Dynamic Pricing: Neue Chancen durch KI | stores+shops

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Pricing beinhaltet zahlreiche Variablen und unbekannte Größen. Der Einsatz Künstlicher Intelligenz könnte eine Möglichkeit sein, Daten zum Vorteil der Händler:innen einzusetzen.
Foto: zapp2photo/stock.adobe.com

Dynamic Pricing: Neue Chancen durch KI

Der Preis ist eine zentrale Stellschraube für den Unternehmenserfolg. Tausende von Preisen laufend der Marktsituation und den Geschäftszielen anzupassen, ist jedoch eine zeitaufwendige Fleißaufgabe. Wie kann Künstliche Intelligenz hier unterstützen?

Umsatz, Gewinn, Marktanteil – Preise haben unmittelbaren Einfluss auf Unternehmenskennzahlen und Kundenzufriedenheit. Preissenkungen und Rabatte wirken meist schnell. Doch wirken sie optimal? Vor allem für Handelsunternehmen mit breitem Sortiment, mehreren Standorten und unterschiedlichen Vertriebskanälen ist diese Frage nicht leicht zu beantworten. Denn Pricing beinhaltet zahlreiche Variablen und unbekannte Größen.

Mit KI gegen Lebensmittelverschwendung: Abhängig vom Haltbarkeitsdatum passt die Software von Wasteless den Preis frischer Lebensmittel automatisch an

Mit KI gegen Lebensmittelverschwendung: Abhängig vom Haltbarkeitsdatum passt die Software von Wasteless den Preis frischer Lebensmittel automatisch an
Foto: Wasteless

Michael Feindt, Physiker und Gründer der zur Otto Group gehörenden Software-Firma Blue Yonder, sieht hier ein Einsatzgebiet für Künstliche Intelligenz: Smarte Maschinen seien dem menschlichen Hirn weit überlegen, wenn es darum gehe, anhand einer Vielzahl von Daten präzise Prognosen zu treffen und die richtigen Schlüsse zu ziehen. „Entscheidungen unter Unsicherheit zu treffen, dafür ist der Mensch nicht gemacht. Egal wie viel Berufserfahrung er hat“, sagt er.

Big Data statt Blindflug

Die Lösungen von Blue Yonder sollen zuverlässige Prognosen und Entscheidungen entlang der Supply Chain ermöglichen. Neben der Beschaffungsoptimierung oder der Regal- und Flächenplanung zählt dazu auch ein Modul für KI-basierte Preisentscheidungen. Um beispielsweise den besten Zeitpunkt und die optimale Höhe einer Preisreduzierung zu bestimmen, prognostiziert der lernende Algorithmus anhand von Faktoren wie Wetter, Saisonalität oder besonderen Events das wahrscheinliche Verbraucherverhalten. Dabei berücksichtigt die KI auch unterschiedliche Preiselastizitäten. Abhängig vom Warenbestand und den unternehmerischen Zielvorgaben ermittelt die Software den optimalen Preis.

Unternehmen aus dem E-Commerce, darunter beispielsweise Bonprix, können dank Dynamic Pricing Preisänderungen heute sehr kurzfristig bestimmen und umsetzen. Die Otto-Tochter mit rund 35 Mio. Kund:innen in 30 Ländern arbeitet bereits seit 2014 mit Blue Yonder. Aber auch im stationären Handel sparen automatisierte Pricing-Prozesse Zeit, entlasten das Verkaufspersonal und tragen so nicht nur durch marktgerechte Preise und optimierte Aktionen,sondern auch durch verbesserten Kundenservice zur Marge bei. In Deutschland plant z. B. Takko Fashion seine Abschriften mit Blue Yonder. Der Mode-Discounter betreibt europaweit knapp 2.000 Filialen und mehrere Onlineshops.

Bonprix ist Teil der Otto Group und arbeitet seit Jahren mit Dynamic Pricing von Blue Yonder

Bonprix ist Teil der Otto Group und arbeitet seit Jahren mit Dynamic Pricing von Blue Yonder
Foto: Bonprix

Preisentscheidungen mithilfe von KI und Big Data im Hinblick auf die Unternehmensziele zu optimieren sei sinnvoll, findet Tim Brzoska, Seniorpartner bei der Strategieberatung Simon-Kucher & Partners in Köln. Rund 30 bis 50 Prozent aller Preisaktionen würden unterm Strich zu Ertragsverlusten führen, schätzt Broska, der Unternehmen aus dem Einzelhandel und der Konsumgüterbranche berät. Promotions seien ein bisschen wie Drogen: „Kurzfristig helfen sie, doch nach längerem Gebrauch zeigen sich Nebenwirkungen. “KI helfe, komplexe Zusammenhänge zu analysieren und unerwünschte Auswirkungen zu vermeiden: „Eine leistungsfähige Pricingsoftware kann mit automatisch generierten Preisen dazu beitragen, die Preissetzung konsequent an der gewählten Strategie auszurichten und so zu einem klaren Preis-Image und besseren Ergebnissen führen“, sagt er.

