Mit dem Krieg in Europa, dadurch global gestörten Lieferketten und steigenden Produktionskosten stehen auch die Anbieter von SCO-Systemen vor neuen Herausforderungen. Die Ausgangslage indes ist positiv. Weltweit (und ebenso in Deutschland) wuchs die Zahl der neu aufgestellten SB-Terminals im vergangenen Jahr deutlich. Knapp 200.000 SB-Terminals wurden weltweit im Jahr 2021 neu installiert – ein Anstieg um 11 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Laut RBR, Marktforschungsunternehmen mit Zentrale in London, sind in erster Linie die großen Handelsunternehmen im asiatisch-pazifischen Raum für diesen Zuwachs verantwortlich.

EHI Technologie Tage 2022: Self-Checkout Special

Bei den diesjährigen Technologie Tagen am 8. und 9. November im World Conference Center Bonn zeigt das Self-Checkout Special Praxisbeispiele zu Self-Checkout- und Self-Scanning-Konzepten. Zu dem wird das EHI eine aktuelle Studie zur Akzeptanz und Nutzung von mobilen Self-Scanning-Angeboten in Deutschland präsentieren.

Wachstumsmarkt SB-Kassen

Für Länder, in denen sich die Händler bislang mit Investitionen in SB-Systeme eher zurückgehalten haben, prognostiziert RBR in den kommenden Jahren deutliche Nachholeffekte. „Unter anderem in Deutschland erwarten wir einen kräftigen Schub“, sagt Alan Burt, Leiter Research bei RBR. Hierzulande erhebt das EHI die Installationszahlen, und zwar im Zwei-Jahres-Rhythmus. Demnach waren per Ende August 2021 in Deutschland rd. 7.240 SB-Kassen im Einsatz, knapp 10 Prozent mehr als im August 2019.

„Der Markt wächst, allerdings von einem nach wie vor niedrigen Niveau ausgehend“, urteilt Frank Horst, Projektleiter Self-Checkout-Systeme beim EHI. Trotz schwieriger Umfeldbedingungen sind auch die Experten, die am stores+shops-Round-Table teilnahmen, davon überzeugt, dass der deutsche Handel weiter in SB-Systeme investiert. Das betrifft den Food-Sektor und die Baumärkte, aber auch die Fashion- und Lifestyle-Händler, bei denen es in erster Linie um RFID-basierte SB-Lösungen geht. Im Folgenden die wichtigsten Gesprächs-Ergebnisse.

Viele Verbraucher haben ihre Technologievorbehalte aufgegeben, auch unter dem Eindruck der Pandemie.

Alexander Hahn

Chief Sales Officer, Pyramid Computer

Die Teilnehmer

Rainer Birkner, Sales Lead Retail bei CCV
CCV deckt mit seinen Lösungen die gesamte Bandbreite des bargeldlosen Bezahlens ab, auch für den Self-Checkout und inklusive Processing & Acquiring. Anwender im Bereich SCO u. a.: Fotodienstleister Cewe, der das CCV-Pad als Bezahlterminal einsetzt. CCV hat in Deutschland ca. 350.000 Kartenlesegeräte im Einsatz.

Alexander Hahn, Chief Sales Officer bei Pyramid Computer
Pyramid ist Spezialist für die Digitalisierung des Selfservice: durch interaktive Kioske, Paging, Lokalisierungslösungen und Info-Terminals. Rd. 15.000 Polytouch-Kiosksysteme des Anbieters sind im deutschen Handel im Einsatz. Für die Edeka-Gruppe hat Pyramid seine erste SCO-Lösung entwickelt.

Alexander Honigmann, Sales Director Retail and Logistics Germany bei Zebra
Technologies Zebra bietet ein umfassendes RFID-Lösungsportfolio sowie verschiedene Selbstbedienungs- und Kassenlösungen. Zebra- Produkte kommen u. a. bei den Self-Checkout-Lösungen von Bünting, Globus und Rewe zum Einsatz.

