Viele Einzelhändler stehen vor der Frage, wie sie Prozesse effizienter gestalten, Mitarbeitende bei repetitiven Tätigkeiten entlasten und Kundenerlebnisse verbessern können. Eine Antwort darauf kann Smart Data Capture sein – eine Technologie, die Smartphones und andere Smart Devices in Werkzeuge für die Datenerfassung verwandelt und Informationen zu den gescannten Artikeln in einem Augmented Reality-Overlay einblenden kann.

Von Kasse bis Kommissionierung

Per Scan rufen Mitarbeitende beispielsweise detaillierte Informationen zur Pflege, Kompatibilität oder Handhabung von Produkten oder zur Verfügbarkeit anderer Produktvarianten im Lager ab, um Kundinnen und Kunden zu beraten. Als Bestandteil von mobilen POS-Lösungen kann Smart Data Capture das Anstehen an der Kasse überflüssig machen. In Kunden-Apps ermöglicht es bewusstere Kaufentscheidungen, da Kund:innen Produktinformationen, Testberichte oder individuelle Angebote per Scan abrufen können.

Die AR-gestützte Datenerfassung kann auch bei der Warenannahme und Kommissionierung von Bestellungen unterstützen, indem es Lieferungen auf Vollständigkeit prüft und auf fehlende Artikel hinweist. Beim Scan von Regalbereichen werden Fehlbestände oder falsch positionierte Produkte erkannt und bei Inventuren nimmt es dem Personal das fehleranfällige Zählen ab. Zur Einführung der Technologie hat sich in der Praxis ein Vorgehen in vier Schritten bewährt:

1. Einen Use Case auswählen

Smart Data Capture lässt sich vergleichsweise schnell einführen. Zum Start wird der Fokus auf einen einzelnen Use Case gelegt. Welcher das sein kann, lässt sich seitens des Dienstleisters am besten mit Arbeitstagebüchern, Besuchen vor Ort und Interviews der Belegschaft ermitteln. Dabei zeigt sich, wo Prozesse ineffizient sind, monotone Tätigkeiten die Mitarbeitenden belasten oder die Qualität von Bestands- und anderen Daten leidet. Ist der Anwendungsfall ausgewählt, legt der Händler KPIs fest, anhand derer sich der Erfolg des Projekts messen lässt.

Smart Data Capture ermöglicht bewusstere Kaufentscheidungen.

Smart Data Capture ermöglicht bewusstere Kaufentscheidungen.
Foto: Scandit

2. Lösungen evaluieren

Bei Smart Data Capture sind zunächst die Basics wichtig: Händler sollten sich für eine Lösung entscheiden, die unter „echten“ Bedingungen funktioniert, also auch bei schlechten Lichtverhältnissen, beschädigten Barcodes oder ungünstigen Scan-Winkeln. Zudem sollte sich die Anwendung für mehrere Bereiche eignen und ohne Hindernisse in die bestehende IT-Landschaft einfügen. Spezialisierte Hardware ist meist nicht notwendig, da aktuelle Smartphones und Tablets leistungsstark genug für Apps mit Smart Data Capture sind. Software-Lösungen mit vorgefertigten User Interfaces, Integrationen mit wenigen Codezeilen und die Anbindung an Unternehmensanwendungen Out-of-the-Box entlasten IT- und Entwicklungsteams.

3. Anwender:innen einbeziehen

Menschen stehen Veränderungen bisweilen skeptisch gegenüber. Händler sollten ihr Personal deshalb von Anfang an einbeziehen und stets auf dem Laufenden über die geplanten Entwicklungen halten. Erfahrungsgemäß stellt sich ein Aha-Moment ein, wenn die Mitarbeitenden im Verkauf oder Lager die Auswirkungen von Smart Data Capture auf ihren Arbeitsalltag erkennen. Damit die Erwartungen nicht enttäuscht werden, muss sich die Usability allerdings an den Situationen, Abläufen und Interaktionen vor Ort orientieren. Deshalb sind regelmäßige Benutzertests notwendig, um Feedback zu sammeln und die User Experience zu optimieren.

4. Bereiche erschließen

Haben Händler den ersten Use Case umgesetzt und dessen Erfolg und ROI bewertet, können sie zunächst eine bestehende Anwendung erweitern: eine App für Mitarbeitende im Verkauf beispielsweise zur Überprüfung von Ausweisen für Altersverifikationen oder eine App für das Regalmanagement zur Kontrolle der ausgezeichneten Preise. Auch die Anzeige zusätzlicher Informationen in einem AR-Overlay ist nicht allzu aufwendig. Letztlich lassen sich die Strategien und Erfahrungen aus dem ersten Use Case aber auch für komplett neue Bereiche nutzen, um die Digitalisierung des Ladenbetriebs weiter voranzutreiben. Christian Floerkemeier ist CTO und Mitgründer von Scandit