Produktinformationen sind zu einem wichtigen Wettbewerbsfaktor geworden. Vorbei sind die Zeiten, in denen Stammdaten „lediglich“ Logistikketten optimieren sollten. Wer Lebensmittel herstellt oder vertreibt, muss seine Stammdaten – egal ob auf Papier oder elektronisch – bis Dezember 2014 auf den Prüfstand stellen. Notwendig macht das die Lebensmittelinformations-Verordnung 1169/2011 (LMIV) mit ihren Regelungen für den Fernabsatz.
Die LMIV fordert beispielsweise, dass der Konsument im Onlineshop auf die gleichen Produktinformationen zugreifen können muss wie beim Lesen des Etiketts im Supermarkt. Lebensmittelhersteller, deren Produkte in Onlineshops angeboten werden, sind also angehalten, die Daten künftig am besten elektronisch mitzuliefern.
Bisher wurden beim Stammdatenaustausch vor allem Informationen zu Produktgröße, Gewicht und Anzahl der Handelseinheiten in der Umverpackung ausgetauscht. Künftig gehen die Anforderungen an Informationen aufgrund der LMIV weit darüber hinaus. So müssen Hersteller beispielsweise Informationen zur rechtlichen Bezeichnung eines Lebensmittels, die vollständige Zutatenliste, Informationen über Allergene und die Nährwertdeklaration mitliefern. Die LMIV wird erhebliche Auswirkungen auf die Online-Darstellung von Produktinformationen haben. Sobald die Verordnung gültig ist, wird es kaum noch möglich sein, die Fülle der Informationen manuell auszutauschen und aktuell zu halten. Wer an Onlineshops liefert und Stammdaten von Lebensmitteln noch auf Papier austauscht, sollte spätestens jetzt über einen Wechsel zu standardisierten digitalen Lösungen nachdenken.
Fit für die LMIV?
Mit einigen wenigen Fragen kann jedes Unternehmen überprüfen, ob es seine „Hausaufgaben“ in puncto LMIV bereits gemacht hat oder wo ggf. noch Handlungsbedarf besteht:
- Sind alle Lebensmittel rechtlich korrekt bezeichnet?
- Sind die Verzeichnisse der Zutaten vollständig und inhaltlich korrekt gepflegt?
- Sind die Zutaten und Verarbeitungshilfsstoffe, die Allergien oder Unverträglichkeiten auslösen können, berücksichtigt?
- Sind die Mengen bestimmter Zutaten oder Klassen von Zutaten eingepflegt?
- Ist die Nettofüllmenge des Lebensmittels erfasst?
- Existieren gegebenenfalls Anweisungen für die Aufbewahrung oder Verwendung?
- Sind alle Informationen über den verantwortlichen Lebensmittelunternehmer ersichtlich (Name und Adresse)?
- Werden gegebenenfalls Aussagen zu Herkunft oder Ursprungsland getroffen?
- Ist eine Gebrauchsanweisung, sofern notwendig, zugänglich?
- Ist ggf. der Alkoholgrad größer als 1,2 Vol.-Prozent erfasst?
- Existiert eine Nährwertdeklaration?
Die neuen Informationspflichten wirken sich u.a. auf die Haftung innerhalb der Lieferkette, die Vergabe von Artikelnummern oder eben den Stammdatenaustausch aus. Um die Anforderungen effizient umzusetzen, entwickelt GS1 Germany gemeinsam mit Rechts- und Datenexperten aus Industrie und Handel hierfür standardbasierte Empfehlungen. So wurde für die Neuerungen im elektronischen Austausch von Stammdaten eine „LMIV-Mapping-Tabelle“ mit dazugehörigem Umsetzungsleitfaden entwickelt (Download möglich über www.gs1-germany.de/lebensmitteltransparenz). Neben den Bestimmungen der LMIV verweist die Tabelle auch auf die Anforderungen der EG-Öko-Verordnung und weiterer EU-Verordnungen.
