Christiane Pfundt, Inhaberin des Fashion-Stores mit eco-fairem Modesortiment, hatte genaue Vorstellungen von ihrem neuen „Grünschnabel“-Store: Damit möchte sie das Konzept – bestehend aus einem Stadtviertelladen und einem Online-Shop – lokal auf eine breitenwirksame sowie repräsentative Stufe heben. Schick, aber nicht überzogen soll die Verkaufsfläche wirken und mit eindeutigem Themenbezug, aber frei von „Bio-Altlasten“ punkten: „Ein Laden, der vor allem Lifestyle und Fashion und nicht die überkommenen Öko-Klischees transportiert“, meint Pfundt und fügt hinzu: „…und der nicht elitär, sondern einladend rüberkommt. Wir sind hier ja nicht in Mailand, sondern im Zentrum von Leipzig und wollen eine Wohlfühl-Atmosphäre, die die Allgemeinheit anspricht.“ Das Interior Design, das von der Agentur Kultobjekt aus Dresden entwickelt und zur Eröffnung am 21. November 2015 realisiert wurde, zeugt daher von einem hohen Individualisierungsgrad.
Die Natur ist Impulsgeber, Holz das Schlüsselelement: Echte Eichendielen auf dem Boden sollen die warme Ausstrahlung des insgesamt 209 qm großen Verkaufsraums mit fünf raumhohen Rundbogen-Fenstern verstärken. Eine aus gemischtem Alt- und Restholz zusammengefügte Wandverkleidung als Hingucker verweist auf den gestalterischen Reiz von „Upcycling“. Für die Tapeten an den anderen Wänden wurden Altpapier und -kleider verwendet.
Der Warenpräsentation dienen mobile Rollcontainer – wortspielerisch „Systainer“ genannt –, die aus Grobspanplatten gebaut sind. Deren immer etwas provisorisch wirkender Raw-Look wurde durch Feinschliff und weiße Lasur optisch und haptisch veredelt: Wie auch Wandpaneele und Tischflächen, die derb und sägerau aussehen, entpuppen sie sich mit ihren feinen Oberflächen als wahre „Handschmeichler“. Im Store wird bewusst mit den Sinneseindrücken gespielt. „Damit wollen wir signalisieren, dass sich mit ehrlichen, einfachen Baustoffen durchaus ein Komfortgewinn erzielen lässt. Erforderlich ist dazu eine hingebungsvolle und aufmerksame Bearbeitung der Materialien, wie sie nur manufakturiert erfolgen kann“, erläutert Jens Fischer, CEO und Creative Director bei Kultobjekt.

Das „Grünschnabel“-Konzept richtet sich an kritische Konsumenten, die in Bangladesh o.ä. produzierte Billig-Mode ablehnen und auf faire Produktionsmethoden achten.
Die rollbaren „Systainer“ wurden mit echten Birkenstämmen personalisiert: Hier und dort ersetzt ein Ast die klassische Kleiderstange, seitlich sind zierliche Halter mit iPads angebracht, die den Link zum Online-Shop herstellen. Bevölkert wird der Laden durch immer wieder auftauchende „Grünschnäbel“ in Form von Keramik- und Holzplastiken, die den Vogel des Logos symbolisieren. Fischer ließ sie in einer Dresdner Behinderten-Werkstatt anfertigen. Hängeleuchten wurden mit Ästen und Moos zu Vogelnestern umfunktioniert, ein Insektenhotel dekoriert die Umkleidekabinen. Wandspiegel sind mit Lehm umkleidet, Bilder an der Wand mit Rahmen aus Jute. Viele verschiedene, historisierende Lapen mit sichtbaren Leuchtfäden sorgen für eine Spur „Industrial Look“, der mit den Loft-artigen Fenstern korrespondiert. Ebenfalls einen Touch modernen Werkstatt-Charmes besitzt das für den Standort konstruierte „Jeans-Karussell“: Ähnlich einem drehbaren Aktenschrank stapeln sich Jeans in dem in Stufen drehbaren Metall-Regal von ca. 2,5 m Durchmesser, das zur Hälfte in der Wand zwischen Verkaufsraum und Lager verschwindet.
Grünschnabel, Leipzig
Adresse:: Nikolaistraße 20, 04109 Leipzig
Storekonzept / Realisation:: Kultobjekt, Dresden
Verkaufsfläche:: 209 qm (plus Online-Shop)
Eröffnung:: 21. November 2015
Der Oelßner´s Hof an der Nikolaistraße im Zentrum von Leipzig ist einer der größten der typischen Leipziger Höfe und Passagen, die vor oder um 1900 entstanden sind. Einst Mittelpunkt des Leipziger Pelzzentrums stand die Passage in den vergangenen Jahren weitgehend leer, doch im Jahr 2003 kaufte Claus Sauter das Objekt. Der Geschäftsführer der Oelßner’s Hof GmbH & Co. KG sowie Vorstandsvorsitzender der Vereinigte Bio Energie AG (Verbio) plante ein Gesamtpaket aus Gewerbe, Büro und Wohnraum auf den 25.000 qm Grundfläche. 2012 begannen Umbau- und Sanierungsmaßnahmen, 2015 bezog die Verwaltung der Verbio AG (Hersteller und Anbieter von Biokraftstoffen) als erste Mieterin die Räumlichkeiten der Passage. Verbio bildet den Mittelpunkt des Nachhaltigkeitsgedankens, der die Mieter der Passage vereint. Neben dem „Grünschnabel“-Store befinden sich ein Supermarkt, ein Praxis- und Seminarzentrum, Restaurants und eine Bar als weitere Mieter in der Passage.
Fotos (5): Kultobjekt / Daniel Nötzold
Weitere Informationen: www.gruenschnabel-shop.de und www.kultobjekt.info