Nach wie vor schmälert eine durchschnittliche Inventurdifferenz von 0,64 Prozent – bewertet zu Einkaufspreisen in Prozent vom Nettoumsatz – die Renditen im Einzelhandel. Bewertet zu Verkaufspreisen in Relation zum Bruttoumsatz entspricht dies in branchengewichteter Hochrechnung einem Wert von durchschnittlich 1,01 Prozent des Umsatzes. Jährlich investiert der Handel rund 1,3 Mrd. Euro in Präventiv- und Sicherungsmaßnahmen, um seine Waren vor Diebstählen zu schützen. Insgesamt entgehen dem Handel damit durch Inventurdifferenzen und Investitionen in Sicherheitsmaßnahmen rund 1,3 Prozent seines Umsatzes.
Im Fokus der Präventions- und Sicherheitsaufwendungen stehen aktuell erweiterte Kameraausstattungen, Schulungen zur Steigerung der Aufmerksamkeit von Mitarbeitern sowie verbesserte Warensicherung. Ebenso gewinnen warenwirtschaftliche Datenanalysen sowie Bondatenanalysen zur Erkennung von diebstahlgefährdeten Artikeln und Schwachstellen weiter an Bedeutung. Auch Testkäufe, verbunden mit anschließenden Mitarbeiterschulungen, werden forciert.
Nach Einschätzung der Handelsexperten sind auf Ladendiebstähle durch unehrliche Kunden Verluste von rund 2,1 Mrd. Euro zurückzuführen, den eigenen Mitarbeitern werden knapp 900 Mio. angelastet, und Lieferanten sowie Servicekräften werden etwas mehr als 300 Mio. Euro an Warenverlusten im Jahr zugerechnet. Statistisch gesehen bedient sich demnach jeder Bundesbürger jährlich an Waren im Wert von 26 Euro im Einzelhandel, ohne zu bezahlen. Auf den Lebensmittelhandel projiziert bedeutet dies, dass rund jeder 200. Einkaufswagen unbezahlt die Kasse passiert.
Obwohl ein direkter Vergleich von Inventurdifferenzen verschiedener Unternehmen nur bedingt möglich und sinnvoll ist, können als Orientierung folgende Mittelwerte angegeben werden: Im Lebensmittelhandel (inklusive C&C-Märkte) liegen die durchschnittlichen Inventurdifferenzen bei 0,59 Prozent. Die C&C-Märkte schneiden traditionsgemäß mit Werten knapp unter 0,2 Prozent am besten ab. SB-Warenhäuser liegen mit 0,63 Prozent vom Nettoumsatz exakt auf dem Vorjahresniveau. Supermärkte bis 2.500 qm sowie große Supermärkte bis 5.000 qm haben etwas höhere durchschnittliche Inventurverluste festgestellt, mit Werten von 0,58 Prozent bzw. 0,60 Prozent.
Je nach Branche unterschiedlich
Drogeriemärkte liegen mit durchschnittlich 0,78 Prozent knapp über dem Vorjahresniveau. Die an der Studie beteiligten Baumarktunternehmen haben leicht erhöhte Inventurdifferenzen von nunmehr 0,57 Prozent feststellen müssen.
Im gesamten Bekleidungshandel sind die durchschnittlichen Inventurdifferenzen mit 0,59 Prozent fast unverändert. Während die Textilfachmärkte (0,52 %) ebenso wie Schuhfachgeschäfte (0,47 %) sich überwiegend verbessern konnten, hatten Bekleidungsfachgeschäfte (0,67 %) sowie Textilkaufhäuser einschließlich Warenhäuser (0,54 %) etwas höhere Verluste zu verzeichnen. Die durchschnittlichen Inventurdifferenzen der beteiligten Möbelhäuser unterschiedlicher Sortimentsausrichtung konnten ihre Differenzen auf 0,32 Prozent vom Nettoumsatz leicht verbessern.
Auch 2013 sind die angezeigten Ladendiebstähle laut Polizeilicher Kriminalstatistik wieder leicht zurückgegangen auf nunmehr 356.152 Fälle. Der stetige Rückgang von angezeigten Ladendiebstählen spiegelt aber nicht die tatsächlichen Verhältnisse wider. Auch die Einschätzungen des Handels zur Kriminalitätslage stehen im Widerspruch zur Statistik. Durch die hohe Dunkelziffer von über 98 Prozent besitzt die Statistik nur eine eingeschränkte Aussagefähigkeit. Aus der Differenz zwischen dem durchschnittlichen Schaden der angezeigten Diebstähle und dem tatsächlichen Schaden im Handel ergibt sich, dass täglich über 85.000 Ladendiebstähle mit einem Warenwert von jeweils rund 80 Euro unentdeckt bleiben!
Inventurdifferenzen 2014
Weitere Daten, Hintergründe und detailliertere Auswertungen zur Entwicklung der Inventurdifferenzen sind als Studie „Inventurdifferenzen 2014“ beim EHI-Verlag zu beziehen.
