Interview Schweitzer: „Flexibilität ist der Schlüssel“ | stores+shops

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Das Ladenbauunternehmen Schweitzer hat u. a. den Edeka-Zukunftsmarkt Dorfmann geplant und umgesetzt
Foto: Edeka

Interview Schweitzer: „Flexibilität ist der Schlüssel“

Bernhard Schweitzer, CEO und Inhaber, und Bernhard Heiden, CSO & Creative Director von Schweitzer über aktuelle Entwicklungen in der Ladenplanung und das Projekt Edeka „Zukunftsmarkt“ in Nauen.

Herr Schweitzer, wie beurteilen Sie aktuell die Investitionsneigung des Handels für Ladenbauprojekte in Deutschland? Welche Investitionsschwerpunkte sehen Sie?

Schweitzer: Große Handelsgruppen und Konzerne wissen, dass sie investieren müssen. Der SEH (selbständige Lebensmitteleinzelhandel) hingegen zögert, wartet die Rezessionsgespräche und politische Lage ab. Einen Investitionsschwerpunkt erwarten wir in den nächsten Jahren im Bereich Kälte, da bis Ende 2029 in ganz Europa die F-Gase ausgetauscht werden müssen. Meistens erfordert das, die gesamte Kälteanlage auszutauschen und damit eventuell auch das Mobiliar im Store. Wenn Investitionsmaßnahmen nicht getroffen werden, geraten Händler in Rückstand und bringen sich zeitlich in Schwierigkeiten, falls es zu Lieferengpässen kommt. Lassen sich 2030 noch F-Gase in einer Filiale nachweisen, droht unter Umständen die Schließung der Verkaufsfläche.

Inwiefern hat sich die Flächenplanung aufgrund der verschiedenen Ereignisse in den letzten Jahren verändert? Worauf kommt es dabei heute an?

Schweitzer: Die Coronapandemie hat uns gelehrt, nicht mehr zehn bis zwölf Jahre die gleichen Konzepte nutzen zu können. Demzufolge braucht der Handel modulare Shopsysteme, damit er schneller auf die sich wandelnden Begebenheiten reagieren kann. Auch der anhaltende Fachkräftemangel spielt dabei eine wichtige Rolle dabei. Große Discountketten werden schon deshalb massiv im Bereich Kälte nachrüsten, weil sich das Angebot, aber auch die Kunden stark verändert haben.

Heiden: Vor Corona haben wir nie parallel verschiedene saisonale Flächenlayouts erstellt. Heute werden Verkaufsflächen bereits so konzipiert, dass Alternativen direkt aufgezeigt werden können. Inzwischen integrieren wir die Fachkräfte der Filiale in den Prozess und schaffen so ein besseres Verständnis füreinander. Außerdem hat Deutschland ein Bewusstsein für gastronomische Angebote, Ready-to-eat und Ready-to-go-Sortimente gewonnen – diese Aspekte fließen ebenfalls in die Flächenplanung mit ein.

Vor einigen Jahren berichteten Sie, dass sich Ladenlayouts mit einem modularen Ladenbau schnell verändern lassen und boten ihren Kunden dafür dynamische Renovationsbudgets. Wie haben sich Investitionsplanungen infolge der letzten Jahre verändert?

Schweitzer: Handel und Dienstleister müssen lernen, in der Planungsphase transparent über Investitionssummen zu sprechen, damit Budgets zügig zur Verfügung stehen, wenn Veränderungen der Verkaufsflächen erforderlich sind. Noch fällt es sowohl uns als auch unseren Handelskunden schwer, die tatsächlich anfallenden Innovations- und Renovationsbudgets der nächsten Jahre einzuschätzen, doch es zahlt sich aus: Schnell auf Veränderungen reagieren zu können, wird für den Handel ein Erfolgsfaktor der kommenden Jahre werden.

Mit dem Zukunftsmarkt von Dorfmann wurde in Nauen ein außergewöhnliches Projekt realisiert. Außergewöhnlich sind die Nachhaltigkeitsmaßnahmen, aber auch die Investitionskosten. Was verstehen Sie unter Nachhaltigkeit? Was macht ein Konzept Ihrer Ansicht nach zukunftsfähig und wie lässt sich dies mit geringeren Budgets realisieren?

Schweitzer: Im Wesentlichen verstehen wir unter Nachhaltigkeit Reduktion. Im neuen Edeka-Markt wird weitgehend auf Verkleidungen und dekorative Elemente verzichtet. Das Interieur ist puristisch und zurückhaltend gestaltet und besteht überwiegend aus weißen Regalen und Holzelementen, deren Geruch ein wohliges Gefühl vermitteln. An dem Prototyp dieser Filiale haben wir dreieinhalb Jahre gearbeitet, haben verschiedene Materialien erprobt und mehr als zwanzig Variationen des Ladenlayouts erstellt. Dadurch waren die Investitionskosten sehr hoch. Im Ergebnis konnten wir den Materialeinsatz im Store reduzieren, ohne auf Funktionalitäten verzichten zu müssen. Aktuell arbeiten wir daran, die Learnings und alles, was wir in Nauen umgesetzt haben, gemeinsam mit Edeka Minden-Hannover in eine Multiplikation zu führen – mit dem Ziel, die Projektierung zukünftig innerhalb von zwei bis drei Monaten mit Standardbudgets durchführen zu können. Auch das ist nachhaltig.

Heiden: Edeka Dorfmann in Nauen ist der erste Laden, der in Form von Storytelling über die baulichen Maßnahmen, aber auch die Produkte informiert. Das hat es in der Form zuvor noch nicht gegeben.

Welche Besonderheiten aus dem neuen Edeka-Markt in Nauen werden wir in Zukunft auch in anderen Märkten vorfinden?

Heiden: Unter anderem das steckerfertige „Waterloop“-Kältesystem, das mit Propan geliefert wird und mit einem Druck von vier bis sechs Bar arbeitet, im Vergleich zu einer herkömmlichen Co2-Kälteanlage (bis zu 65 Bar). Steckerfertige Systeme ermöglichen schnelle Veränderungen, weil wir diese auf der Verkaufsfläche zügig neu positionieren können, ohne auf einen Kältemechatroniker zur Montage angewiesen zu sein oder das ganze Mobiliar austauschen zu müssen.

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