Reframing Retail | stores+shops

Anzeige
{{{name}}}

Vorgeschlagene Beiträge

Anzeige

Die Zukunft des Handels ist rosig, aber mit weniger Handel darin.
Foto: Diconium

Reframing Retail

21 Thesen für 2021 – ein Projektteam der Unternehmen Diconium, Visplay, Commercetools und des EHI hat sie erstellt und bereits mit über 100 Retailexpert:innen weltweit diskutiert. Projektleiter Martin Cserba, Digital Strategist & Evangelist bei Diconium, spricht im Interview über das Gedankenfeuer, das entzündet wurde.

Herr Cserba, die Bereitschaft, sich in einen Austausch zu den aufgestellten Thesen zu begeben und sich so mit den aktuellen Entwicklungen der Branche auseinanderzusetzen, war durchweg hoch …

Ja, und das ist aus meiner Sicht durch zwei Begebenheiten getriggert. Zum einen durch die Pandemie. Man ist in vielen Bereichen gezwungen, umzudenken. Vieles ist in einer Weise beschleunigt worden, die zuvor nahezu undenkbar erschien. Das zweite ist die Erkenntnis, dass künftig mehr in Zusammenhängen, oder – schöner und zeitgemäßer formuliert – Ökosystemen gedacht werden muss, getrieben natürlich von der Digitalisierung, für deren Realisierung aber oftmals noch das Know-how fehlt, das im Alleingang schwer zu erreichen ist.

Was bedeutet dies für die Customer Journey, die für die Kundinnen und Kunden möglichst nahtlos sein soll? Wie kann der stationäre Handel hier punkten?

Nachhaltigkeit ist das neue Profitabel.

Nachhaltigkeit ist das neue Profitabel.
Foto: Diconium

Daten, die online aus dem Shop heraus zur Verfügung stehen, lassen sich auch auf der Fläche stärker nutzbar machen. Ich glaube, dass der Konsument nicht viel dagegen hat, den Cookie Trail, den er online abliefert, auch im physischen Raum zuzulassen, sofern ihm das einen echten Mehrwert bietet.

Über ein attraktives Angebot am POS und eine geschickte Verknüpfung müssen wir dies zu einem aktiv gesteuerten Moment machen. Der Kunde bestimmt dann allerdings selbst, wann und wo er den Support aus den Daten möchte, die er als Online-Profil zum Beispiel beim Fashion- oder Beauty-Händler hinterlegt hat.

Eine der Thesen mit dem höchsten Zuspruch ist jene zum Gastgebertum des Handels. Eng damit verbunden ist die Aussage, dass der Mensch mehr ins Zentrum rücken muss, je kontaktloser die Gesellschaft wird. Je digitaler es also wird, desto mehr gewinnt das Zwischenmenschliche wieder an Bedeutung?

Absolut! Ausgabe 3 unserer Reframing Retail Reports hat mit Fokus auf die Apotheke exakt diesen Punkt adressiert. Während sich dank einer zunehmenden Automatisierung die organisatorischen Abläufe im Backoffice schneller und effizienter abwickeln lassen, ist das Front Desk, die Offizin in der Apotheke, genau dieser Platz für den menschlichen Faktor, wenn die Mitarbeiter genug Zeit haben, auf ihre Kunden einzugehen und sie ausführlich zu beraten.

Indem der Mensch radikal ins Zentrum gerückt wird, können Kundenwünsche von einem Gegenüber erfüllt werden, dem die Kunden auch vertrauen – als Umsetzung des bekannten „Today at Apple“-Prinzips, weil es hintendran jetzt mehr Automatisierung gibt. Die Rolle des Gastgebers wird aus meiner Sicht die zentrale Rolle im Retail sein, weil es definitiv nicht mehr um den reinen Verkauf eines Produkts als bedarfsdeckende Maßnahme geht.

