Manch ein glühender Online-Fan mag dies anders sehen, doch der weitaus größte Teil der Umsätze wird auch künftig auf stationäre Geschäfte entfallen, die für viele Verbraucher weiterhin das größere Einkaufserlebnis bieten. Warum ist das so? Was erwarten Kunden beim Betreten eines Geschäfts? Welchen Mehrwert kann es gegenüber dem Online-Shopping bieten? Die Antwort ist kurz und prägnant: „touch and feel“ lautet die Erfolgsformel.
Was einst mit den sogenannten Concept Stores begann, hat sich heute nahezu branchenübergreifend durchgesetzt: Die Überwindung traditioneller Categories und ihre Präsentation in einem ganz neuen Kontext. Warenpräsentationen sind heute mehr denn je Lifestyle-Präsentationen, die in der Zusammenstellung von Produkten, Marken oder Outfits immer spitzer auf die jeweilige Kundengruppe zugeschnitten werden.
Trendwaren und Outfits werden mit unterschiedlichen, zum Teil sehr persönlich anmutenden Einrichtungsgegenständen kombiniert. Häufig werden auch Alltagsobjekte verwendet, zum Beispiel Weinkisten, alte Holztüren, Schränke, Koffer, Fahrräder, Werkzeuge u. Ä., die in überarbeiteter Form als Warenträger oder zur Dekoration genutzt werden oder einen lokalen Bezug herstellen. Materialien erzählen eine Geschichte rund um Marke, Produkt oder Standort. Diese emotional ansprechenden Warenpräsentationen sind es, die beim den Kunden den Wunsch erwecken können, Produkte anzufassen und auszuprobieren.
Wohnliche Verkaufsräume
Insbesondere im Fashion-Bereich erinnern viele in jüngerer Vergangenheit neu eröffnete Läden mehr an Wohnräume als an Geschäfte. Vor allem dann, wenn die Präsentation der Waren in einzelnen, separaten Räumen erfolgt. Das Grundthema wird jeweils variiert, so wie sich auch Menschen unterschiedlich einrichten. Diesem Trend entsprechend sind im Textilhandel und im Warenhaus Muster-Tapeten als Wanddekoration stark gefragt. Oder aber es werden unterschiedliche Materialien und Designs für die Wandgestaltung miteinander kombiniert, beispielsweise ein Mix aus Tapeten (teilweise auch aus verschiedenen Materialien), aufgeklebten oder aufgemalten Grafiken und dreidimensionalen Deko-Objekten.
Ladenbausysteme von hoher Modularität bilden zwar auch weiterhin die Basis dieser Einrichtungskonzepte, allerdings mit weiter steigenden Ansprüchen des Handels an die Variabilität von Regal- und Bestückungs-Systemen für ein hochflexibles Merchandising. Gleichzeitig aber hat sich der Anteil individueller Einrichtungselemente weiter erhöht, so die Ergebnisse aus dem aktuellen „EHI Laden-Monitor“, für den das EHI Retail Institute erneut ausführliche Interviews mit den Leitern der Ladenbau- und Einrichtungsabteilungen von 50 der größten Handelsunternehmen (in D-A-CH) geführt hat. Die im dreijährigen Turnus durchgeführte Studie liefert Erkenntnisse zu den Trends in der Ladengestaltung, zu Planungs- und Beschaffungsstrukturen, Investitionen und zu Auswirkungen neuer Multichannel-Konzepte auf die Ladenplanung.
Nach den Ergebnissen dieser Studie hat der Trend zu mehr Individualität statt Uniformität in der Ladengestaltung inzwischen nahezu alle Branchen und alle Formen von Warenträgern erfasst: Regale, Midshop-Möbel und insbesondere Verkaufsmodule, beispielsweise für Spezialitäten im Food-Handel, Accessoires im Textilhandel oder Fachsortimente im Baumarkt. Ansätze zu einer stärker emotionalen Warenpräsentation in Themenwelten und eher lösungsorientierten Shop-in-Shops haben sich allerdings in Baumärkten nicht in dem Maße durchgesetzt, wie dies zunächst zu erwarten war. Dagegen folgen im Textilhandel inzwischen auch preisorientierte Filialisten dem Trend zu mehr Midshop-Präsentationen und damit einer kleinteiligen Warenpräsentation.
