Das neue Sentier-Viertel in Paris | stores+shops

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Ein Pariser Quartier im Wandel
Foto: Barbara Markert

Das neue Sentier-Viertel in Paris

Premiumhotels, Michelin-Restaurants und Start-ups: Das berühmte Modekopisten-Viertel Sentier im Herzen von Paris steckt mitten im Umbruch. Statt Konfektionsateliers und Stoffläden prägen heute die Tech-Industrie und der Tourismus den einstigen Modedistrikt. Doch der Wandel ist noch längst nicht abgeschlossen.

„Im Pariser Sentier verschwinden peu à peu die Modegrossisten. Das Viertel ist dabei, sich komplett zu verändern.“ Vladimir Hautier ist Leiter des Immobilienmaklerbüros Fred Lion, das in Paris zwei Filialen unterhält und sich auf Ladenflächen und Wohnungen vor allem im Stadtzentrum spezialisiert hat. Gegenüber seiner Filiale im zweiten Arrondissement hat gerade das nachhaltige Modelabel Asphalte aus Bordeaux nach acht Jahren Onlineaktivität seinen allerersten Laden aufgemacht – am besten Standort des Sentier-Viertels, direkt unter der 25 m hohen begrünten Hausfassade „L’Oasis d’Aboukir“ des Botanisten Patrick Blanc.

Der vertikale Garten „L’Oasis d’Aboukir“ mit über 7.600 in der Wand verankerten Pflanzen

Der vertikale Garten „L’Oasis d’Aboukir“ mit über 7.600 in der Wand verankerten Pflanzen
Foto: Barbara Markert

Die Installation der Oase vor rund zehn Jahren markierte einen ersten Wendepunkt in der bewegten Historie des Viertels, das nicht weit vom Louvre, dem Palais Royal, dem Centre Pompidou oder dem Forum des Halles, eines der größten Einkaufszentren Europas, entfernt ist. Im 19. Jahrhundert wandelte sich das heruntergekommene Wohnviertel zum Textil- und Modedistrikt. „Immigranten versuchten hier den Neustart“, berichtet die Historikerin Nadine Vasseur. Vielfältige Sortimente prägten die Schaufenster. Trends wurden rasend schnell kopiert und „mit heißer Nadel“ in Ateliers produziert, die in die unrenovierten Wohnungen der alten Häuser einzogen.

Berühmt und berüchtigt

Das Business blühte, das Sentier wurde ebenso berühmt wie berüchtigt. Doch nach dem Zenit in den 80er und 90er Jahren begann mit Aufkommen der Fastfashion der langsame Abstieg. Chinesen übernahmen die Ateliers, vor Ort wurde weniger produziert, dafür mehr aus Asien importiert. Läden schlossen und blieben lange leer, frühere Ateliers wurden verkauft und vermietet. Mit den Renovierungen der Gebäude begann schleichend eine Gentrifizierung und der Einzug eines neuen Geschäftsfelds, das der „new economy“: Um die Jahrtausendwende siedelten sich neben diversen Netzanbietern, rund 50 Internet-Firmen an.

Mit der Eröffnung des Startup-Hubs Numa bekam das Viertel schließlich einen neuen Kosenamen: Silicon Sentier. Einige Stars dieser Szene wie Doctolib, Blablacar oder Klaxoon nahmen hier ihren Anfang. Die Relikte aus der Epoche der Grossisten, die Büros der Internet-Start-ups und die Restauration rund um den aufblühenden Tourismus prägen heute das Stadtbild. Neben Airbnbs haben sich hochpreisige Hotels angesiedelt: Hotel Edgar eröffnete 2013, die britische Hotelgruppe The Hoxton 2017 und 2021 zog das Hotel du Sentier in die Passage du Caire. Mit den steigenden Gästezahlen öffnen neue Cafés, Bäckereien und Restaurants mit Michelin-Sternen.

Greg Marchand, Schüler von Jamie Oliver, eröffnete 2009 im verruchten Cour des Miracles sein erstes Restaurant. „Es war Liebe auf den ersten Blick: das alte Straßenpflaster und die Underground-Stimmung.“ Marchand holte seine Zulieferer für Gemüse, Fleisch, Fisch und Brot zu sich, erweiterte sein eigenes Angebot um eine Bar, einen Weinladen und ein italienisches Restaurant. Die Rue de Nil ist heute eine Pilgeradresse für Gourmets und ein Influencer-Hotspot.

Neue Kundschaft

Die Rue de Nil ist heute eine Pilgeradresse für Gourmets und ein Influencer- Hotspot

Die Rue de Nil ist heute eine Pilgeradresse für Gourmets und ein Influencer- Hotspot
Foto: Barbara Markert

Der Makler Vladimir Hautier bestätigt: „Die Veränderung des Viertel geht von hier aus. Das Frenchie zieht viele Menschen an. Und auch die berühmte Fressgasse Montorgeuil im ersten Arrondissement liefert vermehrt eine Laufkundschaft, die es bisher nicht gab. Das Viertel wurde früher ausschließlich von Boutiquebesitzern auf der Suche nach Ware aufgesucht. Zum ersten Mal flanieren hier Leute.“ Vor dem Flagship der Marke Sézane in der Rue Saint-Fiacre zum Beispiel reißt die Warteschlange der Kundschaft nie ab. Die Sales-Events der „Sapeur vintage“ in der Rue du Caire sind ebenso wie die K-Pop-Aktionen des Kick Café in der Rue d’Alexandrie längst Kult. Lea Dutruche, Gründerin vom Pemlab, einem Laden für Intimmode sowie Beauty in der Rue d’Aboukir, ist zufrieden: „Wir sind sehr aktiv auf Instagram, die Kund:innen kommen wegen uns. Es läuft.“

Dass der Kommerz wie auch eine echte Bevölkerung im Sentier erhalten bleiben muss, hat inzwischen auch die Stadt erkannt. Sie kauft vermehrt alte Gebäude und Boutiquen auf und geht strenger gegen die unerlaubte Zunahme der Airbnbs vor. Doch ist die Entwicklung zu einem reinen Touristen-Hotspot nach dem Vorbild der Nachbarschaft im Marais überhaupt noch aufzuhalten? Viele der früheren Einwohner ziehen weg, da Geschäfte des taglächen Bedarfs wegbrechen und es an Grünflächen mangelt. Das einstige Schmuddelviertel ist zwar kaum noch wiederzuerkennen, hat aber trotzdem noch einen langen Weg vor sich. Aber: Auch wenn sich einige Geschäfte für Abendroben oder preisgünstige Accessoires aus China gehalten haben, die berühmte Zeit der Sentier-Mode und seiner Grossisten ist endgültig vorbei.

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