Format:: 21 x 21 cm, broschiert, 66 Seiten
ISBN:: 978-3-87257-424-4
Preis:: 495,00 inkl. MwSt. und Versand
Mail:: vertrieb@ehi.org
Fon:: +49 221 57993-64
Von einer entspannten Lage beim Thema Ladendiebstahl zu sprechen, ist angesichts des enormen Dunkelfeldes fatal. Trotz rückläufiger Statistiken wird im Handel nach wie vor gestohlen, was nicht niet- und nagelfest ist. Spricht man mit Einzelhändlern, so sieht die Welt ganz anders aus, als es die polizeiliche Statistik suggeriert: Bandendiebstahl, spezialisierte Tätergruppen, insbesondere aus dem osteuropäischen Raum, Leergut-Manipulation, Umtausch-Betrug, Wechselgeldbetrug, und fast täglich tauchen neue Methoden und Tricks der Betrüger auf. Hinzu kommen noch Einbruchs- und Raubdelikte.
In vielen Bereichen der Einzelhandelskriminalität erwarten die Händler denn auch eine weitere Zunahme. Im Fokus steht vor allem ein Aspekt, der immer weiter in den Vordergrund rückt: organisierter Ladendiebstahl im Sinne von Bandendiebstählen und gewerblichem Diebstahl sowie Diebstähle auf Bestellung von professionell agierenden Tätergruppen, die bei jedem Zugriff wertmäßig hohen Schaden verursachen. Es sind derzeit weniger die „gewöhnlichen“ Gelegenheitsdiebe, wie sie der Handel seit jeher kennt, sondern es sind oftmals Täter mit „professionellem“ Hintergrund oder Personen, die oft auch ihren Lebensunterhalt durch Straftaten bestreiten. Es liegt in der Natur der Sache, dass hierzu kaum verlässliches Datenmaterial existiert. Ein Indiz: Während die angezeigten einfachen Ladendiebstähle kontinuierlich zurückgehen, haben sich die angezeigten schweren Ladendiebstähle in den letzten 6 Jahren mehr als verdoppelt.
Weitere Risiken
Der Handel ist auch außer von Ladendiebstahl von weiteren sicherheitsrelevanten Ereignissen in starkem Maße betroffen. Immerhin waren 2013 fast drei Viertel der an der Studie beteiligten Filialisten von Einbruchdiebstählen betroffen; Raubüberfälle und Vandalismusschäden hatten immerhin noch mehr als 40 Prozent der Unternehmen zu verzeichnen. Beim Betrug mit Bargeld spielt derzeit offensichtlich der Wechselgeldbetrug eine dominante Rolle. Obwohl fast zwei Drittel der Filialisten angaben, Falschgeld angenommen zu haben, sind die verursachten Schäden allerdings niedrig. Das Falschgeldaufkommen in Deutschland ist nach wie vor gering, wie die Bundesbankveröffentlichungen es immer wieder bestätigen: Auf 10.000 Einwohner kommen aktuell gerade 6 gefälschte Banknoten pro Jahr.
Laut Polizeilicher Kriminalstatistik sind die Raubüberfälle auf Verkaufsstellen (Zahlstellen und Geschäfte), zu denen auch der Einzelhandel gehört, in den letzten Jahren rückläufig. Besonders prägnant ist der Rückgang bei Raubüberfällen auf Tankstellen. Hier zeigt sich, dass die verstärken Sicherheitskonzepte der Tankstellenbetreiber, insbesondere die Sicherung der Bargeldbestände sowie die Kameraüberwachung, offensichtlich Wirkung zeigen.
Das Bedrohungspotenzial durch Diebstahl jeglicher Art ist unverändert hoch und wird von den Unternehmen ernst genommen – wie auch die Einschätzungen der Handelsunternehmen zur Kriminalitätsentwicklung im Handel belegen. Drei Viertel der Unternehmen belassen ihr Budget zur Reduzierung von Inventurdifferenzen im laufenden Jahr konstant. Jedes sechste Unternehmen stockt in diesem Jahr sogar das Sicherheits-Budget auf. Die „akzeptablen“ Inventurergebnisse geben also keinen Anlass, die Budgets zu kürzen. Insbesondere wird die offene Kameraüberwachung als Präventions- und Überführungsinstrument von vielen Einzelhandelsunternehmen auch in diesem Jahr weiter ausgebaut. An der aktuellen Untersuchung beteiligten sich 104 Unternehmen mit insgesamt fast 18.000 Verkaufsstellen, die einen Gesamtumsatz von gut 69 Mrd. Euro erwirtschaftet haben. Die durchschnittliche Verkaufsfläche der beteiligten Geschäfte beträgt 1.200 qm.
Foto: Axis Communications
Kontakt: horst@ehi.org
Weitere Informationen: www.ehi-shop.de/inventurdifferenzen