Key Facts

  • Rewe setzt auf Automatisierung der Lagerprozesse und hat ein neues Food-Fulfillment-Center in Betrieb genommen. Die Kommissionierung erfolgt nach dem Ware-zu-Person-Prinzip – in Zukunft sollen auch Roboter zum Einsatz kommen.
  • Die Edeka-Regionalgesellschaft Minden-Hannover setzt für eine schnelle und möglichst vollständige Belieferung ihrer Märkte auf weniger Lagerstandorte mit mehr Lagerfläche sowie standortübergreifende Zentraldisposition.
  • Die ostfriesische Bünting-Gruppe setzt ebenfalls auf ein zentrales Supply Chain Management. Alle Prozesse von der Kasse über die Zentralläger bis zur Industrie sowie auch der E-Commerce sind in einer SCM-Cloud miteinander verknüpft.

Die Digitalisierung im Handel ist Herausforderung und Chance zugleich. „Neue Technologien ermöglichen komplett neue Handelssysteme, die wiederum neue Logistiksysteme erfordern“, sagte Christoph Eltze, Vorsitzender der Geschäftsführung von Rewe Digital. Die technologischen Entwicklungen verändern zum einen das Kundenverhalten und bieten zum anderen die Grundlage für vorausschauende und innovative Lösungen.

Die Logistik ist heute elementarer Bestandteil des Ominchannel- Geschäftsmodells. „Die Wünsche der Kunden können heute nur noch mit ausgefeilten Logistiklösungen realisiert werden“, so der Rewe-Manager.

Rewe arbeitet mit Hochdruck an Lösungen beispielsweise für ein besseres Omnichannel-Einkaufserlebnis, Self-Scanning bzw. Self-Checkout im stationären Handel sowie dem Einsatz von virtueller Realität in den Märkten. Darüber hinaus geht es laut Christoph Eltze um die Automatisierung der Lagerlogistik: höhere Effizienz, bessere Qualität der Kommissionierung sowie Entlastung des Personals, so der Rewe Digital-Chef. Das sei auch für den Online-Handel mit Lebensmitteln ein zentrales Thema. Eltze: „Ohne ein hohes Maß an Automatisierung kann dieses Geschäft nicht erfolgreich betrieben werden.“

Neue Technologien ermöglichen komplett neue Handelssysteme, die wiederum neue Logistiksysteme erfordern.

Christoph Eltze

Vorsitzender der Geschäftsführung, Rewe Digital

Rewe hat daher im September 2018 in Köln-Niehl ein neues Food-Fulfillment-Center (FFC) in Betrieb genommen. Das sogenannte „Scarlet One“ löst das bisherige Regionallager in Hürth ab, das zur Generation der rein manuellen Food-Fulfillment-Center gehört. Das Lager von „Scarlet One“ ist mit 17.000 qm so groß wie zweieinhalb Fußballfelder, verfügt über 38 Warenausgangstore und bietet Platz für rund 200 Distributionsfahrzeuge. Im Vollbetrieb sollen in dem FFC in Köln 600 Mitarbeiter in drei Schichten arbeiten. Lieferradius ist die Region Köln-Bonn-Aachen-Düsseldorf. „Scarlet One“ ist nach etwa einem halben Jahr noch in der Anlaufphase. „Viele Dinge laufen gut. Es gibt nur ein paar Sachen, da müssen wir nacharbeiten“, sagte Eltze. Vor allem aber müsse sich die Online-Nachfrage nach Lebensmitteln noch weiter entwickeln, damit sich eine solche Investition lohne.

Viele technologische Details hat Rewe mit Partnern entwickelt. Im Mittelpunkt stand die Kommissionierung nach dem Ware-zu-Person-Prinzip. Bisher haben die Mitarbeiter bei der Kommissionierung von Kundenbestellungen pro Schicht bis zu 15 Kilometer zurückgelegt. Im „Scarlet One“ ist dies nun umgekehrt. Hier werden die Produkte mithilfe automatisierter Shuttle-Technologie aus mehreren verschiedenen Kühlzonen zum Kommissionierer gebracht.

Das neue FFC bietet laut Eltze die Möglichkeit, Liefergebiete selektiv zu erweitern und Abläufe flexibler zu gestalten. Die installierte Kommissioniertechnik soll aber nur ein erster Schritt bei der Automatisierung der Abläufe sein. „Künftig werden uns auch Roboter beim Picken helfen.“ Während das Ablegen und Placen von Trays durch Roboter in einem Zentrallager schon gut funktioniere, sei das Placen von Einzelartikeln in eine Kundentüte immer noch eine Herausforderung. „Hier gibt es noch viele Fragestellungen, die noch gelöst werden müssen“, so Eltze.  