Wolfgang Jonasson, Vice President Retail DACH bei Diebold Nixdorf
Diebold Nixdorf versteht sich als Komplettanbieter für alle Themen rund um POS-Systeme, Selfservice und Self-Checkout. SCO-Lösungen des Anbieters sind u. a. bei Metro, Ikea, Bünting, Aldi, Globus und bei Edeka-Händlern installiert.

Hanno Kallmeyer, Presales Nord- und Osteuropa bei NCR
Als Full-Service-Anbieter stellt NCR sowohl SB-Kassensysteme in unterschiedlichsten Konfigurationen als auch die zugehörigen Dienstleitungen für den Einzelhandel bereit. Anwender in Deutschland sind u. a.: Edeka, Aldi, Lindt, Rewe Group, Schwarz Gruppe.

Roberto Mauro, Commercial General Manager bei Avery Dennison
Europe Avery Dennison ist führender Hersteller von RFID-UHF-Tags und Anbieter von End-to-End-Supply-Chain-Lösungen, im Schwerpunkt für den Lebensmittelsektor sowie für die Bereiche Einzelhandel, Gastronomie und Logistik. Anwender u. a.: Decathlon.

Hans-Jürgen Nausch, Business Unit Director Germany bei Checkpoint Systems
Checkpoint Systems ist spezialisiert auf EAS-Lösungen zur Diebstahlsicherung bzw. auf RFID-Lösungen im SCO-Umfeld, für die Echtzeit-Bestandsaufnahme und für die Diebstahlsicherung.

Klaus Schmid, Managing Director bei ITAB
ITAB bietet ein umfassendes Programm an SCO- und Selfservice- Lösungen am Checkout an. Die Basket-to-Bag-Lösungen (Scanner-basiert) sind bei diversen Händlern in Europa eingesetzt, in Deutschland u. a. bei Edeka und Rossmann.

Martijn Termaten, Retail Sales Director bei Pan Oston
Der niederländische Technologie-Anbieter bietet Customer Interaction Solutions für verschiedene Bereiche an, darunter Wetten, Supermärkte sowie Bau- und Gartencenter. Anwender u. a.: Rewe, Penny, dm-Drogeriemärkte.

Ben Wedel, Head of Sales/Customer Relations bei Snabble
Snabble sieht einen innovativen Checkout als fehlenden Bestandteil für eine nahtlose Customer Experience. Das Unternehmen bedient derzeit mehr als 10 Händler mit verschiedenen Lösungen rund um den Checkout.

1. Lieferketten-Brüche

Die Risiken der globalen Arbeitsteilung treten inzwischen offen zutage. Auch die Anbieter von Handelstechnologie haben Probleme, die nötigen Komponenten auf den Weltmärkten zu beschaffen.

Alexander Hahn: Die aktuell sehr angespannte Situation hält uns alle in Atem. Allerdings haben wir frühzeitig in der Pandemiezeit damit begonnen, unsere Lagerbestände großzügig und unter erheblichem Invest auszubauen. Während der Pandemie wurden die Kunden mehrmals um langfristige Forecasts gebeten. Auf Basis dieser Zahlen haben wir uns einen Puffer-Bestand angelegt.

Roberto Mauro: Die Lieferzeiten für elektronische Bauteile haben sich angesichts der Halbleiterkrise und der Herausforderungen in der globalen Lieferkette deutlich verlängert. Kundenprojekte müssen in der derzeitigen Situation längerfristig geplant werden. Wir sind unseren Kunden gegenüber vollkommen transparent und stocken die Lagerbestände an wichtigen Komponenten auf, um die Auswirkungen abzufedern.

Martijn Termaten: Auch wir spüren die Auswirkungen der gestörten Produktions- und Lieferketten. Dabei sind es nicht ganze Anlagen, sondern meist kleine Bauteile, die nicht lieferbar sind. Wir unterstützen dann unsere Kunden, indem wir Alternativen an baugleichen oder ähnlichen Geräten aus unserem Netzwerk nennen.

