Es scheint, als hätten Ladenbesitzer die Gastronomie neu entdeckt. Cross-over-Konzepte wie Brot & Butter oder Eataly machen es vor, und auch Bäcker und Metzger haben in den letzten Jahren in den Außer-Haus-Verzehr-Markt investiert. Der Lebensmitteleinzelhandel zieht mit Konzepten wie „Made by Rewe“ nach, und auch Geschäftsinhaber des Nonfoodhandels überlegen, wie sie mit Crossover Mehrwert schaffen können.

Frische Gastrokonzepte sind en vogue. Im Fokus steht alles, was sich schnell zubereiten lässt: Italienisches von Antipasti über Pizza bis Risotto, Fleisch- und Fischgerichte, frische Salate, selbst belegte Sandwiches, heiße Suppen, Obstsalate, frisch gepresste Säfte und vieles mehr. Und wenn eine Verknüpfung mit dem eigenen Sortiment möglich ist, umso besser. Es muss wieder Leben in die manchmal zu sterilen Luxus-Einkaufstempel. Menschen wollen verweilen können, Ansprache finden, dort ihren Hunger stillen, wo sie gerade sind. Die Welt ist mobil, starre Mahlzeiten-Strukturen sind aufgebrochen. Der Konsument hat wenig Zeit, ist immer „on the run“. Man isst, wo man ist.

Für den Handel wird es immer wichtiger, Einkaufserlebnisse zu schaffen, die das Internet nicht bietet.

Ralph Kölch

Geschäftsleitung Marketing und Vertrieb, Winterhalter Deutschland

Welche Technik braucht es, um das Ladengeschäft aus gastronomischer Sicht für Kunden attraktiv zu gestalten? Reicht eine Food & Beverage-Station, oder soll es gleich ein ganzer sogenannter Free-Flow-Bereich sein, wie er in modernen Betriebsrestaurants vorzufinden ist? Oder – wie Rewe mit „Made by Rewe“ zeigt, darf es Systemgastronomie in direkter Anbindung an den Laden sein? Allen Konzepten gemeinsam ist die Schaffung eines sozialen Treffpunkts dort, wo viele Menschen sich tagsüber aufhalten.

Es geht also nicht nur um Verkauf, sondern auch darum, einen Treffpunkt zu schaffen. Wo marktplatzähnliche Szenarien aus Restaurant, Café, Bar und Bäckerei „eine Nummer zu groß“ sind, können mobile Kochstationen eingesetzt werden. Vorteil dieser Frontcooking-Elemente: Sie sind flexibel, oft sogar mobil und können dank innovativer Ablufttechnik an jedem Ort aufgestellt werden.  

Mobile Kochstationen

Ist die Entscheidung für ein gastronomisches Angebot gefallen, geht es um die Detailplanung. Free-Flow-Konzepte aus der Gemeinschaftsverpflegung und innovative Foodservice-Konzepte sind adaptierbar, je nach eigenem Warenangebot und individuellem Konzept. Ob gehobene oder zwanglose Gastronomie, ob stationär oder mobil, ob Fast-Food oder Slow-Food – die Küchentechnik muss auf das Konzept und die Bedürfnisse der Zielgruppe abgestimmt sein. Frisch vor den Augen der Kunden zubereitet oder fix und fertig von einer Küche geliefert – alles ist möglich. Wertige Materialien, Profikochtechnik und leichte Bedienbarkeit sind Pflicht, Design und das trendige Drumherum die Kür.

Frontcooking kann durchaus Entertainment-Charakter haben. (Foto: Blanco)

Frontcooking kann durchaus Entertainment-Charakter haben. (Foto: Blanco)

