Die neue Freiheit | stores+shops

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Fassade des Aldi-Markts im Minto in Mönchengladbach (Foto: www.interior-photography.com)

Die neue Freiheit

Fantasievolle Fassaden lösen allmählich die center-typischen Standardformate ab. Neue Gestaltungsspielräume reformieren die Innenarchitektur-Konzepte der Shopping-Center und werden zum strategischen Argument.

Wer in den Flagshipstore der Marke Superdry in der Frankfurter My Zeil tritt, erfährt hautnah eine Verwandlung. Wie vom Center-Umfeld abgekoppelt betritt der Kunde eine separierte Markenwelt. Die massiven Warenträger aus dunklem Holz und schweren Metallträgern streben nach oben in das tiefdunkle Nichts einer schwarz gestrichenen Decke ohne Verkleidung und Abhängung. Der hohe Raum wirkt kathedralenartig und alles andere als „gedeckelt“, wie in vielen Centern üblich.

„Das frühere Galerie- und Arkaden-Konzept folgte dem Prinzip völlig gleichgeschalteter Außen-Auftritte. Man regierte früher sogar in die Mietflächen hinein, zum Beispiel wurde der Fußbodenbelag von den Ladenstraßen in die Retail-Flächen hineingelegt“, erläutert Richard Wörösch, Managing Director bei Schwitzke & Partner. Mit den Hollister-Filialen, die vor rund 5 Jahren begannen, ihr Strandhütten-Storedesign in die hiesigen Center zu bauen, begann ein Umdenken.

Über zwei Etagen und mit echtem Moos besetzt ist die Highlight-Fassade des Liebeskind-Stores im Minto in Mönchengladbach. (Foto: UR Germany / Alina Cara Tobi)

Über zwei Etagen und mit echtem Moos besetzt ist die Highlight-Fassade des Liebeskind-Stores im Minto in Mönchengladbach. (Foto: UR Germany / Alina Cara Tobi)

Auch die Pasing-Arcaden, die von Schwitzke & Partner eine abwechslungsreiche Innenarchitektur aus geschlossenen Fassaden, Vor- und Rücksprüngen, offenen Fassaden mit Kundendurchlauf und Vitrinenelementen bekamen, gehören zu den frühen Vertretern, die die vorher gültigen Gestaltungsstandards außer Kraft setzten. „Wir haben in den Pasing-Arcaden gelernt, dass Mieter eine Freiheit in der Fassadengestaltung nicht nur in der Achse, sondern auch in der Tiefe des Raums gern annehmen“, sagt Unibail-Rodamco Germany-Vorstandsmitglied Ulrich Wölfer.

Adäquates Markenumfeld, Lage, wertige Gesamtpräsentation und schließlich weitgehende Freiheit in der Storegestaltung führten dazu, dass die Fashion-Marke Marc Cain in der Mall of Berlin einen Store eröffnete, obwohl sich das Unternehmen ansonsten fast ausschließlich in 1-er-City-Lagen niederlässt. „Die Darstellung in der Mall of Berlin entspricht dem Auftritt eines Standalone-Stores“, erläutert Norbert Lock, Managing Director Retail bei Marc Cain. Die Mall of Berlin, die im vergangenen Jahr mit bis auf den Türknauf ausgefeiltem Design-Konzept an den Start ging, ließ ihren Mietern trotz des ausgeprägten eigenen Brandings Spielraum in der Gestaltung. Strenge Gestaltungsrichtlinien können sich für potenzielle Mieter als unüberwindbare Hindernisse erweisen, wie Tatjana Haag, Abteilungsleiterin Interior Design bei Marc Cain, erläutert: „Im Hinblick auf das Design können die allgemeinen Vorschriften der Malls gegen die CI von Marc Cain verstoßen. Das kann zum Beispiel die Positionierung und Aufhängungsmethode des Logos sein, aber auch so konzeptentscheidende Dinge wie Bodenbelag oder Deckengestaltung. Manchmal muss ein gewisser Prozentsatz an Decke offen sein, um dem Brandschutz zu entsprechen. Das entspricht nicht dem Storedesign von Marc Cain.“

Unüberwindbare Hindernisse

In Berlin änderte das Unternehmen das Standard-Design des mallseitigen Eingangs leicht ab. Haag: „Es blieb bei einer Ganzglasfassade, wir haben in diese jedoch einen Rahmen um die Doppeltür bauen lassen, wie ein auf dem Kopf stehendes U. Dieser Rahmen nimmt farblich Bezug auf unser Storekonzept. Außerdem konnten wir dadurch das Marc Cain-Logo direkt über dem Eingang platzieren und dabei auf eine unattraktive sichtbare Unterkonstruktion verzichten.“ Der Rahmen hilft auch, den Eingang für die Kunden deutlicher zu machen. Da auf Schaufensterrückwände verzichtet wurde, erscheint die Front zur Mall sehr offen.

Neuere Center wie das Palais Vest in Recklinghausen oder das noch in der Fertigstellung befindliche Aquis Plaza in Aachen integrieren verstärkt zweietagige Fassaden in ihr Architektur-Konzept. Diese erinnern an traditionelle Häuserfronten und unterstreichen den Eindruck urbaner Marktplätze.

Im Minto in Mönchengladbach geht die Innenarchitektur noch einen Schritt weiter. Fünf „Highlight-Fassaden“, etagenübergreifende Design-Fassadentypen, wurden von Unibail-Rodamco Germany bzw. dem beauftragten Düsseldorfer Kreativstudio KPlus Konzept entwickelt. Vollkommen unterschiedlich in Materialität und Formgebung, sind sie unterlegt mit Soundeffekten, geben zarten Duft ab, taktile und visuelle Reize. Das Ziel: Dem Kunden ein multisensorisches Einkaufserlebnis zu bescheren. Die Fassade „Green Point“ zum Beispiel, die die Ladenfront der Marke Liebeskind ziert, besteht aus echten Pflanzen und Grasflächen. Sie verströmt einen frischen Duft vor einer Klangkulisse aus Vogelgezwitscher und Wind. Durch die „Fluid Flow“-Fassade fließen ähnlich einer Lava-Lampe farbenfrohe, organische Blasen, während aus dem Hintergrund ein Blubbern dazu ertönt.

Lässt sich die neue Freiheit der Store- bzw. Fassadengestaltung mit den immer konsistenteren Dachmarkenstrategien der modernen Center vereinbaren? Zumindest muss ein deutlich erhöhter Koordinierungs-, Design- und Abstimmungsaufwand zwischen Center- und Marken-Design in der Planung hingenommen und berücksichtigt werden, betonen verschiedene Innenarchitekten. Dennoch unverzichtbar, meint Richard Wörösch: „Die Center entwickeln Strategien, um auch in Zukunft Relevanz beim Kunden zu erzielen. Zu einem guten Branding gehören ein attraktives Portfolio, ein guter Service und die Aufenthaltsqualität. Aufwändige Fassaden sorgen für Abwechslung und Aufenthaltsqualität.“

Fotos (2): www.interior-photography.com (1), UR Germany / Alina Cara Tobi (1)

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