Das Ideal des Schuhkartons | stores+shops

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Oft genug weichen Ladenflächen vom Ideal des Schuhkartons ab wie hier bei Mode Retzlaff in Pfaffenhofen. Weniger als 4 m breit ist das Geschäft an dieser Stelle, trotzdem finden Einbaumöbel und die Kasse Platz. (Foto: Konrad Knoblauch GmbH)

Das Ideal des Schuhkartons

Welche Grundrisse sind „von Haus aus“ positiv? Welche Store-Layouts sind warum erfolgreich und wie kreiert man sie? Und wie lassen sich suboptimal geschnittene Räume gestalterisch perfektionieren? Theoretische Grundlagen und Praxis-Beispiele.

Ein rechteckiger Grundriss in „Schuhkarton-Form“, wie es Ulrich Volp, Leiter Architektur beim Schuhfilialist Görtz aus Hamburg ausdrückt, ist erstrebenswert, da sind sich die meisten Planer einig. Dazu ein breiter Eingang, der von einer ebensolchen Schaufensterfront mit großen Fenstern links und rechts flankiert wird. Diese Wunschvorstellung haben viele, der Wettbewerb um die besten Standorte ist groß. Doch nicht jedes Gebäude weist Gardemaße im Sinne der Einzelhandels-Ansprüche auf.

Idealtypisch für dm sind rechteckige Fachmarkt-Zuschnitte (Foto: dm)

Idealtypisch für dm sind rechteckige Fachmarkt-Zuschnitte (Foto: dm)

Jochen M. Messerschmid, Inhaber des Stuttgarter Planungsbüros MAI Messerschmid, beruhigt: „Grundsätzlich kann auf Basis jedes Grundrisses ein spannender, gleichzeitig klar verständlicher Store in Szene gesetzt werden. Es dauert nur etwas länger in der Entwurfsphase und ist anspruchsvoller für den Planer.“ Ähnlich sieht es die Innenarchitektin Ronja Stenner, Fachtrainerin der Kölner The Retail Academy, die regelmäßig das Seminar „Grundrisse, die verführen“ veranstaltet. Stenners Erfahrung ist sogar: „In vielen Fällen kann aus der Not eine Tugend gemacht werden.“

Standardmäßige Abfolge

Bevor es um die geeigneten Mittel, Tipps und Tricks geht, zurück zum Ideal. Warum werden rechteckige oder zumindest quadratische Grundrisse bevorzugt? „Weil sie ausgewogen sind“, erklärt Ina Lambertz, Feng-Shui-Beraterin aus Köln. „Ein Grundriss in L-Form beispielsweise weist Fehlstellen auf, die es gestalterisch geschickt auszugleichen gilt.“ Während es bei Ina Lambertz um eine energetische Betrachtungsweise und die Harmonisierung des Menschen mit seiner Umgebung geht, ist die Sicht bei der Drogeriemarktkette dm stärker Ladendesign-orientiert. Christine Lentze, die die Bereichsverantwortung Facility Management und Ladendesign innehat, erklärt: „Für uns ist ein rechteckiger Grundriss ideal, weil dann das dm-Ladenkonzept mit unseren Prämissen umgesetzt werden kann. Wir können die Sortimentsabfolge inklusive der Sortiments-Landmarken, das sind markante thematische Orientierungspunkte, optimal umsetzen. Die standardmäßige Abfolge gewährleistet eine gute Orientierung und Wiedererkennung für unsere Kunden. Ebenso können wir großzügige Gangbreite sowie eine Nebenraumanordnung der Lager- und Mitarbeiterräume realisieren, die den Filialablauf optimal unterstützen.“

dm in Knielingen: Sortimentsschwerpunkte wie hier die dekorative Kosmetik lassen sich auf rechteckigem Grundriss idealtypisch umsetzen. (Foto: dm)

dm in Knielingen: Sortimentsschwerpunkte wie hier die dekorative Kosmetik lassen sich auf rechteckigem Grundriss idealtypisch umsetzen. (Foto: dm)

