Verfügbarkeit und Qualität von Produktinformationen gewinnen auch im B2C-Bereich an Relevanz. Seit Smartphone-User aktiv nach Produktinformationen suchen und der Multichannel-Vertrieb immer mehr Raum einnimmt, steigen auch die Anforderungen an die Datenqualität. Multimediale Inhalte bereitzustellen und die Fragen der Verbraucher immer und überall zu beantworten, zählt heute zu den Herausforderungen von IT-Experten und Marketingstrategen – das Management von Stammdaten ist inzwischen wesentlich mehr als eine Pflichtübung für Logistiker.

Die Konsumenten nutzen das Angebot der Online-Informationen. Ob über Webshops, soziale Netzwerke oder mobil per Smartphone und Barcode-Scanner – bevor sie sich zum Kauf entscheiden, prüfen immer mehr Verbraucher, ob das Produkt ihren Erwartungen an Preis, Qualität, Herkunft oder Inhaltsstoffe entspricht. Sind die gewünschten Informationen zu wenig vertrauenswürdig oder gar nicht erst vorhanden, wenden sich Studien zufolge 40 Prozent der potenziellen Kunden ab.

Durch dieses Verhalten nehmen die Konsumenten immer stärkeren Einfluss auf die Produkt- und Sortimentsgestaltung – mit der Folge, dass die Qualität der Produktdaten zu einem wichtigen Faktor eines erfolgreichen B2C-Geschäfts wird. Hersteller und Händler stehen daher vor der Aufgabe, ein professionelles, unternehmensübergreifendes Product Data Management (PDM) in ihre Prozesse zu integrieren.

Kein reines IT-Thema

Wie können Unternehmen das Product Data Management effizient und möglichst reibungslos in der Praxis umsetzen? Eine große Rolle spielen vorhandene Systeme für das Master Data Management (MDM) oder Product Information Management (PIM). Allerdings überlastet die Vielzahl von Anforderungen im PDM häufig die Organisation, da Rollen und Verantwortlichkeiten für die Beschaffung, Anlage und Pflege der Daten oft nicht klar definiert sind. Zusätzlich müssen viele Daten beschafft werden. In Projekten zum Aufbau eines PDM sollten daher im Rahmen einer klar formulierten Strategie sämtliche Organisationsstrukturen und Prozesse angepasst sowie interne und externe Informationsschnittstellen bereitgestellt werden. Dazu müssen im Vorfeld die Anforderungen an die IT und das Datenmodell exakt definiert sein. Der Fokus beim Management der Produktstammdaten sollte auf Vollständigkeit, Aktualität und Konsistenz liegen.

Stammdatenharmonisierung

Schon lange sind Stammdaten Dreh- und Angelpunkt moderner Handelsbeziehungen. Über die Datenpools von 1 Worldsync (vorher: SA2 Worldsync) tauschen Händler und Lieferanten weltweit ihre Artikelstammdaten aus. Das wird für die Nutzer künftig noch einfacher. Im Rahmen des Global Data Synchronisation Network (GDSN) können alle Unternehmen weltweit synchronisierte Produktdaten nutzen – intern, unternehmensübergreifend oder in globalen Geschäftsbeziehungen. Datenpool-Services helfen dabei, die Informationsflut zu bewältigen. Händler und Hersteller vernetzen sich einmalig mit dem Datenpool und erhalten automatisch validierte und gepflegte Stammdaten.

In Deutschland konnten sie dazu bislang auf zwei Datenpools von 1 Worldsync zurückgreifen: den früheren Sinfos-Datenpool WS1 mit nationalem Datenprofil sowie den Datenpool des GDSN mit internationalem Datenprofil WS2. Damit sich künftig alle deutschen Unternehmen sicher im globalen Datenverkehr bewegen können, treibt GS1 Germany im Rahmen seiner „Umsetzungsinitiative FMCG“ die Migration voran: Die Umstellung des Profils von WS1 auf WS2 soll es künftig allen Unternehmen ermöglichen, noch leichter als bisher international GDSN-konforme Stammdaten auszutauschen.

B2B2C-Modell

Qualität und Verfügbarkeit von Produktinformationen gewinnen auch im B2C-Bereich an Relevanz – aufgrund des Konsumentenverhaltens, das immer stärkeren Einfluss auf die Produkt- und Sortimentsgestaltung nimmt. Mithilfe einer weltweiten gemeinsamen Datensammlung – Data Capturing – können Produktinformationen schnell zur Verfügung gestellt werden.

Heute organisiert sich jedes E-Commerce-Projekt seine Produktinformationen selbst – oft an den internen Prozessen vorbei. Produktinformationen werden selbst erfasst oder über Dienstleister bereitgestellt. Parallelprozesse zur bestehenden Datenversorgung werden etabliert, und das strategische Ziel einer „single pipeline“ für die komplette Versorgung mit B2B- und B2C-relevanten Produktinformationen geht im Tagesgeschäft manchmal unter. Lösungsansätze wie die Partnerschaft zwischen „Brandbank“, einem Dienstleister für die Beschaffung von digitalen Produktinformationen und 1 Worldsync zeigen, dass die „single pipeline“ für B2B und B2C schon heute möglich ist.

Die Qualität der Produktdaten wird im B2C-Bereich immer wichtiger.

Jörg Pretzel

Geschäftsführer, GS1 Germany

Die Zeiten, in denen der Austausch von Produktstammdaten zwischen Industrie und Handel aus dem Blickwinkel der „Supply Side“ getrieben wurde und primär logistischen und warenwirtschaftlichen Prozessen diente, ist vorbei. Der Konsument steht immer mehr im Fokus. Er fordert, dank Internet und Smartphone, eine zunehmend höhere Produkttransparenz. Und spätestens mit der EU-Verordnung 1169/2011 des Europäischen Parlaments wird deutlich, dass der Konsument und damit die „Demand Side“ für eine neue Stammdaten-Dynamik sorgen. Diese Verordnung tritt am 13. Dezember 2014 in Kraft. Ab diesem Zeitpunkt müssen jedem Konsumenten, der verpackte Lebensmittel online über eine Website kauft, eine Vielzahl von Produktinformationen – unter anderem über Inhaltsstoffe und Herkunft – verpflichtend bereitgestellt werden. Eine Herausforderung, der sich Industrie und Handel mit den GS1-Standards und den Datenpools von 1 Worldsync gut gerüstet stellen können.

Weitere Informationen: www.gs1-germany.de

Umsetzungsplan

  • November 2011: Kick-off des Migrationsprojekts und Startschuss für die inhaltliche Definition der Datenfelder durch den Handel
  • 16. April 2012: Der Handel übergibt das Datenprofil an die Industrie
  • 17. Juli 2012: Handshake von Handel und Industrie läuft ab, das Datenprofil steht und wird gemeinschaftlich verabschiedet
  • 4. Quartal 2012: Start der Testphase
  • 1. Januar bis 31. März 2013: Pilotphase mit ausgewählten Händlern/Lieferanten
  • 1. April 2013: Going live