Steigender Investitionsbedarf
Auch im Textileinzelhandel ist dieser Trend zur Individualisierung nicht ohne Auswirkungen auf die Einrichtungskosten geblieben. Die Investitionen liegen hier nach Aussagen der EHI-Gesprächspartner um das 2,5-fache höher als bei der ausschließlichen Verwendung von herkömmlichen Ladenbausystemen. Analog dazu ist die Nachfrage nach hochwertigen, natürlichen Materialien für die Gestaltung von Boden, Wänden oder Decke gestiegen. Die durchschnittlichen Kosten für die Neueinrichtung eines Fachgeschäfts aus dem Textil-, Schuh- und Sportfachhandel liegen jetzt bei 497 Euro pro Quadratmeter Verkaufsfläche. Wie sich Investitionskennziffern in ausgewählten Branchen des Nonfood-Handels in den Jahren 2005-2013 verändert haben, zeigt eine Grafik unter handelsdaten.de: http://www.handelsdaten.de/statistik/daten/studie/164838/umfrage/ladenplanung-und-einrichtung-investitionen-im-einzelhandel-2005-2007-und-2010-nach-betriebsformen/
Rund ein Viertel (24 Prozent) an den Sachkosten eines Textilgeschäfts machen aktuell die Ausgaben für die Beleuchtung aus, die eine herausragende Bedeutung für die Wareninszenierung und Aufenthaltsqualität der Kunden hat. Der Rückgang der Einrichtungskosten bei den Drogeriemärkten erklärt sich in erster Linie durch die Tendenz zu größeren Verkaufsflächen und damit verbunden einer stärkeren Unterscheidung in der Ausstattung von Fachmarkt- und Innenstadt-Standorten – bei unverändertem, hochstandardisiertem Grundkonzept.
Insgesamt zeigen die Ergebnisse des EHI Laden-Monitors 2014, dass sich der Trend zu einer deutlichen Aufwertung der Ladenflächen weiter fortsetzt – bei einer gleichzeitigen Verkürzung der Renovierungszyklen im Durchschnitt aller Branchen von 9 auf 7,8 Jahre innerhalb des letzten Jahrzehnts. Je nach Branche beträgt die Beschleunigung der Renovierungszyklen zwischen 10 und 15 Prozent. Teilrenovierungen werden in immer kürzeren Zeitabständen vorgenommen. Store-Design und Visual Merchandising bleiben für die Planung moderner Ladenkonzepte, die alle Sinne der Kunden ansprechen, die Schlüsselfaktoren und werden künftig noch enger miteinander korrespondieren.
Erfolgreiche Händler werden stationäres Geschäft und Online-Handel immer mehr zu einem einheitlichen Angebot für ihre Kunden über alle Kanäle verknüpfen. Die wirtschaftliche Basis für diese Multichannel-Strategien ist und bleibt dabei das stationäre Geschäft. Die traditionelle Stärke, das „touch and feel“ für den Kunden wird auch in Zukunft Bestand haben. Wo immer mehr virtuelle Vertriebswege entstehen, verlangt der Kunde offenbar umso intensiver nach Emotionen am POS.
Kontakt: horbert@ehi.org
Zur Studie: www.ehi.org/geschaeftsbereiche/medien/studien/ladenplanung-einrichtung.html
EHI-Laden-Monitor 2014
Mit umfassenden Hintergrundinformationen und detaillierten Kennzahlen zum Markt für Ladenplanung und -einrichtung in D-A-CH.
Format:: 21 x 29,7 cm, broschiert
ISBN:: 978-3-87257-413-8
Preis:: 990,00 € inkl. MwSt. und Versand
Bestellmöglichkeit unter:: www.ehi.org/geschaeftsbereiche/medien/studien
E-Mail:: vertrieb@ehi.org
Fon:: +49 221 5 79 93-64