Die Erschließung der Verkaufsfläche und nicht zu vergessen der Nebenräume ist ein zentrales Thema. Gerade auch im Schuhhandel sind die Nebenräume wichtig. Je nach Präsentationsart befinden sich dann der zweite Schuh oder die verschiedenen Größen im Lager, und die Instore-Logistik wird zum Kriterium der Zufriedenheit von Kunden und Mitarbeitern. „Wir bevorzugen das Lager hinter oder seitlich neben der Verkaufsfläche auf derselben Ebene. Vertretbar ist es für uns auch noch, wenn sich das Lager in der Etage darüber oder darunter befindet, zwingend ist dann allerdings ein direkter Zugang über einen Warenförderer oder Paternoster-Aufzug“, berichtet Ulrich Volp von Görtz. „Diese Lösung haben wir häufig, was nicht zuletzt in den Mietpreisen begründet ist, denn Erdgeschoss-Flächen sind meistens teurer.“  

Die Erschließung der Verkaufsfläche, die am Eingang beginnt, ist entscheidend. Im Feng Shui wird der Eingang, so Ina Lambertz, als „Mund des Chi“ bezeichnet. Er sollte die Menschen und das Chi, die Energie, förmlich in den Store hineinziehen. „Ein Pfeiler, ein Stromkasten vor dem Geschäft oder generell Enge wären kontraproduktiv“, beschreibt die Beraterin. Im Laden selbst soll das Chi dann mäandern wie ein Fluss, der in der Natur niemals gerade verläuft. „Die Kunden sollten den Raum überblicken können und dennoch Rückzugsmöglichkeiten haben. Die Mitte sollte möglichst frei bleiben, und tote Ecken sollten energetisch angehoben werden“, fasst Ina Lambertz die Anforderungen an das Store-Layout unter Feng-Shui-Gesichtspunkten zusammen. Sie erstellt für Häuser eine Art „Geburtshoroskop“, das Auskunft gibt, wo welcher Bereich positioniert sein sollte. An welchen Stellen lebende Energie eingesetzt werden könnte, etwa Springbrunnen oder Pflanzen, lässt sich ebenso berechnen wie die Lage der Kasse. „Wir haben diese kürzlich in einem Friseursalon umgestellt, bereits in der ersten Woche danach gab es einen markanten Aufschwung“, so Lambertz.

Große Flächen

Die Verantwortlichen des Filialisten Görtz treffen am liebsten große Flächen an, bei denen die Erschließung noch nicht vorgegeben ist und die sie selbst durch Raumteiler gliedern können. „Indem wir Rigipswände einziehen oder Rohbauwände verlängern, schaffen wir künstlich gewünschte Nischen, die wir nicht zuletzt zur Anbringung unserer Wandabwicklungen benötigen“, erläutert Ulrich Volp.

Der Biomarkt Vier Jahreszeiten in Bad Honnef-Rhöndorf wird zoniert durch vorhandene Stützen und Unterzüge. (Selina Pfruner/The Store Designers)

Der Biomarkt Vier Jahreszeiten in Bad Honnef-Rhöndorf wird zoniert durch vorhandene Stützen und Unterzüge. (Selina Pfruner/The Store Designers)

Doch „freie Bahn“ zu haben, ist natürlich nicht die Regel. „Dann ist es wichtig, mit dem Gebäude und dessen Struktur zusammenzuarbeiten und nicht dagegen“, rät Jochen M. Messerschmid – und hält es mit Michelangelo, der einst sagte: „Die Skulpturen waren immer schon da, ich habe sie nur vom unnötigen Stein befreit.“ Alle Gestaltungselemente, vereinfacht gesagt Boden, Wand und Decke inklusive Beleuchtung beziehungsweise natürlichem Lichteinfall, müssen zusammenspielen und eine Gesamtlösung ergeben. „Vielleicht muss man Wände entfernen, sie zu Stützen auflösen“, nennt Ronja Stenner von The Retail Academy eine mögliche Maßnahme und sagt auch: „Entscheidend ist, dass man das Store-Layout an die räumlichen Gegebenheiten anpasst und strategisch nutzt: Wie soll der Kunde laufen und an welcher Stelle auf welches Sortiment treffen? Welche Kernbotschaft soll vermittelt werden? Und wie gelingt es, den Kunden durch den ganzen Store zu führen?“