21 Thesen

  1. Die Zukunft des Handels ist rosig, aber mit weniger Handel darin.
  2. Gastgeber einstellen, Produkt- und Verkaufskompetenz schulen.
  3. Marken müssen ihren Communities zuhören und ihnen eine Stimme geben.
  4. Je kontaktloser es wird, desto mehr muss der Mensch ins Zentrum rücken.
  5. Die Pandemie hat das Umdenken von Kunde hin zu Mitgestalter weiter befeuert.
  6. Kaufen wird immer unbewusster, Shopping immer bewusster.
  7. Influencer werden die neuen Händler, und sie kamen, um zu bleiben.
  8. Der Handel wird Teil der Unterhaltungsindustrie.
  9. Die Haustürlieferung wird in Zukunft nicht mehr kostenfrei sein.
  10.  Eine exzellente Logistik zahlt auf die Marke ein.
  11.  Kleiner, näher, schneller ist das nächste große Ding im Handel.
  12.  Das flache Display hat uns die Flexibilität des Raums vergessen lassen.
  13.  Frequenz ist die neue Umsatzmiete.
  14.  Eine neue Mobilität darf den Handel nicht vergessen.
  15.  Eine Innenstadt ohne Handel ist wie … Pommes ohne Majo.
  16.  Neue Nutzungsarten können die aktuellen Spitzenmieten nicht zahlen.
  17.  Der Handel schafft Digitalisierung aus eigener Kraft nicht.
  18.  Die Nutzung von Data Analytics sollte so selbstverständlich genutzt werden wie Elektrizität.
  19.  Maximale Convenience bei gleichzeitiger Reduzierung des CO2-Fußabdrucks sind eins.
  20.  Nachhaltigkeit ist das neue Profitabel.
  21.  E-Commerce wird auf den ökologischen Prüfstand gestellt.

Hier spielt dann auch die These hinein, dass der Handel Teil der Unterhaltungsindustrie wird – als Plattform für Events, Geschichtenerzähler und als sozialer Treffpunkt?

Ja, wobei ich da auch mahnend bin: Je stärker wir uns konzeptionell Richtung Community oder Experience bewegen, umso mehr sollte man prüfen, ob man damit auch wirklich grundlegende Sehnsüchte von Menschen anspricht – wie Gemeinschaft, Vertrauen und Orientierung im Markendschungel, Umwelt und Gesundheit –, anstatt nur eine nette Story zu erzählen, die kurzfristig Aufmerksamkeit bringt.

Mit einer Deutlichkeit, die ich so nicht erwartet hätte, wurde das Thema Nachhaltigkeit hervorgehoben. Dazu hatten wir die recht provokante These formuliert, dass Nachhaltigkeit das neue Profitabel sei. Welcher Schluss lässt sich dazu aus den Gesprächen ziehen?

Die Erwartung der Kunden und damit der Druck auf die Unternehmen ist da. Aber wenn Nachhaltigkeit das neue Profitabel wird, muss profitabel neu definiert werden. Ich muss mich fragen, wie lange ich einfach so weitermachen kann, bis ich meine Kunden komplett verliere und keine Bedeutung mehr bei ihnen habe. Betrachtet man dies langfristig, wird jedes Unternehmen Maßnahmen entwickeln und umsetzen müssen, die sich heute noch nicht rechnen, aber schon auf eine hohe Wertschätzung treffen. Unternehmerischer Erfolg kann nicht mehr ausschließlich an wirtschaftlichen Kennziffern gemessen werden, sondern muss die Auswirkungen auf Umwelt und Gesellschaft einbeziehen.

Reframing Retail ist nicht als statische Studie, sondern als weiterlaufendes, offenes Konzept angelegt. Was ist in 2022 geplant?

Auch in 2022 werden wir – dann mit 22 Thesen – Gespräche starten. Sobald es wieder möglich ist, geht es mit Retail Safaris nach draußen, um ausgewählte Thesen vor Ort zu verproben. Zur nächsten Zündstufe von Reframing Retail gehört auch ein neues Format, das wir „Stories from the Retail Futures“ nennen und das auf der Future-Back-Methode basiert.

Das bedeutet, nicht von heute in die Zukunft voraus, sondern von der Zukunft her rückwärts bis zur Gegenwart zu denken. Das Ergebnis sind Zukunftsnarrative, die wir in Workshops gemeinsam erörtern möchten. Wir werden der Branche damit gezielte Ausflüge in die Zukunft bieten.

Das Interview führte Claudia Horbert.

Die 21 Thesen bilden einen Querschnitt aus Themen wie neue Technologien, Logistik 2.0, Big Data und künstliche Intelligenz, neuen Vertriebsmodellen und der Zukunft des Retails als Plattform für Events und Interaktion. Erste Ergebnisse des breit angelegten Austauschs darüber werden seit Oktober auf der Microsite reframing-retail.com gebündelt, die zugleich weiter zum Mitdenken und Mitdiskutieren aufruft.

Produkt-News

Personalmanagement

Mehr Service, mehr Umsatz, mehr Motivation

Die ATOSS Retail Solution ist eine Software für Workforce Management im Einzelhandel. Sie ermöglicht einen bedarfsorientierten Personaleinsatz und leistet so einen messbaren Beitrag zu mehr Produktivität, Servicequalität und Mitarbeiterzufriedenheit.