Rainer Birkner: Auch CCV geht neue Wege, um die derzeitige Situation erfolgreich und nachhaltig zu händeln. Wir konnten durch eine gute und langfristige Planung der Stückzahlen in enger Abstimmung mit unseren Kunden und Lieferanten die Lieferung von Bestellungen bestmöglich bedienen. Durch eine vorausschauende Planung, aber auch dadurch, dass wir einen hohen Aufwand für die Zertifizierung neu verfügbarer Bauteile betreiben, versuchen wir trotz der aktuellen Umstände flexibel zu bleiben.

Martijn Termaten: Auch wir spüren die Auswirkungen der gestörten Produktions- und Lieferketten. Dabei sind es nicht ganze Anlagen, sondern meist kleine Bauteile, die nicht lieferbar sind. Wir unterstützen dann unsere Kunden, indem wir Alternativen aus unserem Netzwerk nennen, die baugleiche oder ähnliche Geräte anbieten.

2. Ausweichstrategien

Die Technologie-Anbieter versuchen, durch langfristige Beschaffungskonzepte den Nachschub zu sichern und den globalen Preisanstieg bei technologischen Komponenten abzufedern.

Wir haben unsere Lieferkette robuster gemacht und langfristige Lieferverträge mit Lieferanten ausgehandelt.

Alexander Honigmann

Sales Director Retail and Logistics Germany, Zebra Technologies

Hanno Kallmeyer: Vielfach werden Bauteile wie z.B. Chips aufgrund vermeintlicher Engpässe nicht mehr zu regulären Konditionen angeboten. Die Preise sind dynamischer geworden und auch die Zuverlässigkeit der Versorgung ist nicht mehr immer gegeben. Handelskunden müssen daher langfristiger planen und sind ggf. von höheren Einkaufspreisen und Logistikkosten betroffen.

Wolfgang Jonasson: Die Kosten für Bauteile steigen, die Versorgung mit Bauteilen und Rohstoffen ist unvorhersehbar. Wir arbeiten eng mit unseren Kunden zusammen, um den Bedarf besser vorhersagen zu können, und wir arbeiten mit unseren Zulieferern zusammen, um eine längerfristige Vorhersage unseres Bedarfs zu erarbeiten und somit verlässlicher und preisgünstiger einzukaufen. Diese kann bis zu 48 Monate umfassen.

Alexander Honigmann: Wir haben unsere Lieferkette robuster gemacht und langfristige Lieferverträge mit neuen und bestehenden Lieferanten ausgehandelt. Wichtige Komponenten kaufen wir weiterhin auf den Spot-Märkten ein und optimieren unsere Zuteilung an die Lieferanten. Auch setzen wir erhebliche technische Ressourcen für die Weiterentwicklung unserer Produkte ein, um die Auswirkungen zu minimieren.

3. Markt-Dynamik

Trotz politisch angespannter Lage, trotz (oder gerade wegen) der Pandemie: Das Interesse des Handels an SCO-Anlagen ist ungebrochen, die Technologie-Anbieter gehen von weiterhin steigenden Installationen aus.

Das Interesse an SCO-Lösungen ist nicht nur wegen Corona, sondern vielmehr wegen fehlendem Personal massiv gewachsen.

Klaus Schmid

Managing Director, ITAB

Hans-Jürgen Nausch: Der SCO-Markt in Deutschland ist noch nicht soweit wie in anderen Ländern. Die Lebensmittelbranche startet langsam, aber die Modebranche hinkt noch hinterher.

Wolfgang Jonasson: Unsere SCO-Pipeline und die Marktnachfrage waren noch nie so hoch wie heute. Viele Einzelhändler befinden sich mitten im Rollout oder in der Auffrischung ihrer Systeme. Wir sehen eine hohe Dichte an Geräten in den Geschäften und eine wachsende Nachfrage nach Selbstbedienung. Wir sind auf dem besten Weg, 2022 ein Rekordniveau bei den Auftragseingängen zu erreichen.

