Fashion-Leader, Trendsetter und Gastgeber | stores+shops

Anzeige
{{{name}}}

Vorgeschlagene Beiträge

Anzeige

Das Street-Fashion-Konzept „Hinterhof 79“ im Erdgeschoss soll dem Modehaus Hagemeyer neue, junge Zielgruppen erschließen. (Foto: Hagemeyer/janvoth.com)

Fashion-Leader, Trendsetter und Gastgeber

Die Neugestaltung der 4.500 qm großen Damenmode-Flächen im Erd- und Obergeschoss von Hagemeyer in Minden ist die Hinwendung zu „Läden im Laden“ mit jeweils spitz auf die Bedürfnisse genau definierter Kundengruppen zugeschnittenen, individuellen Wareninhalten. Das hat auch Folgen für Storedesign und Ladenbau.

„Die Kunden verändern sich“, sagt Hans-Peter Vankerkom, Geschäftsfüher des Mindener Modehauses Hagemeyer, „und das müssen wir auch.“ Rund zweieinhalb Jahre ist es her, dass auf diese Erkenntnis Taten folgten. Zu dem Zeitpunkt war die Situation auf den Flächen im Modehandel festgefahren: Durch Überdistribution der immer gleichen Labels und austauschbare Warenbilder verblassten die Sortimente vor allem durch einen Mangel an Inspiration. Auch bei Hagemeyer waren die repräsentativen Flächen im Erdgeschoss von breitgestreuten Systemlieferanten besetzt. Um für die Kunden attraktiv zu bleiben, war ein Umbruch unausweichlich; dabei ging es darum, konsequent „vom Kunden her zu denken“, eine Fähigkeit, die die insgesamt 350 Mitarbeiter des 1879 gegründeten, in fünfter Generation inhabergeführten und an ihrem Standort tiefverwurzelten Familienunternehmens ihrer Nähe zum Kunden verdanken.

Vankerkom setzte sich mit seinen Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen zusammen und entwickelte Stilwelten, auf deren Grundlage man Kundenzielgruppen mit ihren individuellen Bedürfnissen und Wünschen identifizieren konnte. In der Konsequenz wurden die Marken aus´dem Erdgeschoss – einst modisch federführend, heute eher mittelmodisch – in den ersten Stock umgesiedelt. Die Flächen für Systemlieferanten im Erdgeschoss schnurrten von 1.500 qm auf 272 qm zusammen.

In Stein und Beton für die Ewigkeit
zu investieren – das ist passé.

Hans-Peter Vankerkom

Geschäftsführer Modehaus Hagemeyer

Früher die Visitenkarte des Hauses, fungieren sie nun als „Klammer“ für die neuentwickelten Segmente, allen voran das „Loft“, das mit seinen sorgfältig kuratierten Wareninhalten nun das Herz der Mode ist. Auch der 184 qm große Mango-Store soll mit seinem Hagemeyer-spezifischen Sortiment Sogwirkung entfalten. Von der gezielten Hinwendung zu neuen, jüngeren Kundenzielgruppen zeugen vor allem das Trend-Fashion-Konzept „Hinterhof 79“ und der Sneakers-Store „Yourwayz“, der als Bindeglied zwischen den Zielgruppen-Welten fungiert. Beide Begriffe wurden als Wortbildmarken europaweit geschützt und aus dem Corporate Design herausgelöst. Sie agieren mit eigenem CD und eigener Kommunikations- und Marketingstrategie völlig autark. Auf Screens laufen selbstproduzierte Filme, es gibt einen eigenen „Hinterhof 79-Rap“ und ein spezielles Instagram-Team.

Kundenzentrierte Gestaltung

Auf den Multilabel-Flächen im ersten Stock wurden die früher dominierenden Klassik-Lieferanten um 50 Prozent zurückgefahren, nun haben hier einzelteilige, kuratierte Looks das Sagen, die Lieferanten-übergreifend konsequent in Farbbildern dargestellt werden, segmentiert in drei optisch sanft ineinander übergleitende Stilwelten mit der zentral gelegenen Marc O’Polo-Fläche als „Scharnier“. Die größte Fläche mit 1.488 qm ist einem gepflegten, lässig-modernen Stil vorbehalten. Grundsätzlich findet die Kundin in jeder Stilwelt aber sowohl Casuals als auch formelle Looks sowie Anlassmode. Ein Biba-Shop rundet das Portfolioab; seine separate Lage in dem charmanten, 1597 erbauten Giebelhaus, der Keimzelle der 18.000 qm Verkaufsfläche umfassenden Immobilie, unterstreicht den Boutique-Charakter.

Wie tief der „kulturelle Wandel“ bei Hagemeyer greift, zeigt nicht zuletzt die Tatsache, dass statt der Mode nun die Gastronomie das Unternehmen nach außen repräsentiert: Das erste, was Passanten in der Fußgängerzone der 80.000-Einwohner-Stadt am nordöstlichen Rande Nordrhein-Westfalens von Hagemeyer wahrnehmen, ist nun das „Brot & Kaffee“-Konzept „Pano“, das auf einer Außenfläche sowie zwei Etagen des Giebelhauses residiert. „Dass das Herzstück von Hagemeyer für die Gastronomie ausgewählt wurde, zeigt unser neues Denken“, sagt Hans-Peter´Vankerkom. Das „Pano“-Kaffeehaus ergänzt die etablierte Gastronomie mit dem Restaurant „Hermann’s“ im 4. und der italienischen Kaffeebar im 1. Stock sowie die „Frooters“ Saft-Bar im Erdgeschoss.

