Es ist eine wahre Datenflut, die das Energiemanagement im Handel mit sich bringt. Von der zunächst einfach klingenden Optimierung des Einsatzes von Strom und Wärme können gerade im Handel vielfältige Energiequellen und Verbrauchspunkte betroffen sein – Beleuchtung und Kältetechnik, Lüftung und Klimatisierung, Wärmerückgewinnung und eigene Erzeugungsanlagen von der Wärmepumpe bis zu Photovoltaik. Hinzu kommen weitere Faktoren wie die Gebäudetechnik, Serviceangebote wie Ladestationen und auch das Wetter.

Die Digitalisierung unterstützt zum einen bei der Erhebung, Kontrolle und Auswertung der Daten sowie bei der Identifizierung, Implementierung und Evaluation der geeigneten Maßnahmen. Zum anderen können dank Internet der Dinge und Künstlicher Intelligenz selbstlernende Komponenten die Steuer- und Regeltechnik ergänzen und so eine energieoptimierte Steuerung der Anlagen ermöglichen – an einzelnen Standorten ebenso wie filialübergreifend.

Das Münchener Unternehmen Coneva, eine 2018 gegründete Tochter des Photovoltaikspezialisten SMA, setzt für Nachhaltigkeit im Gebäudemanagement vor allem auf eine Kombination von digitalen Lösungen und erneuerbaren Energien. Conevas hauseigenes Energiemanagementsystem basiert auf Ennexos, einer von SMA entwickelten IoT-Plattform für Energiemanagement, und sorgt dem Unternehmen zufolge zunächst für umfassende Transparenz und Analyse sämtlicher Energieströme und optimiert dann das Zusammenspiel von Erzeugung und Verbrauch – für Strom, Wärme, Kälte und Mobilität. Dafür wird das Energiemanagement-System in das Smart Meter Gateway des Unternehmens integriert. Das hat den Vorteil, dass nicht nur Verbrauchsdaten übertragen, sondern auch Energieerzeuger und -verbraucher angesteuert werden können. Der Zugang erfolgt über ein zentrales Cloud-basiertes Onlineportal. Auf diese Weise arbeitet das System herstellerunabhängig, sowohl bei der Mess- und Gebäudetechnik als auch bei der technischen Filialausstattung.

Soll-Ist-Vergleich: Energie sparen mit Einsparzählern

Über das Förderprogramm „Einsparzähler“ unterstützt der Spezialist Hörburger Handelsunternehmen, die Effizienz-Dienstleistungen und smarte Systeme zur Einsparung von Energie erproben möchten.
Ziel des Programms ist es, den Trend zur Digitalisierung auch für Energieeffizienz nutzbar zu machen – es geht nicht um die Zähler selbst, sondern darum, Energieeinsparungen mit ihnen sichtbar zu machen.

Hörburger untersucht zunächst, welcher energetische Aufwand in die Filiale gesteckt wird und welche Einflussgrößen dafür entscheidend sind. Mit Hilfe eines digitalen Zwillings wird dann sowohl der Lastgang abgebildet, wie er sich ohne Effizienzmaßnahmen dargestellt hätte, als auch der mit Hilfe dieser Maßnahmen erreichte Ist-Lastgang. Das macht zum einen eine belastbare Bewertung von Effizienzmaßahmen an dem konkreten Standort möglich als auch Benchmarks für andere Standorte.

30 Prozent Ersparnis möglich

Wie zwei Anwendungsfälle von Coneva zeigen, lohnt es sich gerade bei komplexen Systemen, an mehreren Stellschrauben zu drehen. Bei einem LEH-Unternehmen mit mehr als 2.000 Filialen in der EU brachte das Coneva-Energiemanagement ein Sparpotenzial von drei bis fünf Prozent durch die Transparenz, von jeweils fünf bis zehn Prozent durch lokale Optimierungen und die Anlagenintegration sowie weitere zehn Prozent durch die Energiemarktintegration – insgesamt ist laut Coneva ein Einsparpotenzial von bis zu 30 Prozent möglich. Und bei einem anderen LEH-Betrieb, der bei einer Stromrechnung von rund 100.000 Euro pro Jahr viel Energie für die Kühlung verwendete und zudem seine Ladeinfrastruktur ausbauen wollte, brachte der Bau einer Photovoltaikanlage samt Speicher eine Ersparnis bei den Stromkosten von 15 Prozent. Weitere 20 Prozent konnten mit digitalen Services und der Optimierung erreicht werden.

Eine Senkung des Energieverbrauchs um 20 Prozent ist auch aus Sicht von Recogizer realistisch. Das Unternehmen hat ein selbstlernendes System für klimatechnische Anlagen entwickelt, das den Energieverbrauch reduziert und gleichzeitig den Komfort in Gebäuden verbessert. Die KI-Lösung erschafft digitale Zwillinge von Gebäuden und deren technischen Anlagen. Dadurch werden in Echtzeit Wärme-, Klima- und Lüftungstechnik unter Berücksichtigung von Umweltbedingungen und Nutzungsparametern automatisch gesteuert. Dabei lernt das System immer weiter dazu und optimiert sich im 15-Minuten-Rhythmus. Laut Recogizer ermöglicht vor allem die zunehmende Vernetzung in Gebäuden eine solche intelligente Datennutzung.

Unter anderem bei der Breuninger-Filiale in Freiburg ist das System bereits im Einsatz. Der Store hat eine Nutzfläche von rund 13.400 qm über sechs Verkaufsetagen, die in 17 Klimazonen unterteilt sind und von zwei Gaskesseln, zwei Kältemaschinen und vier Lüftungsanlagen versorgt werden. Nach 24 Monaten mit der Recogizer- Lösung verzeichnete Breuninger eine Energieersparnis von 25 Prozent beziehungsweise 640.000 kWh. Technologiepartner Recogizer erhielt vom EHI die Auszeichnung „Top Supplier Retail 2020“.