Strikter Effizienz-Kurs | stores+shops

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Matthias Spanke, Geschäftsführer, Inspired Visual Merchandising

Strikter Effizienz-Kurs

Matthias Spanke ist Geschäftsführer des Visual-Merchandising-Dienstleisters Inspired. stores+shops befragte den Fachmann zu den Umbrüchen im Visual Merchandising des Textilhandels in Deutschland und zu den internationalen Trends im Visual Merchandising.

s+s: Trendorientierte Fashion-Anbieter begreifen die Verkaufsfläche zunehmend als Bühne. Was hat zu diesem Bedeutungswandel des Visual Merchandisings hierzulande geführt?

SPANKE: Dem liegt eine internationale Entwicklung zu Grunde. Sehen wir uns den internationalen Wettbewerb an, dann fällt auf, dass die erfolgreichen Marken eines gemeinsam haben: Ihr Markenkonzept ist klar verständlich und am POS konsequent umgesetzt. Ein gutes Beispiel hierfür ist Abercrombie & Fitch. Der amerikanische Filialist verkörpert den All-American-Lifestyle von ewiger Jugend und makelloser Schönheit. Beim Betreten der Stores trifft man auf die optisch perfekten Verkaufsberater, die intern als Models bezeichnet werden. Man hat das Gefühl, einen noblen Nachtclub zu betreten: Es ist dunkel, lediglich Punktstrahler beleuchten gezielt die Ware. In klassischer Einrichtung wird um die legeren Shirts und Hoodys eine Markenwelt kreiert. Hier wird die Markenaussage von legerem Luxus klar und verständlich vom Internet bis in den Store hinein transportiert. Und dabei ist das Visual Merchandising ein ganz zentraler Bestandteil.

s+s: Gleichzeitig hat sich auch der Markt für Visual Merchandising-Dienstleistungen gewandelt. Die Kollektionswechsel werden immer häufiger, der Kostendruck wächst. Welche Konsequenzen resultieren daraus für Visual-Merchandising-Dienstleister?

SPANKE: Das extrem hohe Maß an Flexibilität im Bereich Visual Merchandising ist vom Handel oft nicht mehr mit einem internen Team umsetzbar. Somit gehen viele Unternehmen dazu über, mit
Visual-Merchandising-Dienstleistern zusammenzuarbeiten – entweder ausschließlich oder in Kombination mit einem eigenen Team. Für das Visual Merchandising am POS setzen einige unserer Kunden nicht mehr zu jedem Kollektionswechsel einen professionellen Visual Merchandiser ein. Daraus ergibt sich für uns als Dienstleister die Anforderung einer optimalen Einsatzplanung, da ein Teil unserer Visual Merchandiser ausschließlich zu Peak-Zeiten zum Einsatz kommen. Oftmals wird der Wunsch an uns herangetragen, ein Uptrading des Visual Merchandisings zu vollziehen. Oft sollen gleichzeitig die Kosten reduziert werden. Das erfordert neben einem hohen Maß an Kreativität auch den Überblick, das Budget bereits im Ideenfindungsprozess kontinuierlich im Auge zu behalten.

s+s: Welche besonderen Anforderungen stellen global agierende Fashion-Retailer an das Visual Merchandising? Geht es hier allein um die Multiplizierung von Standards oder bestehen Freiräume für Kreativität? Wie begegnen Sie diesen Herausforderungen?

SPANKE: Der Anspruch global agierender Unternehmen muss es sein, sich in allen Märkten einheitlich darzustellen. Das fördert zum einen die Wiedererkennung der globalen Marke. Zum anderen wird eine Vergleichbarkeit der Maßnahmen am POS erreicht, die für international agierende Unternehmen wichtig ist. Jedoch müssen in die Gestaltung beispielsweise kulturelle Unterschiede einbezogen werden. Visual Merchandising-Themen und Slogans müssen international funktionieren. Weiter muss bei Herstellung und Versand von Display-Materialien berücksichtigt werden, dass das Material einfach und möglichst kostengünstig zu versenden ist. Diese Anforderungen in einem umfassenden, jedoch nicht zu komplexen Konzept zu berücksichtigen, erfordert höchste Kreativität – und macht die Sache spannend.

s+s: Welche Rolle spielt in der Praxis der Faktor Zeit bei der Umsetzung von Visual Merchandising-Konzepten?