Aktuelle Statements:
Zentrale Datensammlung macht Sinn
„Ich bin der Meinung, dass man von den Händlern nicht verlangen kann, die geforderten Produktdaten selbst zu sammeln. Eine zentrale Stelle, bei der Hersteller die vom Gesetz geforderten Daten hinterlegen können, ist der Beitrag der Händler zur Sicherstellung der gesetzlichen Bestimmungen. Damit kann ein Händler dann die aktuellen und zukünftig geforderten gesetzlichen Anforderungen erfüllen. In diesem Zusammenhang sollte man die großen Chancen der digitalen Datensammlung beachten. Ein Kunde ist immer gut informiert, der Händler hat die Chance auf mehr Absatz, und die Hersteller haben die Hoheit über die Darstellung ihrer Produkte bis zum Verkauf an den Endkunden.“
Datenaustausch in nie dagewesenem Ausmaß
„Die LMIV hat weitreichende Auswirkungen auf die gesamte Branche. Daten müssen in einem noch nie dagewesenen Ausmaß zwischen Handel und Industrie ausgetauscht werden. Wesentliche Herausforderung ist es, die Daten überhaupt in standardisierter Form von den Industriepartnern zu erhalten. Hier hat die Industrie noch eine Herkulesaufgabe vor sich, die aber bewältigt werden muss. Diejenigen Industriepartner, die die Daten nicht liefern können, müssen mit Umsatzrückgängen rechnen, da die Handelspartner insbesondere im E-Commerce die Produkte ohne die für die LMIV relevanten Informationen nicht vermarkten werden. Wer sich mit dem Thema noch nicht beschäftigt hat, für den wird es jetzt höchste Zeit.“
Harmonisierung auf europäischer Ebene
„Die Lebensmittelinformations-Verordnung steht für eine größere Transparenz und eine Informationsharmonisierung auf europäischer Ebene. Davon werden in erster Linie die Verbraucher profitieren und dies begrüßen wir ausdrücklich. In der operativen Umsetzung arbeiten wir eng mit unseren Handelspartnern zusammen und werden natürlich rechtzeitig sämtliche Daten zur Verfügung stellen. Herausforderungen sehen wir allerdings noch speziell im Bereich Fernabsatz. Aktuell divergieren die deutschen und die europäischen Empfehlungen in diesem Bereich. Hier hoffen wir auf eine schnelle, einvernehmliche Lösung.“
Mit den Datenpools und Services seiner Tochtergesellschaften 1WorldSync und Smart Data One unterstützt GS1 Germany Industrie und Handel dabei, die Informationsflut zu bewältigen. Die Datenmanagement-Services von 1WorldSync ermöglichen Handelspartnern den automatischen elektronischen Austausch von autorisierten Produktdaten. Die Leistungen von Smart Data One sind Qualitätssicherung, Erfassung und Vervollständigung von Daten, Erstellung von Produktabbildungen bis hin zum kompletten Outsourcing der Produktdatenversorgung.
Zertifizierte Datenpools wie 1WorldSync bieten eine Best-Practice-Lösung für die Umsetzung der LMIV. Über das „GS1 Global Data Synchronization Network“ (GDSN) sind die Datenpools mit Datenpools in aller Welt verbunden. Basierend auf der „LMIV-Mappingtabelle“ von GS1 Germany hat 1WorldSync seinen Datenpool bereits aufgerüstet. Künftig können Hersteller selbst oder mit Unterstützung von Smart Data One die Produktstammdaten inklusive der LMIV-Pflichtangaben in den Datenpool einpflegen. Via GDSN erhält der Handel dann automatisch aktuelle und gesetzeskonforme Informationen für seine verschiedenen Absatzkanäle.
Autor Dr. Richard Joachim Lehmann arbeitet als Manager E-Business/GDSN bei GS1 Germany.
Autor Burkhard Lorry ist Regional Director Central Eastern Europe bei 1WorldSync.
Foto: Fotolia / Photo SG
Grafik: GS1 Germany
Weitere Informationen: www.gs1-germany.de und www.1worldsync.com