
Der Click & Collect- Servicepoint im neuen Sportler-Store in Innsbruck
Foto: Joachim Grothus für Blocher Partners
„Wir wollen zu einem führenden Omnichannel-Retailer in Deutschland und Europa werden und unseren Kundinnen und Kunden ein konsequentes Omnichannel-Erlebnis bieten“ – dieses ehrgeizige Ziel hat sich Modefilialist Peek & Cloppenburg Hamburg gesetzt. In der aufwändig umgebauten und mit neuem Store-Konzept wiedereröffneten Filiale im Kieler Sophienhof wird sichtbar, wie die Verzahnung von Online- und Offline-Business am stationären POS umgesetzt wird: An einem Servicepoint können die Kundinnen und Kunden ihre online bestellte (Click & Collect) oder reservierte Ware (Click & Reserve) abholen. Außerdem besteht die Möglichkeit, Online-Bestellungen zu retournieren (Instore-Return) und Artikel im Webshop zu bestellen (Instore-Order).
Digitale Services haben während der Corona-Pandemie deutlich an Bedeutung gewonnen. Allen voran Click & Collect (C & C). Viele Kundinnen und Kunden haben diesen Service während des Lockdowns für sich entdeckt und schätzen es nach wie vor, online bestellte Artikel in der Filiale abzuholen. Diese Entwicklung bestätigt auch Schuhfilialist Deichmann, der seit einigen Jahren die Expansion im E-Commerce forciert und sich immer stärker als Omnichannel-Retailer positioniert. „Der Service ist bei unseren Kundinnen und Kunden nach wie vor sehr beliebt. Bei 1.200 Standorten liegt bei vielen Menschen eine Deichmann-Filiale auf ihrem täglichen Weg, sodass eine Abholung unkompliziert möglich ist“, so Sprecherin Michèle Leyendecker. Die Kund:innen holen die Ware an der Kasse ab, einen speziellen C & C-Counter gibt es derzeit nicht.
Servicecounter haben großen Einfluss auf das Gesamtkonzept.
Mathias Ullrich
Strategisch bedeutsam
Wie die digitalen Services am stationären POS organisiert werden, ob es einen speziellen Servicecounter gibt oder die Ware an den bereits vorhandenen Checkouts übergeben wird, hängt von vielen Faktoren ab und sollte bei der Neuplanung oder Umgestaltung von Stores frühzeitig überlegt werden. Auf jeden Fall gilt: Für Omnichannel-Retailer mit einer starken stationären Präsenz bieten digitale Services die Chance, die Kundenfrequenz zu erhöhen, Zusatzverkäufe zu generieren und die Kundenbindung zu stärken. „Servicecounter sind wichtige Kundentouchpoints. Sie werden in Zukunft bei der strategischen Planung von Store-Konzepten eine immer größere Rolle spielen, weil sie großen Einfluss auf das Gesamtkonzept haben“, ist sich Mathias Ullrich, Managing Director bei Liganova, Stuttgart, sicher. Servicecounter bieten die Chance, dass die Mitarbeitenden sich mehr Zeit für die Beratung nehmen und Cross-Selling-Effekte erzielen können. Zudem können hier weitere Omnichannel-Services wie z. B. Instore-Order etabliert werden, die zeitaufwändig sind und die Durchlaufzeiten an den Kassen erhöhen würden. Die Integration anderer Servicedienstleistungen wie Änderungsservice, Buchung von Personal-Shopping-Terminen und Reklamationen ist ebenfalls möglich.
Komfortabel positioniert
Aus logistischer Sicht ist die Nähe zum Lager wichtig, um die bestellte Ware schnell übergeben zu können. Und im Fashion- und Schuhhandel sollten Möglichkeiten zur Anprobe bestehen. Dies ist bei großflächigen Retailern mit bereits bestehenden Checkouts in der Regel nicht der Fall. Bei allen Entscheidungen hinsichtlich Standort und Prozessorganisation sollten allerdings immer die Bedürfnisse und Wünsche der Kundschaft im Mittelpunkt stehen. Die Nutzung der Services darf für sie nicht mit umständlichen Laufwegen und langen Wartezeiten verbunden sein. Die Überlegung, dass die Chance auf Zusatzkäufe höher ist, wenn die Abholenden auf dem Weg zum Servicecounter durch mehrere Abteilungen geführt werden, hält Mathias Ullrich für gefährlich. „Längere Laufwege führen nachweislich trotz erhöhter Frequenz nicht zu einer höheren Conversion Rate oder Cross-Selling. Der Store selbst muss die Besucher durch Experience- und Retailtainment-Ansätze dazu animieren, sich gerne dort aufzuhalten.“
Für Ikea steht bei der Organisation seines C & C-Services die Bequemlichkeit für die Kundinnen und Kunden im Vordergrund. Ähnlich wie während der Lockdowns können sie die bestellte Ware abholen, ohne dass sie die Einrichtungshäuser betreten müssen. „Als Omnichannel-Händler sehen wir in Click & Collect einen eigenständigen Verkaufskanal, der natürlich eng verzahnt mit Onlineshop und Einrichtungshaus funktioniert. Der Anteil der Kundinnen und Kunden, die die Abholung mit einem Besuch in unserer Filiale verbinden, ist gering. Wir akzeptieren dies und setzen auch keine Anreize in Form von Gutscheinen oder Preisvorteilen, um sie in die Filiale zu locken“, so Isolde Debus-Spangenberg, Corporate Communications Managerin bei Ikea Deutschland.

Deichmann testet zurzeit die Akzeptanz von 24/7-Abholstationen für bestellte Ware.
Foto: Deichmann
Der Convenience-Gedanke steht auch bei einem neuen Projekt von Deichmann im Vordergrund: Seit September gibt es in zwei Filialen in Mülheim und Essen 24/7-Abholstationen, an denen die Ware auch außerhalb der Öffnungszeiten abgeholt werden kann. Die verschiedenen Beispiele zeigen, dass jedes Omnichannel-Unternehmen für sich die strategische Bedeutung der digitalen Services prüfen und eine optimale Lösung für deren Implementierung finden muss. Mathias Ullrich betont, dass sich Digitalisierung und persönlicher Kundenservice nicht ausschließen, sondern vielmehr zusammenspielen müssen: „Dabei ist der Faktor Mensch erfolgsentscheidend. Die Rolle der Mitarbeitenden muss neu gedacht werden. Wir sehen sie weniger als Verkäufer, sondern als Markenbotschafter und vor allem als Trusted Curator.“