Dabei gilt es, Blickachsen und Wahrnehmbarkeitsgrenzen zu beachten. „Der Abstand zwischen Kundenweg und Rückwand sollte zum Beispiel nicht mehr als fünf bis sechs Meter betragen“, so die Empfehlung von Jochen M. Messerschmid. Auch Deckenhöhen sind ein Thema: „Diese sollten nicht höher als 3,60 Meter sein, aber auch nicht wesentlich niedriger, sonst stimmen die Proportionen nicht“, erläutert Ulrich Volp – der aber auch eine gewisse Kompromissbereitschaft in Abhängigkeit von den Aspekten Lage, Mietpreis und Investitionskosten eingesteht. „Insbesondere in Altstädten haben wir teils tiefe, schmale Läden, in München, Flensburg oder Lübeck beispielsweise.“ Wer dort präsent sein möchte, hat kaum eine andere Wahl. Schwierig in der Umsetzung, aber keineswegs selten anzutreffen sind überdies Flächen, die nur eine schmale Kontaktfläche zum Kunden an der Erschließungsseite aufweisen und nicht vermuten lassen, welche Größe sich dahinter verbirgt. „Dann müssen die Eingangsbereiche noch spannender gestaltet werden“, so Jochen M. Messerschmid.

Fotos: Konrad Knoblauch GmbH (1), dm (2), Selina Pfruner/The Store Designers (1)

Ideal ist ein rechteckiger Grundriss

Christine Lentze, Bereichsverantwortung Facility Management und Ladendesign bei der dm-Vermögensverwaltungsgesellschaft,
über Standortwahl und Layout-Umsetzung der dm-Drogeriemärkte.

Sie haben bei dm klar definierte Vorgaben zu Lage und Zuschnitt ihrer Ladenlokale. Zu welchen Zugeständnissen sind Sie bereit?

Unsere Experten der Expansion suchen grundsätzlich Immobilien, die dem gewünschten Flächenzuschnitt zumindest annähernd entsprechen. Sie weisen im besten Fall eine Rechteck-Form mit mindestens 400 qm Verkaufs- und 100 qm Nebenfläche in Innenstadt- bzw. Centerlage auf oder mindestens 500 qm ebenerdige Verkaufsfläche zuzüglich 120 qm Nebenfläche
in Fachmarktlagen. In guter Lage sind wir beim Grundrisszuschnitt flexibel und nehmen Herausforderungen in der Planung und Einrichtung gerne an.

Wie geht es konkret weiter, wenn Sie ein interessantes Objekt ausfindig gemacht haben?

Es findet ein Treffen zwischen dm und dem Vermieter oder Bauträger statt. Seitens dm beraten der Projektleiter Bau und der von dm beauftragte Architekt die weiteren Schritte. Die
Anforderungen an die Immobilie und die Qualität der auszuführenden Leistungen werden in der Baubeschreibung geregelt, außerdem werden darin die Verantwortlichkeiten der Leistungserbringung zwischen dem Mieter dm und dem Vermieter festgeschrieben.

Wie sieht das Procedere bei suboptimalen Flächenzuschnitten aus?

Beim Bau beziehungsweise Umbau eines dm-Marktes erbringt dm möglichst viel Eigenleistung. Die von uns beauftragten Handwerker kümmern sich um Boden, Decke, Schreiner- und Elektroarbeiten sowie die Haustechnik. Bei allen baulichen Maßnahmen setzen wir auf Experten aus den Bereichen Standortanalyse, Expansion, Bau, Kommunikation, Materialwirtschaft und Ladendesign. Dadurch ist es uns möglich, unsere Qualitätsstandards und die gewünschte Ausführung des Ladendesigns zu erreichen und gleichzeitig flexibel und individuell auf die Umgebung einzugehen.

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