Klaus Schmid: Das Interesse ist nicht nur wegen Corona, sondern viel mehr wegen fehlendem Personal massiv gewachsen. Kaum eine Neueröffnung oder ein Umbau im LEH werden heute noch ohne SCO geplant. Der Boom war 2021, aber es zeichnet sich ab, dass 2022 ähnlich gut werden wird.

Alexander Hahn: Unsere Lösung „Flex21.5“ ist beispielsweise als SB-Checkout bei TeeGschwendner im Einsatz. In den Filialen des Teegrossisten ist die Fläche begrenzt, so dass ein ultrakompaktes Terminal nötig ist. Der Branchenriese Edeka setzt unser System Passport“ in seinen autonomen 24/7 Stores ein, wo rund um die Uhr eingekauft werden kann. Für Edeka haben wir sogar eine exklusive Self-Checkout-Lösung entwickelt: den „Portal“.

4. Kunden-Akzeptanz

Der SB-Checkout etabliert sich. Die Nutzungsquoten steigen, zumal die Anbieter nicht nur Technik, sondern auch Konzepte für maximale Kundenakzeptanz verkaufen.

Schlüssel zum Erfolg ist der passgenaue Zuschnitt der SCO-Lösung auf die jeweiligen Begebenheiten.

Hanno Kallmeyer

Presales Nord- und Osteuropa, NCR

Hanno Kallmeyer: Die Nutzungsraten von SCO-Systemen sind abhängig von ihrer Sichtbarkeit und Zugänglichkeit im Markt, der Attraktivität der Zone, der intuitiven Bedienbarkeit des Systems, der Motivation der Mitarbeiter und letztlich der angebotenen Kapazität. NCR bietet hier umfangreiche Erfahrungen und Methoden an, mit denen die Händler ihre gesteckte Zielmarke erreichen oder sogar übertreffen können. Typischerweise erwarten wir bei SCO heute je nach Filialformat Anteile zwischen 35 und 80 Prozent. Leider gibt es nicht die eine Konstellation, die auf alles passt, letztlich ist der Schlüssel zum Erfolg gerade der Zuschnitt der Lösung auf die jeweiligen Begebenheiten. Daher setzen wir ein intelligentes Berechnungssystem ein, mit dessen Hilfe wir die beste Konstellation sehr zuverlässig ermitteln können.

Klaus Schmid: SCO-Technik wird auch von uns nicht einfach „hingestellt und Tschüss“. Wir bieten mehrtägige Einführungen an, die eine Schulung der Mitarbeiter und eine Eröffnungsbetreuung beinhaltet. Dieses Erfolgsrezept und die Definition der SCO-Aufsicht als „Entertainer“ führt zu deutlich besseren Nutzerquoten. SCO ohne Personal funktioniert nicht. Unser bester Kunde, ein Einzelhändler im Raum Kassel, kommt auf regelmäßige Nutzerzahlen von 45 bis 55 Prozent der Einkaufsbons. Fehlt die Kundenansprache, sind SCO-Zonen durchaus nicht erfolgreich.

5. Payment-Strategien

Im Zuge der Pandemie wird zunehmend unbar bezahlt. Bargeld-Module an SCO-Kassenlinien werden damit nicht obsolet, können aber weiter zurückgefahren werden.

Die Kosten für Bauteile steigen, die Versorgung mit Bauteilen und Rohstoffen ist unvorhersehbar.

Wolfgang Jonasson

Vice President Retail DACH, Diebold Nixdorf

Rainer Birkner: Natürlich ist es auch eine Kostenfrage, ob die Module für Bargeldakzeptanz zusätzlich in Automaten eingebaut werden. Zudem erfordert das Handling von Bargeld immer auch zusätzliche Aufwände bei Logistik und Sicherheit. Die seit der Corona-Pandemie stark gestiegene Akzeptanz der Verbraucher, bargeldlose Bezahlmethoden zu nutzen, kann im SCO-Bereich für Einsparpotential sorgen, indem Bargeld-Module z. B. nur noch partiell angeboten werden.

