Kassenschublade öffnen, Smartphone zücken und in wenigenSekunden sind alle Münzen gezählt – so einfach könnte der Kassensturz per App künftig aussehen. Zumindest für Kund:innen mit einem Münzeinsatz von Inkiess: Der deutsche Anbieter von Geldzählkassen mit Sitz in Berlin wird Ende April eine Smartphone-App herausbringen, die Einzelhändlern oder ihren Mitarbeitenden das lästige Zählen dank Machine Learning zuverlässig abnehmen soll. Die Münzen werden per Smartphone-Kamera erfasst und von einem trainierten Algorithmus ausgewertet. Die Ergebnisse können optional verschiedenen Kassen zugeordnet und archiviert werden. Die App sei intuitiv zu bedienen, funktioniere auch offline und schütze sensible Kassendaten: „Alle Informationen bleiben ausschließlich auf Ihrem Smartphone und werden nicht an externe Server oder in die Cloud übertragen“, versichert Geschäftsführerin Ute Tuscher.

Mit dem Cashback-Service übernehmen Supermärkte Bankdienstleistungen
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Mit der digitalen Zählhilfe adressiert Inkiess ein klassisches Handelsproblem: Geld kostet Geld. Laut einer Studie der Deutschen Bundesbank zusammen mit dem EHI beliefen sich die Kosten für Bares pro Transaktion im Jahr 2019 auf 24 Cent. Gemessen am Umsatz waren Barzahlungen aufgrund längerer Kassierzeiten mit einem Anteil von 1,8 Prozent schon vor sechs Jahren deutlich teurer als Zahlungen per Girocard. Mittlerweile erfolgen 87 Prozent aller Girocard-Zahlungen kontaktlos, zudem verteilen sich deutlich gestiegene Bankgebühren für die Bargeldbeschaffung und -entsorgung heute auf weniger Barzahlungen. Sowohl prozentual als auch absolut dürften Noten und Münzen im Kostenvergleich also weiter zurückgefallen sein.
Bargeldrisiken
Zu steigenden Handling- und Personalkosten kommen typische Bargeldrisiken wie Kassierfehler, Falschgeld, Diebstahl oder Raubüberfälle. Spätestens seit der Corona-Pandemie spielt zudem auch das Thema Hygiene eine Rolle. Vollständig auf Bargeld zu verzichten ist dennoch für die wenigsten Unternehmen eine Option: Zwar sinkt der Anteil der Barzahlungen am gesamten Einzelhandelsumsatz seit Jahren und beläuft sich laut EHI-Studie „Zahlungssysteme im Einzelhandel 2024“ mittlerweile auf weniger als 36 Prozent. Gemessen an der Zahl der Transaktionen ist das Bargeld mit einem Anteil von rund 58 Prozent allerdings nach wie vor das dominierende Zahlungsmittel.
Es ist derzeit nicht absehbar, dass Bargeld seine hohe Bedeutung in Europa verliert.
Christian Bruck
Auch an der Bedientheke sparen Cash-Management-Lösungen Zeit
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Zu ähnlichen Ergebnissen kommt eine aktuelle Studieder Managementberatung Bearing Point zum Zahlungsverhaltenin Europa. Danach ist Bargeld in Deutschland mit 69 Prozent, in Österreich mit 73 Prozent und in der Schweiz mit 57 Prozent weiterhin die am häufigsten genutzte Bezahlmethode. Für die Studie wurden Ende 2024 mehr als 10.000 Menschen in Europa zu ihren Zahlungsgewohnheiten befragt, die Ergebnisse beziehen sich auf alle Branchen. „Es ist derzeit nicht absehbar, dass Bargeld seine hohe Bedeutung in Europa verliert, auch wenn die Häufigkeit der Bargeldnutzung im Vergleich zum Vorjahr geringer ist“, sagt Christian Bruck, Partner und Experte für das Thema Zahlungsverkehr bei Bearing Point.