Suchmaschinen und Marktplätze liefern Preisvergleiche heute per Mausklick, Händler können Online-Preise schnell und ohne manuelle Umzeichnung anpassen. Ein häufiger Einwand gegen Pricingsoftware lautet deshalb, dass der Einsatz in unwirtschaftlichen Preiskämpfen münde. Große digitale Wettbewerber, so die Sorge kleinerer Anbieter, könnten versuchen, die Logik der Pricing-Maschinen auszunutzen, um durch automatisch generierte Preisvorschläge eine Abwärtsspirale in Gang zu setzen – so lange, bis die Konkurrenz nicht mehr mithalten kann, weil ihr Einstandspreis unterschritten würde.

Intelligente Pricingtools von Anbietern wie Revionics, GK Software oder Blue Yonder können jedoch mehr, als Preisregeln zu befolgen, wie: „Bleibe stets X Prozent oder Y Euro unter dem niedrigsten Preis.“ Sie sind in der Lage, eine Vielzahl von Faktoren einzubeziehen,die ebenfalls in die Kaufentscheidung einfließen, beispielsweise die lokale Verfügbarkeit, Lieferzeiten, zusätzliche Service-Leistungen, Zahlungsmöglichkeiten oder das Vertrauen der Kundschaft in den Anbieter. Auch Einstandspreise oder Mindestmargen fließen in das Regelwerk ein.

Definition: Preiselastitzität

Der Begriff beschreibt, wie stark sich die Nachfrage abhängig vom Preis verändert. Das macht die Preiselastizität zu einer wichtigen Größe, um die Reaktion der Kundschaft auf Preisänderungen zu prognostizieren. Ohne KI ist sie schwer zu bestimmen. Zum einen handelt es sich nicht um eine lineare Funktion, sondern um eine Kurve. Die Preiselastizität eines Artikels ist somit nicht konstant, sondern variiert abhängig vom Preisniveau. Zum anderen treten Preisänderungen in der Praxis – anders als im mathematischen Modell – fast nie isoliert auf. Smarte Pricing-Algorithmen berücksichtigen deshalb eine Vielzahl weiterer Einflussfaktoren wie Wetter, Saisonalität oder Wettbewerbspreise für optimale Preisvorschläge. Auch unterschiedliche Preiselastizitäten,z. B. für einzelne Regionen, Filialen oder Vertriebskanäle können ermittelt und für differenzierte Preise genutzt werden.

Automatisch auf und ab

Unternehmen, die Pricingsoftware einsetzen, stellen oft fest, dass wettbewerbsfähige Preise nicht automatisch mit Preissenkungen verbunden sind. Vielmehr schlägt der Algorithmus auch Erhöhungen vor, wenn sie zielführend sind. So nutzt beispielsweise die Einkaufsgenossenschaft Euronics eine SaaS-Lösung des deutschen Anbieters Xpln, um für die rund 1.200 angeschlossenen Elektrofachhändler in Deutschland automatisch optimierte Preisvorschläge bereitzustellen. Das Systemsorge dafür, dass die eigenen Händler weder zu teuer noch zu günstig anbieten, heißt es aus der Zentrale. Auch die Popken Fashion Group nutzt ein Tool von GK für die Optimierung der Preise in seinen 23 Onlineshops und 250 Filialen. Tests hätten gezeigt, dass bei ausgewählten Artikeln auch Preiserhöhungen einen positiven Effekt auf den Rohertrag hätten.

Eine Vielzahl von Anbietern stellt mittlerweile Pricingsoftware als SaaS-Lösung aus der Cloud bereit, darunter deutsche Start-ups wie Pricefx, Sellerlogic oder 7 Learnings. „Predictive Pricing ist aktuell der am schnellsten und einfachsten zu implementierende Hebel, mit dem Einzelhändler ihre Gewinne steigern können“, glaubt Felix Hoffmann, Gründer und CEO von 7 Learnings. Zu deren überwiegend mittelständischen Kunden zählt neben reinen Online-Anbietern unter anderem Intersport Krumholz mit fünf Filialen.

Digitale Preisauszeichnung mit ESL-Technologie kann auch stationären Händlern den wirtschaftlichen Einsatz von Dynamic Pricing erleichtern. Vorteile versprechen optimierte Anpassungen vor allem im Bereich verderblicher Ware. Das niederländische Start-up Wasteless bietet Supermärkten eine digitale Lösung, deren automatisch generierte Preise das Mindesthaltbarkeitsdatum berücksichtigen. Die Software senkt die Preise abhängig von der Nachfrage schrittweise, und nicht erst kurz vor dem Verfallsdatum. Dies komme bei der Kundschaft gut an, ist Marketing-Leiter Davit Kat überzeugt.

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