Warenverfügbarkeit und schlanke Prozesse 

Auch die größte Edeka-Regionalgesellschaft Minden-Hannover hat ihre Logistik- Prozesse optimiert. Hier standen vor allem schnellere Warenverfügbarkeit und schlanke Prozesse im Mittelpunkt. Die Regionalgesellschaft kommissioniert 1,8 Mio. Kolli pro Tag und bringt diese in 1.500 Touren in die Märkte. „Die Prozesse sind so gestaltet, dass sie die Wünsche der Einzelhändler optimal erfüllen“, sagte Stephan Wohler, Vorstand IT und Logistik bei der Edeka-Regionalgesellschaft Minden-Hannover. Die Optimierung der Prozesse durfte jedoch nicht dazu führen, dass diese zu komplex wurden. „Die Prozesse müssen von jedem Teilnehmer verstanden werden. Das erfordert schlanke administrative Prozesse und eine effiziente Marktlogistik“, so der Edeka-Manager.

Die Edeka-Regionalgesellschaft Minden-Hannover hat 2010 mit der Optimierung ihres Supply-Chain-Managements begonnen. „Ziel war es, die Anzahl der Rampenkontakte und die Logistikkosten zu reduzieren und Synergien besser zu nutzen“, erläuterte Wohler. Edeka Minden-Hannover ist mit einem Netzwerk von 16 Lagerstandorten und einer Lagerfläche von 255.000 qm gestartet. „Wir haben unsere Standorte dann nach und nach auf neun reduziert – und die Lagerfläche auf etwa 300.000 Quadratmeter erweitert“, berichtete der Edeka-Manager. Das seien acht Jahre harter Arbeit gewesen.

Die Optimierung der Prozesse muss von jedem Teilnehmer verstanden werden.

Stephan Wohler

Vorstand IT und Logistik , Edeka-Regionalgesellschaft Minden-Hannover

Die Prozessteuerung erfolgt über die Edeka-eigene Supply-Chain-Management-Plattform – über sie werden die Kernprozesse in der Lager-, Transportmittel- und Tourenlogistik organisiert und optimiert. „Wir haben uns für eine standortübergreifende Zentraldisposition entschieden, um sehen zu können, welche Bestände im Gesamtsystem verfügbar sind“, so Wohler.  Ziel sei es gewesen, keine Bestellung eines Marktes absagen zu müssen. Das habe man inzwischen weitgehend erreicht. „Sollte ein Artikel in dem für den Markt zuständigen Lager nicht verfügbar sein, wird dieser automatisch in einem anderen Regionallager besorgt und ausgeliefert“, so der Edeka-IT und Logistik-Experte.

Kooperative Prozesse     

Auch die ostfriesische Bünting-Gruppe hat ihre Supply Chain neu aufgestellt auf Basis von kooperativen Prozessen. Das Handelsunternehmen betreibt 200 Regiemärkte und beliefert 450 selbstständige Einzelhändler. „Als unser Unternehmen 2016 in die roten Zahlen rutschte, haben wir unsere Warenfluss-Organisation hinterfragt und die vorher eigenständigen Bereiche Einkauf, Vertrieb, Logistik und Lagerverwaltung über ein zentrales Supply Chain Management zusammengeführt“, sagte Helge-Christian Eilers, Geschäftsführer Bünting Supply Chain Management und Logistik.

Die Bünting-Gruppe – hier das Lager in Nortmoor – hat u.a. das Beladungskonzept für die Lkw neu aufgestellt

Die Bünting-Gruppe – hier das Lager in Nortmoor – hat u.a. das Beladungskonzept für die Lkw neu aufgestellt
Foto: Bünting

Die Steuerung des Warenflusses erfolgt nun zentral. Das Handelsunternehmen hat dazu seine IT-Systeme „homogenisiert“ – von der Kasse über die Zentralläger bis zur Industrie – und über eine SCM-Cloud verbunden. „Die Cloud verknüpft nun nicht nur unsere Märkte und unser E-Commerce-Geschäft, sondern auch unsere Zentrallager“, erläuterte der Bünting-Geschäftsführer. Die Disposition erfolgt automatisch auf Basis von Datenanalysen über das Kaufverhalten der Kunden. Die Prognosen seien so genau, dass sie mit hoher Treffsicherheit vorhersagen könnten, wie sich beispielsweise Preissenkungen oder wechselnde Jahreszeiten auf die Nachfrage von Produkten auswirken.

„Wir haben außerdem die Liefer-Intervalle durch eine geänderte Beladung der Lkw optimiert und bringen Trockenwaren und Frischwaren wie Obst und Gemüse jeden Tag zusammen in die Märkte“, berichtete Eilers. Dadurch sei es gelungen, die Verfügbarkeit der Waren in den Märkten zu verbessern. Einen „Wermutstropfen“ gab es allerdings: Kontrollen in den Edeka-Geschäften zeigten, dass die Ware oft nicht direkt ins Regal geräumt wurde. „Um das zu ändern, haben wir unsere Märkte zu einer konsequenten Bestandsführung verpflichtet“, sagte der Bünting-Manager. Das habe geholfen – seitdem sind die Waren auch zeitnah in den Regalen verfügbar.