Die Umkleidekabine ist der eigentliche Ort der Kaufentscheidung. „Während einladendes Ambiente und attraktive Warenpräsentation zum Einmaleins des Storedesigns gehören, gelten Umkleidekabinen offenbar immer noch als notwendige, aber ungeliebte Nebenflächen, in denen gutes Licht eher unwichtig zu sein scheint“, sagt Iska Schönfeld von Philips Lighting.

„Beim Um- oder Neubau wird lediglich nach kaufmännischen Gesichtspunkten entschieden“, be-
schreibt auch Jörg Wallmeier von D&L Lichtplanung die Sachlage. Das Ergebnis ist allerdings oft eine Zumutung für die Kundin: Die Beleuchtung lässt sie blass und ungesund aussehen, leuchtet Gesichts- und Körperfalten gnadenlos aus – und bringt die Kauflaune so binnen Sekunden auf den Nullpunkt. Lichtplaner Uwe Giebeler von der Essener Lichtagentur Start Design verweist auf den zentralen Aspekt der Lichtplanung für Umkleidekabinen: Nicht das neue Shirt oder der Bikini steht bei der Anprobe im Mittelpunkt. Giebeler: „Die Kunden wollen in erster Linie wissen: Wie sehe ich darin aus?“

Umkleide bei Hautnah Dessous in Oberhausen

Umkleide bei Hautnah Dessous in Oberhausen

Worauf müssen Einzelhändler also achten, um ihren Kunden „Schockerlebnisse“ zu ersparen? „Die Leuchten sollten so positioniert sein, dass der Kunde sein Gesicht gern im Spiegel betrachtet“, sagt Stefan Horstmann von Oktalite. Optimal ist eine Zweikomponenten-Beleuchtung: eine sanfte blendfreie, nach vorn gerichtete Beleuchtung zu beiden Seiten des Spiegels mit eher warmen Lichtfarben sowie eine weitere diffuse Ambientebeleuchtung an der Decke, die den Umkleideraum gleichmäßig ausleuchtet und dunkle Hintergründe vermeidet. Die Farbwieder-
gabestufe der Leuchtmittel sollte die höchste
CRI-Stufe haben.

Bei der Beleuchtung spielt auch das Alter der Zielgruppe eine Rolle. Als Beleuchtung für jüngere Zielgruppe kann sich Oktalite-Sprecher Horstmann sowohl eine kontrastreiche Be-
leuchtung mit starken Hell-Dunkel-Zonen als auch eine kontrastarme Beleuchtung vorstellen. Mit zunehmendem Alter steigt allerdings die Blendempfindlichkeit. Ältere Zielgruppen be-
vorzugen daher eher ein spannungsärmeres Licht mit guter Farbwiedergabe und einer hohen Beleuchtungsstärke. Beleuchtungsexperten empfehlen zudem vor allem im Damenmode-Bereich eine schmeichelnde Beleuchtung, insbesondere bei Dessous und Bademode.

Insgesamt lässt sich beim Thema „Licht in der Umkleidekabine“ auch ein Trend zur Individualisierung erkennen. Der Clou sind einstellbare Lichtszenarien, die die Vorstellung des Kunden vom Tragen eines neuen Kleidungsstückes in einer lebensnahen Situation unterstützen. Abgestimmtes Farblicht, zusätzlich zum Licht am Spiegel, kann das Licht bestimmter Tages- und Jahreszeiten simulieren oder eine Themenwelt inszenieren, zum Beispiel maritimes Blau aus der Seglerwelt. In der Filiale des Modefilialisten Mexx im niederländischen Haarlem hat Philips Lighting mit dem interaktiven LED-Beleuchtungskonzept „AmbiScene“ ein Pilotprojekt durchgeführt, bei dem das Licht beispielsweise auf die Kollektion der jeweiligen Jahreszeit abgestimmt wird.

Spiegel mit Lichtwechsel

Auch andere Hersteller entwickeln individualisierte Lichtkonzepte, so etwa D&L Lichtplanung mit dem beleuchteten interaktiven Spiegel „Ambience Mirror“, der mit unterschiedlichen Farbtemperaturen und unterschiedlicher Beleuchtungsintensität verschiedene Lichtszenarien simuliert. Die Beleuchtungs-
lösung umfasst definierte Szenarien wie zum Beispiel „romantischer Abend“, „Büro“ oder „Tageslicht“. Der Spiegel lässt sich gleichzeitig auch in unterschiedlichen Farben – etwa in Anlehnung an verschiedene Jahreszeiten – beleuchten.

LED sind aus Sicht von Philips-Lichtexpertin Iska Schönfeld gut zur Beleuchtung von Umkleidekabinen geeignet, weil sie einen geringeren Energieverbrauch als die häufig verwendeten Halogenlampen haben und die Kabine nicht aufheizen.

Lichtplaner Giebeler allerdings hält insbesondere im Textilbereich die konventionelle Entladungslampe gegenüber der Standard-LED qualitativ weiter für überlegen. Die Qualität dieser LED-Produkte sei in puncto Farbwiedergabe noch nicht wirklich mit der Brillanz von Entladungslampen vergleichbar, meint er. Die Farbsättigung der Standard-LED im Rot- und Grünbereich sei unzureichend; ein wiederum hoher Gelb- und Orangeanteil bei Standard- LED lasse jedoch einen weißen Pullover eher beige aussehen. Auch Bluejeans erscheinen unter HIT-Beleuchtung nach wie vor farbechter und frischer als unter LED-Licht. Handelsunternehmen sollten daher gerade für den Textilbereich vor der Kaufent-
scheidung entsprechende Vergleichstests von ihren Lieferanten erbitten, empfiehlt der Lichtexperte.

Fotos (2): Philips

Lassen Sie die Kunden gut aussehen

Ilka Mellert ist Innenarchitektin und entwickelt mit ihrem Büro Spracharchitektur Kommunikationskonzepte. Die Lichtexpertin sagt, worauf es bei Beleuchtung von Umkleidekabinen ankommt.

Sind Umkleidekabinen hierzulande schlecht beleuchtet?

Klein, ungepflegt, wenig einladend – so sind leider viele Umkleidekabinen. Der Kunde trifft hier jedoch seine Kaufentscheidung. Vermeiden Sie grelles, unnatürliches Licht, kalte Lichtfarben und Blendung. Direktes Licht von oben wirft harte Schatten, erzeugt Augenringe und ein Doppelkinn.

Was raten Sie?

Lassen Sie die Kunden gut aussehen! Das beginnt mit der Wahl des Leuchtmittels. Warme Lichtfarben mit guter Farbwiedergabe schmeicheln der Haut und lassen Menschen gesund und frisch aussehen. Optimal ist vertikal angeordnetes Licht seitlich des Spiegels. Es sorgt für eine gleichmäßige Ausleuchtung ohne Schattenbildung.

Welche weiteren Faktoren sind wichtig für eine verkaufsfördernde Lichtstimmung?

Verführen Sie mit Licht, das die Markenaussage unterstützt. Materialien wie Holz, Leder und Stoffe werden durch warme Lichtfarben optimal unterstützt. Kühlere Konzepte mit Glas, Metall und Stein vertragen auch etwas coolere Lichtstimmungen. Dynamisches Licht kann auf Knopfdruck angepasst werden. So kann der Kunde selbst bestimmen, bei welchem Licht er sich betrachten möchte. LED-Leuchten ermöglichen die Simulation von verschiedenen Tageszeiten – mal für das Büro-Outfit, für das Abendkleid oder den Beachurlaub.