Frau Richter, Rewe sammelt seit 2021 Erfahrungen mit dem Pick & Go-Konzept. Welche KI-Technologien werden heute konkret in den Testmärkten eingesetzt?
Im Pick & Go-Markt wird Computer Vision Technologie eingesetzt. Hierbei werden die Interaktionen mit Produkten im Markt durch Kameras erkannt. Gewichtssensoren registrieren jede Produktentnahme aus dem Regal. Jedes Mal, wenn eine Kundin oder ein Kunde ein Produkt aus einem Regal nimmt, wird es zum virtuellen Warenkorb hinzugefügt. Wird der Artikel zurückgelegt, erkennt das System auch diese Interaktion und entfernt das Produkt aus dem virtuellen Warenkorb. Rewe arbeitet bei Pick & Go mit Trigo Vision Ltd. zusammen, einem auf Computer-Vision-Technologie spezialisierten Unternehmen.
Welche Optimierungen und Neuerungen hat es bei den Technologien, aber auch in den Testmärkten über die Jahre gegeben? Welche Herausforderungen gab es bei Zuordnung, Artikelerkennung oder Warenbewegung?
Eine wesentliche Weiterentwicklung von Pick & Go in den letzten Jahren war die Einführung der Scanless-Express-Kasse als zusätzliche Pick & Go-Checkout-Variante neben der Pick & Go-App. An den Scanless-Kassen bezahlen Kund:innen an Self-Checkout-Terminals mit Computer Vision- Unterstützung, bei dem das Scannen entfällt. Stattdessen wird der zuvor erfasste Warenkorb an das Self-Checkout- Terminal übertragen. Somit können in den Pick & Go-Testmärkten alle Kundinnen und Kunden von der Nutzung der Pick & Go-Technologie profitieren. Außerdem entfällt für Kund:innen im Testmarkt in Düsseldorf das Wiegen von losem Obst und Gemüse. Denn auch das erkennt das Pick & Go-System mittlerweile.
Zur Person
Anja Richter arbeitet seit 2020 bei Rewe Digital als Product Owner im Bereich Fulfillment in Online & Mobile. Seit 2023 trägt sie als Chief Product Owner die Produktverantwortung für Rewe Pick & Go.
Wie sieht der technologische Prozess zur Datenerfassung an Frischetheken für Käse, Fleisch oder Wurstwaren in den Pick & Go-Märkten aus?
An der bedienten Pick & Go-Theke in Hamburg werden Käse, Fleisch und Wurstwaren den Warenkörben von Kundinnen und Kunden mittels Scan während der Übergabe der Produkte zugeordnet. Hierbei ist entscheidend, dass sich Kund:innen zum Zeitpunkt der Übergabe an einem vorgesehenen Übergabepunkt aufhalten. Bei Nutzung eines Pick & Go-Checkout-Formats wird der virtuelle Warenkorb inklusive Waren von der bedienten Theke entsprechend weiterverarbeitet. Dieser Prozess wird von unseren Kund:innen auch sehr gut angenommen.
Wo stoßen die Technologien an ihre Grenzen? Und was passiert, wenn unerwartete Aktionen erfolgen, beispielsweise Kundengruppen sich innerhalb des Marktes splitten?
Wir arbeiten iterativ daran, sehr viele verschiedene Use Cases im Markt umzusetzen. Uns ist hierbei wichtig, dass die Technologie Lösungen für unsere Kund:innen und unsere Märkte findet, denn der Pick & Go-Einkauf darf keine erhöhte Komplexität mit sich bringen. Gruppeneinkäufe mit Pick & Go sind möglich, da Rewe Pick & Go-Kund:innen etwaige Begleitpersonen für den Gruppeneinkauf mitregistrieren.
Wie werden die Videodaten ausgewertet? Welche Rolle spielen KI und Machine Learning in der Datenauswertung?
Die Auswertung der Videodaten geschieht ausschließlich zwecks Bereitstellung eines virtuellen Warenkorbes über den IT-Partner Trigo. In der Zusammenarbeit mit unseren unmittelbaren Dienstleistern definieren wir in unseren Verträgen verbindliche Regelungen zur Einhaltung von Datenschutz, ethischen Prinzipien und Menschenrechten. So stellen wir sicher, dass digitale Dienstleistungen entlang unserer Lieferkette im Einklang mit geltendem Recht und unseren unternehmensweiten Werten erbracht werden.
Inwieweit hilft KI dabei, das System an unterschiedliche Marktformate anzupassen?
Pick & Go ist ein lernendes System. Daher sind wir mit kleineren Marktformaten gestartet und haben uns sukzessive im Hinblick auf die Fläche, Sortimente und Kundenfrequenz weiterentwickelt, so dass wir heute einen Markt mit rund 1.200 Quadratmetern mit dem Pick & Go-System betreiben können.
Welche Auswirkungen hat das Pick & Go-System auf Umsatz, Diebstahlquote, Personalaufwand und Kundenzufriedenheit?
Das Feedback von Kund:innen ist für uns wegweisend für die Weiterentwicklung von Pick & Go. Hürden im Einkaufsprozess, wie zum Beispiel das Anstehen an der Kasse oder das Ein- und Auspacken der Artikel vom Korb in die eigene Einkaufstasche, werden abgebaut. Für Mitarbeitende in den Märkten kann sich durch Pick & Go der Aufgabenbereich verändern. Der Personalaufwand ist gleichbleibend. Bei der Diebstahlquote können wir keine Auffälligkeiten feststellen.
Wie wird das System in drei bis fünf Jahren aussehen?
Wie das System aussehen kann, werden wir mit unseren weiteren Tests erarbeiten. Welche Formate sich in der Zukunft durchsetzen werden, können wir heute noch nicht sagen. Dafür investieren wir heute schon in das Kundenerlebnis der Zukunft.
Das Interview führte Katharina Sieweke.
 
						 
							 
					
					