Wolfgang Jonasson: Bargeld wird auch in Zukunft eine Wahlmöglichkeit sein, und es werden weiterhin Bargeldlösungen bei uns angefragt. Allerdings wird der Anteil der bargeldlosen Verfahren weiter steigen, da immer mehr Kunden die Vorteile des Bezahlens mit Karte oder mit mobilen Geräten entdecken. Wie schnell sich dieser Wandel vollziehen wird, hängt von der jeweiligen Handelsbranche und ihrer Kundschaft ab. Während sich die reine Kartenzahlung beispielsweise im Modehandel schneller durchsetzen wird, wie C&A mit der Einführung moderner Selbstbedienungskassen gezeigt hat, wird der Mix in Bereichen wie dem Lebensmitteleinzelhandel weiterhin eher breit sein.

Hanno Kallmeyer: Für die Auswahl von SCO-Systemen ist es wichtig, den Anteil der bar bezahlten Einkäufe an den gesamten Einkäufen heranzuziehen und die Quote nicht etwa zu berechnen, indem die Summe der bar bezahlten Einnahmen durch die Gesamteinnahmen geteilt werden. Denn der eigentliche Wert des Einkaufs ist für SCO unerheblich, es geht tatsächlich um die Anzahl. Da kleine und mittlere Einkäufe häufiger bar bezahlt werden und diese die wesentliche Zielgruppe für den SB-Checkout darstellen, bestimmen sie maßgeblich das Potential dieser Services. In vielen Fällen bezahlen in diesem Segment mehr als die Hälfte der Kunden bar, und ein Kartengerät würde somit unmittelbar die Hälfte der Kunden von diesem Service ausschließen. Die Erfahrung zeigt, dass selbst solche Kunden, die gerne SCO nutzen, sich mit Blick auf die Nutzung von Bargeld nicht zur Kartenzahlung „umlenken“ lassen. Bargeldmodule sind daher in vielen Fällen die bessere Wahl – zumal wir deren Betrieb mittlerweile hoch effizient gestalten.

Martijn Termaten: Sicherlich, die Bargeldquote sinkt, Kleineinkäufe werden aber immer noch vorzugsweise bar bezahlt. Und dies spielt auch in dem Bereich der SCO-Lösungen eine Rolle, weil diese für kleinere Einkäufe bis zu 15 Produkte geeignet sind, wenn man nicht gerade Scan & Go anbietet. So planen die meisten Kunden noch mit Cash Management-Systemen. Nicht für alle SCO-Lösungen in einer Kassenzone, aber für einen Teil davon, damit alle Kundengruppen abgedeckt werden.

6. Cashless Shops

Amazon war der Vorreiter, inzwischen wird der Cashless Shop auch hierzulande projektiert und getestet. Das Konzept steckt noch im Frühstadium, kann aber zur echten Option werden.

Checkout-Prozesse zu gestalten ist eine Herausforderung. Vom schnellen Self-Checkout bis zum beratungsintensiven Einkaufserlebnis sollte sich der Checkout nahtlos in die Situation im Geschäft einfügen.

Ben Wedel

Head of Sales/Customer Relations, Snabble

Ben Wedel: Durch das Vorpreschen einiger Handelsgruppen mit autonomen Konzepten in ländlichen Gebieten öffnet sich auch dort ein komplett neuer Markt. Zuvor unwirtschaftliche Bereiche werden durch Konzepte wie Tegut Teo wirklich interessant. Es wird spannend zu beobachten, welchen Verlauf diese Entwicklung nimmt.

Martijn Termaten: Egal ob Aldi, Rewe oder auch Tegut: Es wird getestet oder man hat bereits funktionierende Lösungen gefunden – wie beim Konzept für teo, das wir zusammen mit unserem Partner Snabble erarbeitet haben. Es kommt eine weitere Möglichkeit des Einkaufens dazu, wobei der „normale“ LEH nicht aussterben wird.