Hermann Hagemeyer

Adresse Scharn 9-17, 32423 Minden
Gründungsjahr 1879 als Uniformschneiderei,
heute in 5. Generation inhabergeführt
Gesamt-Verkaufsfläche 18.000 qm
Umsatzanteile DOB (rd. 50 % Umsatzanteil),
HAKA (rd. 30 %), Accessoires (rd. 20 %)
Mitarbeiter 350

Was bedeutet das alles für das Storedesign? Hier kommt die Zusammenarbeit mit Dan Pearlman Markenarchitektur ins Spiel. Auf der Grundlage der von Hagemeyer entwickelten Kundentypologien und Stilwelten hat die Berliner Kreativagentur das Ladenbaukonzept entwickelt. „Es entstand nicht aus einer losgelösten Ästhetik, sondern konkret aus den einzelnen Stilwelten heraus“, sagt Vankerkom, „es ging uns um eine architektonische Handschrift, die der Kundensicht entspricht.“

Das Konzept soll sich mit den Kunden weiterentwickeln und künftig einmal jährlich auf Aktualität hin überprüft und angepasst werden – was auch Folgekosten nach sich zieht. Die klare Vorgabe an die Gestalter war daher: „Die Grundästhetik des Konzepts muss mit einer wirtschaftlich vertretbaren Lösung in Einklang gebracht werden.“ Der Einrichtungspreis pro Quadratmeter wurde um gut 25 Prozent heruntergefahren.

Zur Kostenminderung bot sich die Überprüfung der eingesetzten Materialien an, denn „Funktionalität und Stimmigkeit spielen eine größere Rolle als Langlebigkeit“. Einen Sonderstatus genießen Boden, Licht und Decke als zwar teurere, aber auch langlebigere Elemente. „Insbesondere die Beleuchtung halte ich für sehr wichtig“, so Vankerkom, während beim Ladenbau, der heute nicht mehr 15 Jahre halten müsse, „die größte Notwendigkeit zur Flexibilität besteht.“

Fakten zum Umbau

DOB-Flächen im EG

  • Multilabelfläche „Loft“ 815 qm
  • Systemlieferanten (S.Oliver, Tom Tailor, Esprit)272 qm++ Trend-Fashion-Store „Hinterhof 79“ 390 qm
  • Sneakers-Store „Yourwayz“ 115 qm

DOB-Flächen im 1. OG

  • 705 qm, 786 qm und 1.488 qm für die drei Stilwelten „Lässig und variabel“,„Edel und außergewöhnlich“, „Komfortabel undentspannt“
  • Marc O’Polo-Store 152 qm
  • Biba-Boutique 81 qm

Gastronomie-Flächen in der DOB

  • „Pano“ 280 qm über zwei Etagen zzgl. Außenfläche
  • „Frooters“ Saft-Shop im EG 47 qm
  • „Dolce“ Kaffee-Bar im 1. OG 64 qm

Storedesign und Ladenbau

  • zugrundeliegendes Stilwelten-Konzept: Mitarbeiter/innen von Hagemeyer
  • Zeitfenster: Beginn der Neukonzipierung Ende 2014, Beginn der Bauarbeiten 2. Januar 2017, Neueröffnung 11. März 2017
  • Konzept: Dan Pearlman Markenarchitektur
  • Bauleitung: Paul Neumann, Hagemeyer
  • Umsetzung: Schlegel Ladenbau
  • Licht: Konzept Dan Pearlman, Beleuchtung D+L Lichttechnik
  • Weitere Gewerke: ortsansässige Betriebe

Die gestalterische Nähe zu den einzelnen Kundenzielgruppen wird auf den ersten Blick deutlich: Im „Hinterhof 79“ Aufregung pur: schwarze Wände, knallige Graffiti-Schriftzüge, Screens, Beton-Optiken, Möbelelemente aus unbehandeltem, hellem Holz.

Aufregung vs. Ruhe

Den Eingang zum „Yourwayz“ Sneaker-Store markiert eine weiße Streckmetall-Wand, dazu Beton-Optiken sowie weiße und schwarze Rückwände und Möblierung. Im „Loft“ helle glatte Wände im Wechsel mit kreideweißen Backsteinoptiken oder schwarzen Metro-Fliesen, Vinyl- und Parkettböden, Highlight Tische im Vintage-Look und wiederum helle Holzmöblierung.

Die gesamte Fläche im ersten OG ist von Helligkeit, Natürlichkeit und Ruhe geprägt, es herrscht gut überschaubare Klarheit: farblich neutrale Fliesen auf den Laufwegen zu Vinylböden in skandinavischer Holzoptik, schlichte Beton-Wände im Wechsel mit hellen oder grau getönten Holzverkleidungen, Möblierung und Highlight-Kuben aus hellem Holz, dazu schwarzgepulverte Metallrahmengestelle zur Definition von Deko-Flächen oder des Marc O’Polo-Shops.

Obwohl die höchsten Quadratmeter-Umsätze im ersten Stock erzielt werden, steckt der Löwenanteil der Investitionen im Erdgeschoss: in der Gastronomie, dicht gefolgt vom „Loft“, dessen Altbau-Situation eine Anpassung der Klima- und sonstigen Technik erforderte. Dementsprechend hätte man früher die höchste Umsatzerwartung an eben diese Flächen gerichtet, die aktuelle Situation im stationären Handel erfordert jedoch den Mut, in eine in der Zukunft liegende Gewinnerwartung zu investieren.

Da ist die Begünstigung des Erdgeschosses als erklärter „modischer Profilfläche des Hauses“, wo die Erschließung von Neukunden und jüngeren Zielgruppen auf dem Spiel steht, nur folgerichtig. „Hier wollen wir wahrnehmbar sein als Fashion-Leader, Trendsetter und Gastgeber“, so Vankerkom.

Bilder (6): Hagemeyer/janvoth.com

Weitere Informationen: redaktion@ehi.org

Produkt-News