SPANKE: Die Zeiten, in denen Visual Merchandiser jede Fläche im 14-tägigen Rhythmus besucht haben, sind vorbei. Diesen Service können und wollen sich viele Marken heute nicht mehr leisten. Unsere Visual-Merchandising-Konzepte werden immer häufiger durch die Verkaufsmitarbeiter umgesetzt. Dementsprechend müssen die Konzepte einfach und schnell zu realisieren und mit wenig Zeitaufwand zu pflegen sein. Visual Merchandisern kommt heute häufig eine ganz andere Rolle zu: Sie üben immer häufiger eine Schulungs- und Kontrollfunktion aus und übernehmen immer seltener ausschließlich die Umsetzung.

s+s: Am Faktor Personal wird im Modehandel nicht selten gespart. Welche Konsequenzen hat das für das Visual Merchandising? Wie entwickeln Sie unter diesen Bedingungen zum Beispiel Guidelines?

SPANKE: Das Visual Merchandising hat drei Ziele: den Umsatz zu steigern, das Image aufzubauen und die Selbstbedienung zu fördern. Je weniger Verkaufspersonal auf den Flächen ist, umso wichtiger wird also das Visual Merchandising. Die Guidelines müssen einfach zu verstehen und einfach umzusetzen sein. Die Anforderung ist häufig, dass auch Mitarbeiter ohne Vorkenntnisse unsere Guidelines problemlos umsetzen können. Dabei arbeiten wir bevorzugt mit selbsterklärenden Bildern. Die Verkaufsmitarbeiter haben in der Regel weder Lust noch Zeit, lange Erklärungen zu lesen.

s+s: Welchen Stellenwert haben heute digitale Instore-Medien im Visual Merchandising, wie wird sich die Einbindung multimedialer Elemente in Zukunft weiterentwickeln?

SPANKE: Die Schaufensterpräsentationen sind dabei, sich zu verändern, sie werden mit neuen Technologien sukzessive aufgewertet. Zum Beispiel können Schaufensterfronten, die mit einer interaktiven transparenten Projektionsfolie beklebt sind, durch die Bestrahlung mit einem Beamer den Kunden zur Interaktion animieren. Durch Berührung der Scheibe können einfache Informationen zum Produkt abgefragt, aber auch speziellere Auskünfte wie der Lagerbestand gegeben werden. Dabei sind die eingesetzten Techniken oftmals nur halb so innovativ wie die Ideen, für die sie eingesetzt werden. Diese Technologien werden immer bezahlbarer für die Unternehmen. Es geht darum, bekannte Techniken in einen neuen Kontext zu bringen. Darin liegt die Kreativität und Innovation.

s+s: Sie holen sich auch Inspirationen aus den USA. Was ist dort anders im Visual Merchandising, zum Beispiel in der Schaufenstergestaltung?

SPANKE: Auffällig im Vergleich zum heimischen Markt ist vor allem die überaus markante und kreative Einbindung von verschiedenen Bildschirm-Lösungen und beweglichen Elementen wie Animatronics. Hollister inszeniert beispielsweise in seinem 2010 eröffneten, 2.000 qm großen
Flagship-Store seine kalifornische Markenstory. Mit fast 200 im Schaufenster platzierten Flachbildschirmen wird Tag und Nacht das Geschehen am berühmten kalifornischen Huntington Beach gezeigt. So wird inszeniertes Real-Life-TV Überbringer einer Markenbotschaft von Jugend, Frische, Liebe und Leichtigkeit. Ein weiteres Beispiel aus den USA ist Saks Fifth Avenue. Der exklusiven Kundschaft Rechnung tragend, zeigte sich das Edelkaufhaus in der Weihnachtszeit sehr poetisch. Hier wurde mit LCD-Screens, 3-D-Projektionen und Animatronics die Traumwelt eines kleinen Mädchens zum Leben erweckt und damit wiederum Shopping-Träume der Erwachsenenwelt freigesetzt. Was in den USA primär auffällt, ist das große Maß an Bewegung in den Fenstern – ob drehend, schwebend, verschiebend, öffnend oder fliegend. Da sind die Amerikaner uns eine „kleine Bewegung“ voraus.

Das Interview führten Winfried Lambertz und Sabine Wilhelm

Inspired Visual Merchandising: Full-Service-Anbieter

Sonja Löbbel und Matthias Spanke gründeten 2009 das Visual Merchandising-Dienstleistungsunternehmen Inspired in Köln. Inspired ist eine Full-Service-Agentur für Beratung, Konzeption, Produktion und Umsetzung von Visual Merchandising-Konzepten und darüber hinaus für Personalvermittlung und Schulung im Bereich Visual Merchandising. Kunden sind u.a. Diesel, Madonna oder Switcher. Die Kunden nutzen das Angebot von Inspired im nationalen oder europäischen Rahmen. Die Agentur unterhält ein Netzwerk von Visual Merchandisern in Deutschland, Österreich, der Schweiz, den Niederlanden und Belgien.

Weitere Informationen: www.inspired-vm.com

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