Die Manor AG mit Stammsitz in Basel ist die größte Warenhausgruppe der Schweiz. Hervorgegangen aus den Warenhäusern der Maus Frères SA in Genf, deren Gründer, die Familien Maus und Nordmann, dem heutigen Unternehmen ihren Namen gaben, ist Manor heute mit 64 Filialen in der ganzen Schweiz vertreten. Darunter sind langjährige Warenhausstandorte wie die Häuser in Luzern (1902), Lugano (1911), Basel (1926) oder Genf (1967), aber auch hochmoderne neue Filialen unter anderem in Shoppingcentern. Mit einem Umsatz von 2,8 Mrd. CHF (rd. 2,26 Mrd. EUR) hält Manor einen Marktanteil von 60 Prozent im Schweizer Warenhaussektor.

Als „Multispezialist“ deckt Manor die ganze Breite des klassischen Warenhaussortiments ab. Dazu zählen natürlich auch Lebensmittel und – ebenfalls der Division Food zugeordnet – die Gastronomiebetriebe. Aus Platzgründen führen nicht alle 64 Warenhäuser gastronomische Angebote. Manor unterscheidet bei der Handelsgastronomie zwei verschiedene Restaurant-Typen: „Manora“ und „Appunto“. Das Free-Flow-System ist das Hauptmerkmal der 24 „Manora“-Restaurants: Auf Flächen von durchschnittlich 700 bis 800, in größeren Häusern auch über 1.000 qm werden die Mahlzeiten an frei stehenden Inseln auf dem Grill, im Ofen oder auf dem Herd vor den Augen der Kundschaft zubereitet. Der Kunde kann die Menge der einzelnen Menü-Bestandteile frei wählen und sich davon überzeugen, dass alles frisch und sauber zubereitet und appetitlich präsentiert wird. Die 14 „Appunto“ repräsentieren das Gastronomieangebot kleinerer Verkaufshäuser. Es gibt sie mit Sitzplatzangebot oder als Take-away.

Raoul König, als Divisional Manager für die Restaurants verantwortlich, hat bereits die erste Generation der Free-Flow-Systeme mitgeplant, die Anfang der 90er-Jahre bei Manor Einzug hielten. Mit dem Komplettumbau des Manor-Restaurants in Monthey, einem touristisch geprägten Ort nahe am Genfer See, hat Manor jetzt die neue Generation des Free-Flow eingeläutet. Diese soll nicht zuletzt den Veränderungen im Verbraucherverhalten Rechnung tragen. „Die Kunden nehmen sich mittags weniger Zeit als früher, alles muss schnell gehen. Das Tempo ist insgesamt viel höher geworden“, sagt Raoul König. Die Herausforderung für das Manor-Projektteam bestand also darin, das seit 20 Jahren bewährte Free-Flow-Konzept von „Manora“ in Monthey effizienter zu gestalten.

Ein Effizienzgewinn wurde zum Beispiel dadurch erreicht, dass die Vorbereitung von Obst und Gemüse für die einzelnen Zubereitungspunkte jetzt von einer zentralen Stelle aus erfolgt. Diese Produktionsstellen (eine weitere gibt es für die Patisserie) sind aus hygienischen Gründen durch Glasscheiben von den Verkehrsflächen abgegrenzt. Früher haben die Mitarbeiter direkt hinter den Büfetts die Salate geschnitten und die Auslagen bestückt. Am Checkout in Monthey haben Schnellkassen die bisherigen Doppelkassenplätze abgelöst. „Der Nachteil bei der bisherigen Lösung war, dass der nachfolgende Kunde so lange warten musste, bis die Person vor ihm den Platz am Kassierpunkt frei gemacht hat“, sagt Raoul König. Die neuen Schnellkassen haben Auflagen für je 2 Tabletts. Hier kann die Kassiererin den nächsten Kunden schon dann bedienen, bevor die Person vor ihm das Wechselgeld im Portemonnaie verstaut hat. Gerade in Hochfrequenzzeiten lässt sich der Kundendurchlauf an der Kasse damit deutlich erhöhen.

