Forschungen im Bereich der Neurowissenschaften haben ergeben, dass Kaufentscheidungen am Point of Sale zu rd. 80 Prozent unbewusst getroffen werden und von emotionalen Einflüssen abhängig sind. Die optimale Beleuchtung spielt in diesem Zusammenhang eine wesentliche Rolle. Der Kunde nimmt die Ware nicht nur visuell wahr, sondern fühlt sich von einem ansprechenden Lichtszenario emotional angesprochen. Die Wirkung von Licht in Verkaufsräumen wurde bislang zwar mit verschiedenen Befragungsmethoden evaluiert, allerdings ohne den Aspekt des Unbewussten zu berücksichtigen.

Aus diesem Grund initiierte Zumtobel Research gemeinsam mit der Gruppe Nymphenburg, einem Beratungs- und Marktforschungsinstitut aus München, eine Laborstudie, in der die emotionale Wirkung von Licht auf Kunden anhand deren physiologischen Reaktionen empirisch gemessen werden sollte. „Licht hat große unbewusste Einflüsse auf den Menschen“, meint Dr. Hans-Georg Häusel von der Gruppe Nymphenburg. „Wer empirisch messbare Daten sammeln will, muss sich mit dem Unbewussten auseinandersetzen und dort messen, wo die emotionalen Reaktionen der Menschen entstehen.“

Für die Laborstudie nutzten die Forscher das von der Gruppe Nymphenburg entwickelte „Limbic“-Modell, das die komplexen emotionalen Persönlichkeitsstrukturen der Konsumenten in den Mittelpunkt stellt. Die soziodemografischen Daten der 48 Teilnehmer waren für die Studie unerheblich. Stattdessen wurden die Probanden mit Hilfe eines Fragebogens in 7 verschiedene Persönlichkeitstypen den „Limbic Types“ entsprechend eingeteilt. Das sind: die „Offenen“, die „Hedonisten“, die „Abenteurer“, die „Performer“, die „Disziplinierten“, die „Traditionalisten“ und die „Harmoniser“. Ziel des Forschungsprojektes war, Erkenntnisse darüber zu gewinnen, wie diese 7 Gruppen auf unterschiedliche Lichtszenarien am POS reagieren. Hierzu wurde eine neue, von der Gruppe Nymphenburg entwickelte Methode angewandt, „Limbic Emotional Assessment“ genannt. Damit können selbst kleinste körperliche Reaktionen gemessen werden.

Individuelle Reaktionen

In einem Forschungslabor positionierten die Forscher die männlichen und weiblichen Probanden zwischen 19 und 62 Jahren vor der 3-D-Simulation eines Shops, in dem Mode auf verschiedenartige Weise beleuchtet wurde. Die Teilnehmer betrachteten nacheinander 20 unterschiedliche Lichtszenarien mit wechselnden Grund- und Akzentbeleuchtungen, Farbtemperaturen, Kontrasten und Lichtmengen. Währenddessen wurden ihre unbewussten Körperreaktionen, u.a. Hirnstrom und Herzaktivität aufgezeichnet.

Anhand dieser psychophysiologischen Werte konnten Aussagen darüber getroffen werden, welche Parameter der Lichtszenarien bei bestimmten Zielgruppen positive oder negative Emotionen, Aktivierung oder Entspannung auslösten. Dabei ließ sich beobachten, dass selbst geringfügige Änderungen der einzelnen Lichtszenarien unterschiedliche Reaktionen bei den Probanden hervorriefen.

Die gewonnenen Ergebnisse machten deutlich, dass jede einzelne Zielgruppe optimal angesprochen werden kann. Es stellte sich ebenfalls heraus, dass es kein Lichtszenario gibt, das alle „Limbic Types“ gleich stark positiv berührt. Dennoch gab es einzelne Beleuchtungsprofile, auf die mehrere Typen gut reagierten.

So ließen sich 3 größere Gruppen identifizieren, die jeweils ähnliche Reaktionen auf Lichtszenarien haben: Die erste Gruppe „Balance“ (Harmoniser, Traditionalisten und die Offenen) reagierte besonders positiv auf moderate Akzentbeleuchtung. Die zweite Gruppe „Stimulance“ (Hedonisten, Abenteurer) zeigte die besten Reaktionen auf Lichtszenarien mit stärkeren Kontrasten, erzeugt durch Akzentbeleuchtung und eine Mischung unterschiedlicher Spots. Die dritte Gruppe „Dominance“ (Performer, Disziplinierte) reagierte empfindlich auf unausgewogene Lichtkonzepte und wird am besten mit ausgeglichenen, moderaten Effekten angeregt. Eine extrem kontrastreiche, engstrahlende Beleuchtung ging in dieser Gruppe dagegen mit negativen Emotionen einher.

Drei verschiedene Gruppen

„Wir beobachten immer wieder, dass Licht in seiner Bedeutung für den POS unterschätzt wird“, fasst Dr. Hans-Georg Häusel zusammen. „Stattdessen stehen tolle Verpackungen und Ladenausbauten im Vordergrund. Tatsächlich erhalten die Waren aber erst durch die Inszenierung mit Licht ihre emotionale Bedeutung. Doch auch was das Geschäft selbst an emotionalen Signalen ausstrahlt, wird ganz wesentlich vom Licht beeinflusst.“

Wenn sich die Kunden in einem Geschäft wohlfühlen und von der Lichtstimmung angesprochen werden, sind sie auch motiviert, länger zu verweilen. Das bedeutet, dass der Kunde sich mehr Zeit nimmt, die Produkte und Marken in einer Filiale wahrzunehmen. „Mit der Verknüpfung von Neuromarketing mit unserem Lichtwissen gelingt es uns, eine neue Form der Zielgruppenansprache für unsere Kunden schon in der Lichtplanung zu realisieren“, sagt Peter Kovacs von Zumtobel. „Damit lassen sich marken- und zielgruppenspezifische Lichtszenarien schaffen, die genau auf die Bedürfnisse der Kunden eingehen.“

Fotos (3): Zumtobel

Weitere Informationen: www.zumtobel.com

Zumtobel-Studie: Zur Forschungsmethode

Die Forschungsmethode „Limbic Emotional Assessment“ (LEA) wurde von der Gruppe Nymphenburg entwickelt und basiert auf den Methoden der Neurowissenschaften sowie der Psychophysiologie. Letztere Disziplin befasst sich mit den Zusammenhängen zwischen den Vorgängen im Gehirn und den damit einhergehenden Körperreaktionen. Aufgrund der Verknüpfung mit „Limbic“, einem „Marken- und Zielgruppen-Navigationsmodell“, soll LEA die Differenzierung nach speziellen Zielgruppen ermöglichen. Die Methode kombiniert dabei 5 verschiedene Parameter, die auch kleinste körperliche Reaktionen erfassen sollen. Von Hirnströmen über die Hautleitfähigkeit bis hin zur Herzaktivität werden verschiedene physische Reaktionen der Probanden gemessen, um Rückschlüsse auf ihren emotionalen Zustand zu ziehen.