Klaus Schmid: Noch sind diese Systeme betreuungsintensiv und benötigen manuelle Eingriffe. Auch ist die Skalierbarkeit eine Hürde. ITAB hat bereits 2017 auf der EuroShop mit „Airflow“ ein eigenes System gezeigt und die Machbarkeit in vielen Tests gemeinsam mit Kunden verprobt.

7. Mobile Checkout

In knapp 1000 Märkten, vorwiegend im LEH, können die Kunden inzwischen mobil scannen, entweder mittels Handscanner, per Einkaufswagen mit Scanner oder per App auf dem eigenen Smartphone.

Mit den Cashless Shops kommt eine weitere Möglichkeit des Einkaufens dazu, wobei der normale LEH nicht aussterben wird.

Martijn Termaten

Retail Sales Director, Pan Oston

Martijn Termaten: Generell ist das Interesse an SCO-Lösungen enorm gewachsen, wobei die stationären eine weit größere Rolle spielen als die mobilen Konzepte. Beim „Mobile Checkout“ wiederum geht die Tendenz eher in Richtung BYOD („Bring your own device“).

Ben Wedel: Weil sich Smartphones zu unseren ständigen Begleitern entwickelt haben, sehen wir Selfscanning mit dem eigenen Smartphone als die logische Entwicklung und gehen davon aus, dass das Smartphone die Handscanner-Lösung zukünftig ablösen wird. Hinzu kommt, dass bei der BYOD-Lösung die Investitionskosten gering sind. Dadurch ergibt sich eine attraktive Skalierbarkeit.

Hanno Kallmeyer: Die Nutzungsquoten mobiler Lösungen sind in der Praxis wesentlich geringer ist als beim stationären SCO – sie bewegen sich häufig nur im einstelligen Prozentbereich. Der Schlüssel zum Erfolg liegt häufig in der Kombination aus stationären Systemen für die kleinen und mittleren Einkäufe und mobilen Lösungen für größere Einkäufe. Wobei sich hier wiederum Handhelds oder auch Smart Carts für den großen, Smartphone-basierte Lösungen für den kleinen Warenkorb eignen. Unsere SW-Lösungen funktionieren dabei geräteübergreifend – die Benutzeroberfläche passt sich den Möglichkeiten der Devices an.

Ben Wedel: Händler bevorzugen grundsätzlich die Integration von Scan & Go in die eigene App – entweder durch eine Eigenentwicklung oder das Implementieren eines Software Development Kits. Wegen der schnellen und einfachen Anbindung und der Option für einen kurzfristigen Testlauf wird gerne auch direkt unsere Multi-Retailer-App eingesetzt. Für Händler ohne eigene IT-Infrastruktur ist die Anbindung und Integration der Snabble-App daher sehr attraktiv.

8. RFID am Checkout

Speziell in den Fashion-Branchen ist die RFID-Technik in Sachen Warenlogistik und Warensicherheit nicht mehr wegzudenken. Aber RFID erreicht inzwischen auch den Checkout.

Da RFID-Etiketten wesentlich preisgünstiger geworden sind, bewerten zahlreiche Händler derzeit den Kosten-Nutzen-Effekt dieser Technologie neu.

Roberto Mauro

Commercial General Manager, Avery Dennison Europe

Roberto Mauro: Da RFID-Etiketten in den letzten Jahren wesentlich preisgünstiger geworden sind, bewerten zahlreiche Einzelhändler derzeit den Kosten/Nutzen Effekt dieser Technologie neu. Wir erhalten zum Beispiel Anfragen von Lebensmittelketten, die die RFID-Tags für hochpreisige Produkte wie Fleisch nutzen möchten.

Hans-Jürgen Nausch: Im Fashion-Bereich setzen viele Einzelhändler bereits auf RFID-Lösungen von Checkpoint Systems, zum Beispiel Decathlon. Mit RFID sind Einzelhändler in der Lage, ihre gesamte Lieferkette – von der Quelle bis zum Laden – im Blick zu behalten. Gleichzeitig ist RFID die Basis für erfolgreiche Omnichannel- und auch für Checkout-Strategien.

