Auch wenn RFID, Self-Checkout, Mobile Payment & Co. spannende Themen für die IT-Entscheider sind – strategisch gesehen sind es nach wie vor oftmals die „Dauerbrenner“ Warenwirtschaft und Kasse, die hohe Priorität genießen.

Die Hausaufgaben sind gemacht – nun konzentriert man sich auf die Schärfung des eigenen Profils und die gezielte Kunden-
ansprache. So könnte man die Strategie der meisten Handelsunternehmen seit der letzten Studie 2009 zusammenfassen. Während Basis-Arbeiten wie die Konsolidierung des Zentralsystems, der Ausbau der BI, die Lieferanten-Anbindung und die WWS-Optimierung im Schnitt jeweils um ein Drittel zurückgefahren wurden, sollen im selben Maße die Merchandise-Planung optimiert und Multi-Channel-Aktivitäten ausgebaut werden. Neu auf der Tagesordnung ist das Thema Kunden-Integration, dies hat bereits knapp ein Fünftel der Retailer auf der Agenda, bei den Slow Movern sogar jeder Vierte. 29 Prozent der befragten Unternehmen beschäftigen sich mit der Erneuerung ihrer Warenwirtschaftssysteme. Dabei zeigen die Antworten, dass die Entscheidung für oder gegen ein Standardsystem bei den Händlern aus dem Bereich der Fast Moving Consumer Goods (FMCG) größtenteils gefallen ist. 78 Prozent setzen schon heute auf Standardsysteme, während 17 Prozent Eigenentwicklungen nutzen. Lediglich bei 5 Prozent, die zur Zeit eine Eigenentwicklung im Einsatz haben, steht die zukünftige Strategie noch nicht fest.  

Bei den übrigen, den Slow Moving Consumer Goods (SMCG) zuzurechnenden Unternehmen, die vor allem im Textilsektor tätig sind, fallen die Antworten heterogener aus. So planen 70 Prozent aller befragten Unternehmen, künftig auf Standardsysteme zu setzen. Heute setzen bereits 58 Prozent auf die Systeme „von der Stange“. Weitere 4 Prozent befinden sich noch in der Auswahl des Nachfolgesystems für ihre aktuell im Einsatz befindliche Eigenentwicklung. Die Erreichung eines höheren prozessualen und IT-Integrationsgrads möglichst über die gesamte Lieferkette ist eines, wenn nicht das treibende Thema der letzten Jahre.

Die Vertikalen wie H&M, Zara und Co. haben hier neue Benchmarks gesetzt und aufgezeigt, welche Synergiepotenziale, aber auch strategische Vorteile eine konsequente Lieferanten-Kollaboration bringt. Dementsprechend ist heute die große Mehrheit der Handelsunternehmen in ihren warenwirtschaftlichen Prozessen via EDI mit Ihren Lieferanten vernetzt. Nur jedes zehnte befragte Unternehmen outet sich heute noch als EDI-Verweigerer.

Multi-Channel-Ansatz

Darüber hinaus betreibt die Hälfte der Handelsunternehmen ein webbasiertes Lieferantenportal bzw. Extranet. Dort werden den Lieferanten Bestands- und/oder Abverkaufsdaten auf Filialebene entweder zur VMI-Abwicklung (Vendor Managed Inventory) von NOS-Ware (Never out of Stock) oder auch als marketingrelevante Paneldaten zur Verfügung gestellt. Andererseits können die Händler darüber Warenverfügbarkeit und artikelspezifische Informationen der Lieferanten abrufen.  

Der Auf- und Ausbau von E-Commerce-Aktivitäten ist im Einzelhandel generell von höchster strategischer Bedeutung. Knapp 30 Prozent der IT-Entscheider gehen davon aus, dass entsprechende Projekte in den nächsten Jahren eine herausragende Rolle spielen werden. Die nahtlose Verflechtung von stationärem Geschäft mit dem eigenen Online-Shop ist dabei in vielen Fällen bereits realisiert und soll, genauso wie die kanalübergreifende Auswertung von Kundendaten, künftig weiter perfektioniert werden.  

Obwohl in den letzten Jahren einiges investiert wurde in den Ausbau von Business-Intelligence-Systemen, nutzt lediglich ein Drittel der Handelsunternehmen die entsprechenden Analyseergebnisse für das Marketing, und ebenso viele sind der Meinung, diese Möglichkeiten noch lange nicht richtig ausgeschöpft zu haben.

