Kann ein klassischer Produzent auch Retail? Steffen Neumann, Inhaber der Müller & Meirer Lederwarenfabrik meint: „Wir werden vom Handel immer mehr in die Pflicht genommen, die üblichen Retail-Risiken mitzutragen. Daher ist uns als Produzent und Lieferant auch der Job auf der Fläche durchaus geläufig.“
Modische Taschen und Schuhe, Reisegepäck und Kleinlederwaren verschiedener namhafter Marken sowie eine Eigenmarke beschreiben das Produktportfolio von Müller & Meirer, einem in dritter Generation familiengeführten Lederwarenhersteller aus Kirn in Rheinland-Pfalz. Eben dieses gemischte Ensemble aus verschiedenen Lizenzmarken, Genres und Produkten, auch noch gender-übergreifend für Frauen und Männer, machte das Unternehmen zum Sortimentskonzept des eigenen neuen Retail-Auftritts in Wiesbaden.
Die auf den ersten Blick heterogene Mischung des Sortiments holt nach Neumanns Überzeugung die Kunden genau dort ab, wo sie sich befinden. Er betont: „Immer noch werden Konsumenten nach Typologien beurteilt und in Schubladen gesteckt. Aber die Kunden gehen heute viel entspannter mit Mode um, als man oft wahrhaben will. Tatsächlich kaufen Frauen Männertaschen, wenn Design, Produkt und Preis stimmen.“
Müller & Meirer
Adresse: Wiesbaden, Marktstr. 11
Unternehmen: Müller & Meirer Lederwarenfabrik GmbH
Größe: über 300 qm
Storekonzept: Inhouse / Architektur-Büro ZieglerBürg / Andreas Uebele
Ladenbau: Knoblauch, Markdorf
Fußboden: Pandomo
Anders als bei vielen anderen Fachhändlern zeigt der Store die Kollektionen breit und beschränkt sich dabei weniger auf die Basics, sondern fokussiert im Gegenteil die Highlights und modischen Spitzen der einzelnen Kollektionen. Also auch solche Produkte, an die sich mancher Fachhändler oft nur zögerlich oder gar nicht heranwagt. Denn: Man möchte nicht nur den Bedarf des Kunden decken, sondern ihn stimulieren. Demzufolge dient der Store dem Unternehmen auch als „Testlabor“: „Ob für neue Shop-Module, Präsentationshilfen oder Marketing-Maßnahmen – hier können wir auf eigenes Risiko Neues testen und die erfolgreichen Konzepte unseren Partnern anbieten“, sagt Sandra Scherr, Head of Sales DACH bei Müller & Meirer.
Modische Spitzen
Den Innenraum des Stores kleidet eine „Hülle“ aus einem Holzverbundwerkstoff aus. Der Verbundwerkstoff ist nicht lackiert, sondern geölt, um ihm eine natürliche Haptik zu geben. Blenden aus poliertem Edelstahl an den Warenträgern setzen diskrete Akzente.

Das Sortiment fokussiert weniger auf Klassiker und mehr auf die modischen Spitzen. (Foto: Müller & Meirer)
Logos und Displays sind aus weißem Corian gefertigt. Die Fräsungen der Rückwände, nahtlose Fassaden- und Spiegelflächen und die Präzision der Fasen an den Möbeln sollen den handwerklichen Aspekt des produzierenden Unternehmens widerspiegeln. Ein nahtloser mineralischer Fußboden auf Zementbasis in einer hellen Grau-Nuance bildet die Basis des Verkaufsraums. „Da wir uns bei unseren Produkten mit authentischen Materialien auseinandersetzen und unsere Grundwerte stark mit unserer ländlichen Herkunft verbunden sind, haben wir Wert auf authentische und ehrliche Materialien gelegt“, sagt Meike Seitz, Kreativchefin und Head of Product Management.
Der Store verzichtet komplett auf Deko-Material und jede Art von Visual Merchandising. Um die Innenausstattung dabei nicht zu nüchtern oder unterkühlt erscheinen zu lassen, wurden an der Decke farbenfrohe, heitere Störfeuer gezündet: Deckengrafiken mit Feen, Zwergen und Motiven aus Flora und Fauna nehmen Bezug auf die „wildromantische Ursprünglichkeit“ des Hunsrück, an dessen südlichem Rand der Unternehmensstandort liegt. Die Grafiken wurden mit Textilien auf 1,80 m x 1,80 m große dimmbare LED-Boxen gespannt. Mit den Strahlern auf derselben Lichtebene tauchen sie den Store in ein warmes Licht, während die Strahler die Brillanz der Produktoberflächen hervorheben. Die Grafiken dieser hinterleuchteten „Deckenmalerei“ finden sich auf Geschenkpapier, Rückwand-Reliefs und Web-Auftritt wieder.
Fotos (3): Müller & Meirer
Weitere Informationen: www.mueller-und-meirer.com