Roberto Mauro: Berührungslose Anwendungen auf Basis von RFID sind die Zukunft des Einzelhandels. Die RFID-Technologie eignet sich bestens für sämtliche Aspekte des berührungslosen Einzelhandels wie Self-Service-Bestellung, Self-Checkout und Grab-and-Go. Dank RFID-basierten Lösungen finden Kunden jederzeit und überall die gewünschten Produkte. Zudem ermöglichen sie digitale Interaktion und personalisierte Inhalte. Berührungsloser Einzelhandel bedeutet nicht nur, dass Kunden über Mobilgeräte bezahlen können, sondern auch, dass sie Produkte wie Kleidung und Make up virtuell an- bzw. ausprobieren können.

Alexander Honigmann: Das Kundenerlebnis hat für Einzelhändler oberste Priorität. Neben der Verbesserung von Shelf Availability werden RFID-Geräte von Zebra auch am Point-of-Sale eingesetzt, um dieses Erlebnis zu unterstützen. Die POS-RFID-Antenne kann beispielsweise unter dem Kassentisch angebracht werden, um Artikel schnell zu erfassen, oder in der Nähe des Checkouts für Kunden, die die Kassenschlangen und Kassen passieren. Im Lebensmitteleinzelhandel liegt der Schwerpunkt derzeit auf Personal Shopper-Scannern, die außerhalb Deutschlands bereits seit mehr als einem Jahrzehnt eingesetzt werden und nicht nur das Einkaufserlebnis der Kunden verbessern, sondern auch den Warenkorb vergrößern.

Hans-Jürgen Nausch: Wir bekommen von unseren Kunden viele Anfragen, wie man Self Checkout und Warensicherung zusammenbringen kann. Im Fashion-Bereich ist RFID ein gesetztes Thema. Für Retailer aus dem Lebensmittelhandel kommt es natürlich nicht infrage, jede Zuckerpackung mit einem RFID-Tag zu versehen. Aber: Im Food-Bereich gibt es viele Artikel, die nicht geklaut werden. Und wenn jemand 10 Artikel unbezahlt durch die SB-Kasse bringen will, wovon ein Artikel gesichert ist, reicht dies, um den Alarm auszulösen. In diesem Szenario kann auch eine intelligente RFID-Lösung ins Spiel kommen, um diesen technischen Ansatz auch im Bereich der Fast Moving Consumer Goods nutzen zu können.

9. Labor-Arbeiten

Mit welchen Weiterentwicklungen der Handel im Checkout-Umfeld rechnen kann: ein Blick in die Innovationswerkstätten der Technologie-Anbieter.

Der Trend zu bargeldlosem Bezahlen bringt Sparpotenzial, weil Bargeld-Module am SCO nur noch partiell erforderlich sind.

Rainer Birkner

Sales Lead Retail, CCV

Rainer Birkner: Aktuell erleben wir eine große Nachfrage im Lebensmitteleinzelhandel und in Drogeriemarktketten, die sich nicht nur auf den traditionellen Kassenplatz bezieht, sondern auch auf weitere Points of Sale, wie z. B. Kaffeeautomaten und Ladesäulen erstreckt. Durch unseren ganzheitlichen Ansatz „Payment as a Service“ können wir diese an sich voneinander getrennten Systeme mit homogenen Lösungen aus einer Hand ausstatten, die den Betrieb für den Händler deutlich erleichtern. Wir feilen zudem intensiv an neuen Lösungen, die speziell den EV Charging-Bereich unterstützen sollen. Die neue Ladesäulenverordnung sieht vor, dass alle neu aufzustellenden EV Charging Ladesäulen ab Juni 2023 mit einem Kartenlesegerät ausgestattet sein müssen. Mit dem speziell für EV Charging entwickelten Bezahl-Terminal haben wir dafür eine perfekte Lösung geschaffen.

