentation nicht mit optimaler Brillanz und Leuchtkraft abzubilden. Doch jetzt scheint ein kompromisslos reines Weiß, wie man es von den Hochdruckentladungslampen kennt, aufgrund einer neuen Technologie in greifbare Nähe gerückt zu sein. So kündigten Philips und Zumtobel an, auf der Messe EuroShop im Februar 2014 werde die Lichtbranche entsprechende Innovationen vorstellen.

Die Teilnehmer der Podiumsdiskussion auf dem EHI-Kongress „Energiemanagement im Einzelhandel“ v.l.n.r.: Gerd Andreae (Philips), Wilken Behrens (Erco), Siegfried Becker (Bäro), Frank Hennemann (Self Electronics), Andreas Winkelheide (Zumtobel), Ralph Kensmann (Start Design). (Foto: Schoplick / EHI)
Insgesamt zeigte die Podiumsdiskussion einmal mehr, wie komplex und facettenreich das Thema LED ist. Gerd Andreae von Philips demonstrierte dies in einem einfachen Zahlenvergleich: Bei der konventionellen Lichttechnik gibt es sechs mögliche Fehlerquellen, bei der LED kommt man auf über 30. Das Fazit: „Um qualitativ hochwertige und robuste LED-Lösungen zu entwickeln, braucht es eine Menge Know-how, Erfahrung und Tests – LED kann eben nicht jeder!“ Die Expertenrunde legte dem Handel im Diskussionsverlauf daher mehrfach „ans Herz“, die LED-Broschüre des EHI zu nutzen, sich von unabhängigen Lichtexperten bei der Auswahl von LED-Produkten beraten zu lassen und unbedingt vor Ort Bemusterungen durchzuführen.
Etwas kurz kam angesichts der fortgeschrittenen Zeit das wichtige Thema Effizienz. Auch hier steht die Industrie in der Pflicht, die Fakten auf den Tisch zu legen und Effizienzberechnungen auf die jeweils geplante spezifische Anwendung zu beziehen. Dabei sind allerdings auch Kompromisse unvermeidlich. Gerd Andreae: „Man hat bei der LED immer ein gewisses Spannungsverhältnis zwischen Effizienz, Lichtqualität und Preis. Letztlich ist es Ihre Entscheidung, wie Sie sich als Händler hier positionieren wollen.“
Fotos: Zumtobel (1), Schoplick / EHI (6)