Handelsgastronomie erfordert einen etwas anderen Denkansatz als der Ladenbau, dessen Renovierungszyklen oft kürzer sind. Die Planung gastronomischer Einrichtungen kann eine längerfristige Perspektive haben. Es müssen Hygieneanforderungen und gesetzliche Vorschriften eingehalten werden. Je nach Verwendungszweck müssen Lebensmittel gekühlt oder erhitzt werden, man braucht Kühl- und Heiztechnik. Luft muss zugeführt und Abluft entsorgt werden. Die Küchentechnik muss auf kleinstem Raum voll funktionstüchtig und ggf. für einen Free-Flow-Bereich zugelassen sein. Ob Spülmaschine für Geschirr und/oder Gläser, Kombidämpfer, Induktionsfläche, Backofen oder Küchenblock – die Geräte müssen für den gewerblichen Einsatz geeignet sein. Alle Küchenprozesse müssen problemlos ablaufen können, Rein- von Unreinbereichen getrennt sein. Was also gibt es seitens der Küchentechnik und des Thekenbaus für die direkte Begegnung mit dem Gast zu beachten? „Die Konzeption einer geeigneten Lösung sollte die Fragen beantworten: In welchem Bereich soll die Gastronomie angesiedelt werden? Welche Zielgruppe will ich ansprechen, und in welcher Lage soll sie sein? Danach sind individuelle Lösungsansätze erforderlich“, sagt Sabine Zimmerer, Leitung Marktkommunikation D-A-CH beim Anbieter Rational. Denn die Erwartungen der Kunden haben sich in den letzten Jahren gewandelt. Ob heiße Theke, eigenproduzierte Speisen in einer SB-Theke oder eine Bistro-Lösung im Vorkassenbereich, für die Produktion der Speisen ist ein multifunktionales Gargerät zu empfehlen.

Alle Speisen können damit einfach produziert werden. „Die Fragen hinsichtlich Warenpräsentation, Abluft, Hygiene und Installation unterscheiden sich nicht von der Gastronomie“, sagt Sabine Zimmerer. „Mit einem multifunktionalem Gargerät können unterschiedliche Formate wie Frühstück, Snack, heiße Theke, Mittagstisch, Backen oder Abendverpflegung – sei es Pizza, Flammkuchen oder Pasta – einfach zubereitet werden. Zum Beispiel kann Rührei mit Würstchen, Grilltomaten, Bacon, Toast und Champignons zeitgleich und ohne Überwachung zubereitet werden. Die Abläufe müssen genau festgelegt und definiert sein.“

Michael Schneider, Verkaufsleiter bei Rational, zählt einige Handelskunden auf, mit denen das Unternehmen zusammenarbeitet. So betreiben rd. 100 Rewe-Märkte im Gebiet Rhein-Main eine heiße Theke. Rewe München startete vor 3 Jahren ein Projekt heiße Theke. Auch die Edeka Hannover-Minden, Edeka im Ruhrgebiet sowie Edeka am Flughafen München zählen zu den Kunden des Unternehmens.

Gerätepark

Torsten Hehner, Geschäftsführung Ubert Gastrotechnik, erklärt, wie er sich ein Cross-over-Gastronomiekonzept für den Handel vorstellt: „Die Hauptbestandteile einer heißen Theke sind Rotisserien für Grillprodukte, heiße und kalte Ausgabetheken und verschiedene Grillgeräte wie Griddleplatte oder Rostgrill. Da der Trend zum kompletten Menü geht, kann ein Kombidämpfer zur Produktion von Gemüse und Sättigungsbeilagen hinzukommen. Wenn die räumliche Situation es zulässt, sollten Durchreiche-Geräte gewählt werden, damit diese mit Gargut von der Vorbereitungsküche aus bestückt werden können. Dadurch können sich die Mitarbeiter im Verkauf ausschließlich um das fertige Produkt kümmern. Außerdem ist so eine mögliche Kontamination der frischen Ware im Verkaufsbereich ausgeschlossen.

Handelsgastronomie: Relevante Geräte

Foto: Ubert

Foto: Ubert

  • Zu- und Abluftgeräte
  • Spülmaschine (mit Wasserfilter)
  • Kühlen: Kühlwannen für SB-Salate/Säfte etc. – evtl. auch mit Crushed Ice, Kühlungen für Desserts (Zapfanlage) und/oder Flaschen, Unterbaukühlungen, Flaschenkühlregal für Selbstbedienung
  • Frontcooking: Induktions-Ceran-Kochfelder, Griddle-Platte, Grill, Fritteuse
  • Warmhalten: Bain Marie, Oberhitze, Unterhitze, Heiß-Trocken-Becken, Wärmeplatten, Chafing-Dish
  • Aufwärmen: Merry-Chef, Kombidämpfer, Mikrowelle, Heißluft-Ofen
  • Snack-Vorbereitung: Belegstation mit Unterbaukühlung
  • Nebenräume: Kühlzelle, Herd, Ofen, Tiefkühl-, Gewerbekühlschrank, Konfiskat-Kühler
  • AFG-Anlage (alkoholfreie Getränke) mit Sirupzubereitung
  • Kaffeemaschine
  • Kasse