Innovative Lösungen rund um das Thema Cash Management sind daher nach wie vor gefragt. Auf der EuroCIS 2025 präsentierten zu diesem Bereich mehr als 30 Aussteller ihre Produkte und Dienstleistungen. Unternehmen wie Glory, Tellermate oder Lincsafe zeigten dort beispielsweise smarte und vernetzte Safes. Damit kann das Kassenpersonal eingenommene und nicht zum Wechseln benötigte Noten sofort und mehrfach am Tag abschöpfen. Die Scheine werden bei der Eingabe automatisch erfasst und auf Echtheit geprüft. Über eine gesicherte Cloud haben Unternehmen die Bareinnahmen in den Filialen auf Wunsch jederzeit zentral im Blick. Ist der Safe voll oder eine festgelegte Eurosumme erreicht, wird automatisch ein Werttransport veranlasst.
Im Gegensatz zu kostenpflichtigen Einweg-Transportsäcken werden die gesicherten Metallkassetten der Smartsafes anschließend wiederverwendet. Durch den Einsatz der digital verwalteten Safes lassen sich nicht nur typische Sicherheitsrisiken, sondern auch die zum Erfassen der Geldbestände benötigte Zeit erheblich reduzieren – ein großes Plus insbesondere im 24/7-Mehrschichtbetrieb. Die smarten Bargeldrecycler des niederländischen Anbieters Lincsafe sind beispielsweise bei Tankstellen oder Franchisenehmern von Ketten wie Subways, Starbucks Coffee, Dominos Pizza oder Taco Bell im Einsatz. In Verbindung mit Analyse-Software lässt sich zudem auch der Bedarf an Wechselgeld in den Filialen besser vorhersagen und optimieren.

Digital unterstützte Cash-Managementsysteme ermöglichen auch am Self-Checkout eine effiziente Bargeldzahlung
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Cash-Module am SCO
Digital unterstützte Cash-Managementsysteme ermöglichen auch am Self-Checkout (SCO) effiziente Barzahlungen. Den Sicherheitsaspekt adressiert der japanische Anbieter Glory dabei mit einem neuen Feature: Eine Überkopfkamera nutzt KI-gestützte Mustererkennung, um ungewöhnliches Kundenverhalten zu erkennen und potenzielle Betrugsversuche frühzeitig zu identifizieren. In Verbindung mit einem speziellen Verkaufsautomaten (High Value Vending Machine) können Unternehmen an der SB-Kasse sogar hochpreisige Waren oder Produkte mit Altersbeschränkung verkaufen.
Auch an der Bedientheke, beispielsweise in Bäckereien oder Fleischereien oder in der Handelsgastronomie sparen hygienische Cash-Management-Lösungen Zeit. Vorteil der SB-Barzahlung: Das Verkaufspersonal kommt nicht länger mit Noten oder Münzen in Kontakt und kann sich bereits den Nächsten in der Schlange zuwenden, während ein Kunde oder eine Kundin noch am SB-Terminal Noten und Münzen einzahlt. Das verkürzt Wartezeiten und spart geradezu Stoßzeiten zusätzliches Kassenpersonal. Zu den Kunden von Glory zählen in Deutschland beispielsweise verschiedene Edeka-Märkte. Oder auch der Biomarkt Macis aus Leipzig, der in einem historischen Gebäude in der Innenstadtfrische Bio-Lebensmittel plus Café und Bäckerei anbietet.
Im Hinblick auf den Arbeitskräftemangel und steigende Kundenerwartungen würden Effizienzsteigerungen durch smarte Technologien und Automatisierung im Handel immer wichtiger, sagt Thomas Rausch, Sales Director von Glory Deutschland: „Die Kassenzone als zentraler Kontaktpunkt für die Customer Experience bietet zahlreiche Möglichkeiten, Prozesse wie die Bargeldverarbeitung effizienter und sicherer zu gestalten.“