Neue Logik für die Logistik | stores+shops

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Der Paketkasten ist wie ein vergrößerter Briefkasten. Der Paketbote kann hier sowohl Pakete anliefern als auch Pakete abholen, die die Kundin vorher dort eingeschlossen hat. (Foto: DHL)

Neue Logik für die Logistik

Schnell, korrekt und kostengünstig liefern, außerdem die Retouren minimieren – für Versandhändler und Pure-Online-Player das Herzstück ihres Business. Diesen Aufgaben müssen sich auch aus dem stationären Bereich kommende Multichannel-Händler stellen.

Seinen Jungfernflug hat der „Paketkopter“ schon absolviert. Die von DHL Paket gemeinsam mit dem DHL Innovation Center entwickelte Drohne lieferte ein Päckchen von der rechten Bonner Rheinseite über den Fluss in die linksrheinische Konzernzentrale aus. „Weit mehr als eine Spielerei – die Technologie entwickelt sich mit einer exponentiell steigenden Geschwindigkeit, was Kosten-Degression und Leistungsfähigkeit betrifft“, sagt Andrej Busch, CEO von DHL Parcel Europe. Busch kann sich gut vorstellen, dass Drohnen künftig besonders eilige Kleinteile wie etwa Medikamente transportieren oder besonders abgelegene Gebiete, zum Beispiel Halligen beliefern.

Mit „Delivery at Car“ wird in Schweden eine weitere logistische Innovation getestet: Eine vom Autohersteller Volvo entwickelte App auf dem Smartphone oder Tablet kündigt dem Kunden eine Lieferung an, die er bestätigen muss. Daraufhin kann ein Bote mit einem speziellen codierten Schlüssel das zum Beispiel am Arbeitsplatz abgestellte Auto einmalig öffnen und das Paket hineinlegen. Danach erlischt der Schlüsselcode.

Temperierte Packstationen

Drohnen als Transportgerät und Privatautos als Packstation sind noch Zukunftsmusik. Weil aber die Logistik-Dienstleister höchst interessiert daran sind, dass das (Online-) Versandgeschäft auch weiterhin boomt, arbeiten sie ständig an neuen Konzepten, um die Lieferzeiten zu verkürzen und die Liefersicherheit zu erhöhen – also dafür zu sorgen, dass die Ware ihren Adressaten direkt und/oder möglichst bequem erreicht.

Die Alternative ist die Packstation. (Foto: DHL)

Die Alternative ist die Packstation. (Foto: DHL)

Ein Ansatzpunkt dafür sind Packstationen. Die Deutsche Post-Tochter DHL Paket zum Beispiel will bis Ende des Jahres insgesamt rund 3.000 Stationen an zentralen Standorten wie Bahnhöfen anbieten, an denen die Kunden ihre Lieferungen abholen können. Außerdem will sie die Verbraucher dazu bewegen, Paketkästen zu mieten oder zu kaufen und vor dem Haus aufzustellen. Packstationen gibt es inzwischen auch für Lebensmittel. Auf der EuroShop 2014 stellte die Münchner Firma Coldboxes eine temperierte Abholstation vor, in der Tiefkühl-Produkte gelagert werden können.

Mit solchen Lösungen soll die Quote nicht zustellbarer Sendungen reduziert und die Kundenzufriedenheit erhöht werden. Diesem Ziel dienen auch die Bemühungen von DHL, DPD, UPS, GLS, Hermes und anderen, künftig möglichst flächendeckend Zeitfenster von 1-2 Stunden für die Lieferung angeben zu können.

Für den Onlinehandel ist Liefersicherheit und Lieferschnelligkeit von essenzieller Bedeutung. Experten schätzen, dass die Onlineshops in Deutschland allein im letzten Weihnachtsgeschäft rund 760 Mio. Euro Umsatz verloren haben, weil die Konsumenten ihrem Last-Minute-Lieferversprechen nicht vertrauten und, statt noch am 22. oder 23. Dezember zu bestellen, lieber stationär eingekauft haben.

Aber auch während des Jahres sind die Händler daran interessiert, die Lieferzeiten zu verkürzen. Aus Kostengründen verschicken momentan noch über 90 Prozent der Onlinehändler per Standardpaketversand und mit einer Lieferzeit von 2-3 Tagen. Lediglich ein Viertel der Anbieter hat die Express-Lieferung am nächsten Tag im Angebot. Same Day Delivery, also die Lieferung noch am Tag der Bestellung, bieten nur 2,8 Prozent der Händler an.

Hausaufgaben für den Handel

Naturgemäß wollen vor allem Händler aus den Branchen Lebensmittel und Getränke, aber auch aus der Consumer-Electronics-Branche künftig verstärkt auf die taggleiche Lieferung setzen. Doch auch Online-Händler aus anderen Sortimentsbereichen setzen verstärkt auf schnellere Lieferzeiten. Sie sehen in diesen eine Möglichkeit, die Retourenquoten zu senken. „Wenn ein Kunde lange auf bestellte Ware warten muss, überlegt er sich den Kauf möglicherweise noch einmal, und die Wahrscheinlichkeit der Rücksendung steigt“, so Marco Atzberger, Geschäftsleitung EHI.

Um Schnelligkeit zu garantieren, muss aber auch der Handel seine Hausaufgaben machen, indem er die Ware umgehend zur Auslieferung bereitstellt. Insbesondere Multichannel-Händler, die aus dem stationären Bereich stammen, stehen damit vor der Herausforderung, Lager und Logistik für den alten und den neuen Kanal integriert zu organisieren. 41 Prozent der Händler verzichten (noch) darauf und betreiben ein separates Lager ausschließlich für den Online-Vertrieb – so eine Erkenntnis der Trendstudie „Handelslogistik 2014“, die das EHI gemeinsam mit dem Fraunhofer IML durchgeführt hat. 35 Prozent bedienen Versand und stationäre Filialen aus einem einzigen Lager.

Retouren im Griff

Ihre Kür allerdings absolvieren Multichannel-Händler dann, wenn die Bestände in den Filialen mit in das System eingebunden sind. Denn dies hat wesentliche Vorteile. Einerseits kann Ware, die im Lager nicht mehr vorhanden ist, aus der Filiale für den Versand gepickt werden. Andererseits lassen sich auf allen Kanälen Out-of-Stock-Situationen vermeiden, weil die integrierte Organisation der Logistik für den ständigen Bestandsabgleich zwischen Filialen, Lager und Versand sorgt. 21 Prozent der im Rahmen der Studie befragten Händler geben an, ihren Online-Vertrieb sowohl aus dem Lager als auch aus den stationären Filialen kommissionieren zu können.

Als weitere wesentliche Herausforderung müssen Multichannel-Händler die Retouren in den Griff bekommen. Pure-Online-Player praktizieren die versandkostenfreie Rücknahme, und dieser Usance können sich andere Mitspieler aus Wettbewerbsgründen kaum entziehen. 71 Prozent der in der EHI-Studie befragten Händler übernehmen grundsätzlich die Versandkosten für Rücksendungen, ihre Retourenquote liegt bei durchschnittlich 17 Prozent.

„Schneller Versand, robuste Verpackung, ausführliche Produktbeschreibungen und hervorragende Produktbilder im Webshop“ – dies sind für Thomas Kempcke, Leiter des Forschungsbereichs Logistik im EHI, die wesentlichen Ansatzpunkte zur Retouren-Reduktion. Einen weiteren, eher  unkonventionellen Weg geht die Otto Group: Sie bietet Kunden, die ihre Ware nicht zurückgehen lassen, eine Gutschrift von drei Euro für den nächsten Einkauf.  

Fotos: DHL

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