Wechselnde Highlights am Eingang

Im Durchschnitt besuchen 1.200 Kunden pro Tag das neue „Manora“– Restaurant in Monthey. Zwischen 11 und 14 Uhr herrscht Hochbetrieb. In diesem Zeitraum werden rund zwei Drittel des Tagesumsatzes erzielt. Die Zubereitung und Ausgabe von durchschnittlich 600 Essen pro Tag setzt eine durchdachte Einsatzplanung der 40 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter (31 Vollzeitstellen) voraus. Auch wenn das Sortiment auf den Mittag ausgerichtet ist, werden morgens und abends spezielle Speisen angeboten, an prominenter Stelle in wechselnder Folge: Auf dem Büfett am Eingang morgens ein Frühstück und mittags und nachmittags die Desserts in ihrer ganzen Vielfalt.

„Unser Hauptziel in Monthey ist es, die Frische und Qualität der Mahlzeiten weiterzuentwickeln und die Angebote dem Kunden in einem neuen, moderneren Umfeld zugänglich zu machen“, erklärt König bei einem Rundgang durch den 1.070 qm großen Gastronomiebetrieb mit knapp 500 Sitzplätzen (davon 160 auf einer Außenterrasse). Typisch für den neuen Auftritt ist das unterschiedliche Ambiente für unterschiedliche Kundenbedürfnisse: Lange Tische als Treffpunkt für Kunden, die in Gruppen kommen oder es eilig haben befinden sich neben einer Raumzone mit Sitzgelegenheiten an kleineren Tischen für Personen, die mehr Zeit mitbringen. Während bei den Free-Flow-Tischen (verleimtes Holz mit laminierter Holzstruktur) dunkle Farbtöne vorherrschen, um die Speisen optisch noch besser zur Geltung zu bringen, präsentiert sich der Restaurant-Bereich mit vielen Farbakzenten. Die Stühle zum Beispiel in grünem Farbton, passend zu den Tischplatten aus massivem, matt lackiertem Eichenholz. Birkenstämme zur Dekoration lockern die insgesamt gradlinige Formensprache auf, es gibt kaum Rundungen im Interieurdesign. „Natürliche Materialien und Anmutung ziehen sich wie ein roter Faden durch das Konzept“, sagt Raoul König.  

Manor

Unternehmenszentrale: Basel/Schweiz

Anzahl Warenhäuser: 64

Umsatz 2012 Warenhäuser in Mrd. CHF: 2,8

Anzahl Mitarbeiter auf VK umgerechnet (2012): 10.600

Investitionen p.a. in Mio. CHF: 80-100

Manor Gastronomie

Anzahl Restaurants: Anzahl Restaurants 40 (davon Manora 26, Appunto 14)

Pizza & Pasta: 1

Il Crostino: 1

Fläche gesamt in qm: 25.700

Umsatz 2012 in Mio. CHF: 99 (davon Food in %: 70, Getränke in %: 30)

Die Beleuchtung besteht durchgängig aus LED. Dort, wo die Speisen präsentiert werden, ist die Decke geschlossen. Schalldämmendes Material reduziert den Lärmpegel im Restaurant. Nachdem die Abwaschküche von ihrem zentralen Standort mitten im Restaurant in den hinteren Bereich umplatziert wurde, ist der Lärm von Geschirr fast verschwunden. Erwähnenswert ist auch, dass die Tische nicht – wie vielfach üblich – von den Gästen, sondern von den Angestellten des Hauses abgeräumt und sauber gehalten werden. „Im Vergleich mit unseren Wettbewerbern sind wir die letzten, die dieses Prinzip anwenden“, bemerkt König.

Kompetenzen bündeln

Das neue „Manora“-Gastronomiekonzept entstand als Kooperationsprojekt der Abteilungen Ladenbau und des Food Development Teams in der Division Manor Food. Während sich der Ladenbau mit Fragen wie der Auswahl und den Formen der Materialien für die Warenauslagen und Möbel im Restaurantbereich befasst, prüft die Abteilung Qualitätssicherung die Konzepte unter Hygienegesichtspunkten. Wo werden Handwaschbecken benötigt? Wo sind Plexiglas-Abdeckungen zwischen Produktion und Kundenflächen erforderlich? Experten für die visuelle Umsetzung entwickelten das „Look-and-Feel“. Und auch der regionale Sales Manager war in das Projekt involviert. Für 2014 plant Manor 2 weitere Umbauten nach dem neuen, erstmals in Monthey realisierten „Manora“-Konzept. Für die andere Manor-Gastronomielinie steht noch in diesem Jahr ein Highlight an: Ende 2013 eröffnet in Spreitenbach bei Zürich das mit 320 qm bisher größte „Appunto-Restaurant“.