Befragt wurden die IT-Experten auch nach ihrer Meinung zum Thema Green IT, das von den Dienstleistern in der Vergangen- heit oft in den Vordergrund gestellt wurde. Die Bedeutung des Themas Green IT ist und bleibt jedoch gering – zumal viele Interviewpartner Green IT nur mit Energieeffizienz gleichsetzen. Zentralseitig werden oft bereits seit Jahren alle Möglichkeiten wie Server/Desktop-Virtualisierung oder die Nutzung der Abluftwärme der Server ausgeschöpft. In den Filialen wird beim Wechsel von Hardware-Komponenten generell auf Energieeffizienz geachtet. Eigenständige Projekte, die rein dem Green IT-Gedanken geschuldet sind, sind die Ausnahme.  

Auch wenn es in der letzten Zeit etwas stiller wurde um RFID, gibt es doch einige Neuigkeiten. Ergänzend zu den ersten Anwendungen, die fast immer auf das Tagging von Paletten, Transportverpackungen u.Ä. beschränkt blieben, kommt nun der Einsatz auf Artikelebene langsam in Gang. Treiber ist hier die Textilbranche, die das Label von der Produktion bis in den Verkauf entlang der Supply Chain einsetzen möchte. Zusätzlich kann das Label auch als Diebstahlsicherung fungieren. So befinden sich über ein Drittel der Slow Mover in der Planung oder Umsetzung von RFID-Projekten, weitere 19 Prozent können sich den Einsatz von Funkchips durchaus vorstellen.  

Auf Filialseite stehen nach wie vor bei vielen Unternehmen kassenrelevante Themen ganz oben auf der Prioritätenskala. Im Zuge zunehmender internationaler Expansion, komplexer Anforderungen durch neue Funktionalitäten sowie einer weitreichenden Zentralisierung vieler Prozesse stoßen Firmen mit älteren Softwarelösungen oft an technologische und organisatorische Grenzen. So planen 29 Prozent der Studien-Teilnehmer, in naher Zukunft ihre Kassensoftware zu erneuern, weitere 8 Prozent stehen vor einem umfassenden Software-Release-Wechsel. Rund 31 Prozent werden kurz- bis mittelfristig auch den Austausch der Kassenhardware in Angriff nehmen.

Sortimentssteuerung

Grundsätzlich ist zu konstatieren, dass der Verbraucher durch Bankautomaten, Self-Check-in am Flughafen oder Bankautomaten an Tankstellen mittlerweile daran gewöhnt ist, zunehmend selber Tätigkeiten zu übernehmen, die ihm früher in Bedienung angeboten wurden. Spannend bleibt es daher das Thema Self-Service-Technologien im deutschsprachigen Handel. Die Experimentierphase ist bei vielen Studien-Teilnehmern abgeschlossen. Die Erkenntnis, welche Einsatzgebiete sinnvoll sind und von den Kunden akzeptiert werden, ist nach ausgiebigen Tests weitgehend vorhanden.  

Knapp 24 Prozent der befragten Unternehmen setzen in ihren Filialen Self-Checkout oder Self-Scanning-Systeme ein, sind in der Projektphase oder planen Investitionen in dieser Richtung. Demgegenüber stehen 70 Prozent, die der Meinung sind, dass diese Lösungen für ihr Geschäftsmodell nicht relevant sind sowie weitere 6 Prozent, die Pilotinstallationen nach unbefriedigenden Tests wieder abgebaut haben.

Foto: Georg Lukas

IT-Budgets im deutschprachigen Handel

  • Im Durchschnitt liegen die IT-Budgets bei 1,12 % vom Nettoumsatz
  • Kleinster Wert ist 0,3 %
  • Maximalwert ist 3,5 %
  • Insgesamt geben die befragten Unternehmen ca. 2,3 Mrd. EUR für ihre IT aus 

Persönliche Interviews als Basis

An der EHI-Studie „IT Trends im Handel“ nahmen IT-Entscheider aus 81 Handelsunternehmen in Deutschland, Österreich und der Schweiz teil. Dies ist die größte Zahl an Interviewpartnern seit Beginn der EHI-IT-Studie. 36 Unternehmen gehören der Kategorie der Fast Moving Consumer Goods (FMCG) an, 45 Unternehmen der Kategorie der Slow Moving Consumer Goods (SMCG). Während FMCG durch eine hohe Lagerumschlagsgeschwindigkeit von in der Regel wiederbeschaffbarer Ware gekennzeichnet sind, handelt es sich bei den SMCG überwiegend um Saisonware, die nicht identisch wiederbeschafft werden kann. SMCG verfügen über Einzelkassenplätze, FMCG über mehrere Kassen in der Checkout-Linie.

EHI Studie – IT-Trends im Handel 2011

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Weitere Informationen: www.ehi.org/gb/verlag/shop-seiten

Format: DIN A4; broschiert, ca. 36 Seiten

ISBN: 978-3-87257-365-0

Preis: 495,00 EUR inkl. MwSt Für EHI-Mitglieder kostenlos im Downloadbereich

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