Quelle: Aichinger

Je nach Konzeption kann eine heiße Theke natürlich mit anderen Frontcooking-Elementen erweitert werden, zum Beispiel einem Wok. Darüber hinaus können noch weitere sogenannte Food-Sektionen zum Einsatz kommen: eine Pizzastation mit Pizzaofen oder Durchlaufofen, Pizza-Ausrollmaschine sowie Vorbereitungstisch mit Unterbaukühlung und gekühlter Toppingstation. Ein Pastabereich mit Pastakocher, Bain Marie für Soßen und einer Pfanne oder Wokpfanne zum Anrichten. Ein Asiabereich mit Induktionskocher mit mehreren Wok-Pfannen, einem Reiskocher sowie einer Auftischkühlung für die Zutaten. Für den Fisch- und Fleischbereich sind getrennte Bratflächen sowie getrennte Kühlmöglichkeiten erforderlich.

Dünste abführen

Heißgetränke liefern Kaffee- bzw. Spezialitätenmaschine, Kaltgetränke werden gezapft oder in Flaschen angeboten. Lüftungstechnisch sollten der Koch- und der Zubereitungsbereich von der Marktfläche getrennt werden. Dies wird durch Luftschleieranlagen erreicht, die gefilterte Zuluft, im Sommer klimatisiert, im Bereich der Theken zuführen. Hauben oberhalb der thermischen Geräte filtern aufsteigende Koch- und Bratdünste aus der Luft und führen sie ab. Dadurch wird verhindert, dass sich verbrauchte Luft aus dem Frontcooking-Bereich in großen Mengen in den Verkaufsbereich ausbreitet. Außerdem sind Lager- und Kühlbereiche erforderlich sowie ausreichende Vorbereitungsflächen und Spülmöglichkeiten.“ 

Gastronomie im Handel wird sich zukünftig enger mit dem Handelssortiment verknüpfen.

Günter Muth

Leiter Marketing und Vertrieb, Aichinger

Gewerbliche Spülsysteme sind die Kernkompetenz der Firma Winterhalter Deutschland. Ralph Kölch, Geschäftsleitung Marketing und Vertrieb: „Grundsätzlich empfiehlt sich in allen Bereichen, in denen Speisen und Getränke außer Haus konsumiert werden, die Investition in eine gewerbliche Geschirrspülmaschine. Zum einen sind der Betreiber und der Gast auf der sicheren Seite, was die Hygiene anbelangt, zum anderen ist der Zeitfaktor bestechend, denn ein Spülgang dauert lediglich zwischen 90 und 120 Sekunden. Bereits bei der Planung muss darauf geachtet werden, welches Spülgut anfällt, dass Platz zum Abstellen des schmutzigen Geschirrs vorhanden ist und wo der Korb mit sauberem Geschirr hingestellt werden kann.“

Professionelle Warmhalteplatte im Bistro bei Zurheide

Professionelle Warmhalteplatte im Bistro bei Zurheide

Auch das Unternehmen Aichinger ist in der Handelsgastronomie aktiv. Günter Muth, Leiter Marketing und Vertrieb, schildert, was aus seiner Sicht für eine moderne Handelsgastronomie wichtig ist: Zuluft, Abluft, Fettabluft und Fettabwasser sind wichtige Kriterien. Sind die Voraussetzungen dafür nicht vorhanden, ist das oft ein K.o.-Kriterium für den nachträglichen Einbau, weil dafür dann oft hohe Investitionen erforderlich sind. „In denkmalgeschützten Gebäuden ist eine Nachrüstung oft gar nicht möglich, da beispielsweise Fettabluft immer über das Dach abgeführt werden muss, was sich oftmals mit dem Denkmalschutz nicht vereinbaren lässt“, erklärt Muth. Mobile Fettabscheider sind Muths Ansicht nach genau auf ihren Einsatz hin zu prüfen. Im Bereich der Kälte gilt: „Optimal ist der Anschluss an eine zentrale Kälteanlage. Steckerfertige Geräte erzeugen Wärme und Lärm und verbrauchen mehr Energie.“ Geprüft werden muss, ob Decken, Wände und Böden den Vorschriften der Hygieneverordnung entsprechen. Ein gutes Konzept berücksichtigt Reinigungsfreundlichkeit genauso wie ergonomische Arbeitsabläufe, kurze Wege für das Personal sowie Energieeffizienz der eingesetzten technischen Geräte. Und – trotz des Aufwindes, den die Handelsgastronomie erfährt – auch die vorherige Analyse der Frage: Lohnt sich ein gastronomisches Konzept an diesem bestimmten Standort?

Fotos: Blanco (1), Ubert (1), Zurheide (1)