Fotos (4): Manor AG

Regionale Unterschiede

Raoul König, Divisional Merchandising Manager und Direktor Restaurants bei Manor, über die Bedeutung und Weiterentwicklung der Gastronomie in den Verkaufshäusern.

Welchen Stellenwert hat die Handelsgastronomie für die Manor-Filialen?

Die Gastronomie hat bei Manor seit jeher einen hohen Stellenwert. Die Restaurants sind eine Dienstleistung, mit der wir die Aufenthaltsqualität der Kunden in unseren Häusern steigern wollen. Unsere Gastronomiebetriebe erhöhen zudem die Verweildauer im Warenhaus und schaffen zusätzliche Frequenz. Denn je nach Standort kommen die Kunden von weit her, um bei Manor zu Mittag zu essen.

Manor war vor 20 Jahren ein Vorreiter des Free-Flow-Systems mit Front-Cooking. Was hat sich seitdem geändert?

Die Herausforderung bei der Weiterentwicklung des Konzepts besteht für uns darin, Free-Flow schneller zu machen. Früher hatten die Shoppingcenter in der Schweiz mittags geschlossen. Die Kunden besuchten die Manor-Restaurants und brachten eineinhalb Stunden Zeit mit. Heute sind die Mittagspausen kürzer und es werden in dieser Zeit noch viele andere Dinge erledigt. Die Verbraucher nehmen sich heute generell weniger Zeit, nicht nur für das Mittagessen. Das Tempo ist viel höher geworden. Darauf müssen wir uns einstellen.

Die Warenhäuser und Restaurants von Manor sind in der ganzen Schweiz vertreten. Wie schaffen Sie es, den regionalen Besonderheiten bei den Essgewohnheiten im Angebot der Speisen gerecht zu werden?

Das Speisenangebot unterscheidet sich je nach Region. Während wir in der Deutsch-Schweiz traditionell essen, kommt in der West-Schweiz das Mediterrane mehr zum Tragen. Die Region Tessin wiederum ist stark von der italienischen Küche geprägt. Die Essgewohnheiten sind in der Schweiz sehr unterschiedlich. Diese Unterschiede haben wir zum Beispiel bei Promotionen zu berücksichtigen.

Gibt es auch bei den Preisen regionale Unterschiede?

Die Preispolitik wird zentral bestimmt. Innerhalb des Angebots sind jedoch Preisanpassungen an die lokale Wettbewerbssituation möglich.

Rewe: Gastro-Konzept im Markttest

Der Kölner Handelskonzern Rewe eröffnete unter dem Namen „Made by Rewe“ jüngst einen Gastro-Bereich als Bestandteil eines Rewe-Marktes im Gewerbe- und Büroquartier Waidmarkt in der Domstadt.

Das Angebot umfasst frisch zubereitete, zum Teil tageszeitlich variierende, verzehrfertige Speisen – zum Mitnehmen oder für den Sofortverzehr. Zur Auswahl stehen unter anderem Pizza, Pasta, Suppen, Salate, gesunde Snacks, handgemachte und frisch zubereitete Sandwiches und Wraps, verschiedene Desserts, alkoholfreie Getränke sowie Wein und Bier. Aus Sicht des Unternehmens ist „Made by Rewe“ ein konsequenter Schritt, Supermärkte in hochfrequentierten Lagen verstärkt zu sozialen Treffpunkten zu machen, wo Kunden neben dem Lebensmitteleinkauf auch vom Außer-Haus-Verzehr profitieren können. Die rund 200 qm große Bistro-Fläche am Waidmarkt bietet ein modernes italienisches Ambiente. Die Öffnungszeiten sind identisch mit dem angrenzenden 1.100 qm großen Rewe-Supermarkt, über den die Gastronomie von Montag bis Samstag von 7 bis 22 Uhr erreichbar ist. Einen weiteren „Made by Rewe“ soll es demnächst im Kölner Stadtviertel Zollstock geben. Mit beiden Standorten will Rewe über einen nicht festgelegten längeren Zeitraum Erfahrungen mit dem Konzept und der Betreibung sammeln.