Wolfgang Jonasson: Wir verbessern unsere Systeme kontinuierlich, allein schon, um sie dem sich ständig ändernden Markt anzupassen. Zu nennen wären hier aktuell insbesondere diverse Computer Vision-Kameratechnologien für die digitale Altersprüfung oder automatische Produkterkennung, mit denen wir den Self-Checkout-Prozess weiter beschleunigen.

Martijn Termaten: Ein wichtiger Punkt ist die gute Ergonomie einer SCO-Lösung, die für eine dauerhafte Nutzung durch den Endkunden wichtig ist. Ein weiterer Baustein ist die Reduzierung von Diebstahl im Zusammenhang mit Exit-Gates, und natürlich der Bereich KI, der hier in Zukunft eine immer größere Rolle spielen wird. Daran arbeiten wir zurzeit mit unseren Entwicklern.

Hanno Kallmeyer: Die Weiterentwicklungen der NCR zielen darauf ab, den Händler deutlich schneller und auch günstiger in die Lage zu versetzen, intelligente und innovative Kundenservices in seine Filialen zu bringen. Unsere neue Software-Architektur „NCR Commerce Platform“ sorgt hier auch durch den Einsatz von Cloud Technologie dafür, dass auch Innovationen Dritter unter anderem für den autonomen Betrieb von Stores, für unterbrechungsfreies Einkaufen, bessere Diebstahlverhinderung, mobile Anwendungen, neue Payment-Funktionen, Omnichannel-Dienste sowie moderne Loyalty- und CRM-Funktionen schnell und skalierbar evaluiert und ausgerollt werden können.

Klaus Schmid: Erkennen der Ware und des Verhaltens der Bediener über Kamerasysteme zur Betrugsvermeidung. Außerdem werden immer schlankere und kleinere Lösungen benötigt. Ein weiterer Schwerpunkt ist die „User Experience“ und die Nutzerführung, um es dem Kunden einfach zu machen, die Systeme zu bedienen. Hier haben sich akustische Systeme, die dem Kunden mit Sprachhinweisen helfen sollen, als ungeeignet gezeigt. Andere Methoden werden entwickelt.

Alexander Hahn: In unserem Strategy and Innovation Center arbeiten wir an mehreren interessanten Technologien für den Selfservice der Zukunft. Im SCO-Bereich zählen dazu ein Kiosk mit transparentem Display, das sich berührungsfrei bedienen lässt, außerdem eine Lösung jenseits des klassischen Self-Scanning-Konzepts. Mit dieser Technologie betreten wir Neuland. Sie wird für jeden Einzelhändler mit kleinteiligem Sortiment interessant sein.

Alexander Honigmann: Wir arbeiten ständig an Innovationen, um unseren Kunden einen Wettbewerbsvorteil mit unserem Portfolio zur Verfügung zu stellen. 10 Prozent des weltweiten Umsatzes investiert Zebra jährlich in Forschung und Entwicklung. Hinzu kommen regelmäßige Aquisitionen und Ventures in interessante Unternehmen. Zebra verfügt über F&E-Zentren in Nordamerika, EMEA und APAC sowie über engagierte KI-Forschungsteams. Außerdem bieten wir Data Services an. Dabei handelt es sich um eine Cloud-basierte Lösung, die Softwareentwickler und Brancheninnovatoren dabei unterstützt, innovative Anwendungen zu bauen, mit denen sie das Potenzial der Daten von Zebra-Geräten im Einzelhandel weiter erschließen können.

Hans-Jürgen Nausch: Unsere Entwickler haben mit den EAS Self Checkout Solutions ein klassisches Problem von SCO-Stationen gelöst: SCO-Stationen, an denen Kunden Artikel selbst scannen und bezahlen können, verbessern das Kundenerlebnis – führen aber gleichzeitig zu steigendem Warenschwund, weil die RF-Tags schon beim Scanprozess deaktiviert werden – nicht beim Bezahlvorgang. Bei unserer Lösung werden die RF-Tags erst deaktiviert, wenn die Deaktivierungsantennen eine Zahlungsbestätigung von der SCO-Software erhalten haben. Das bietet Einzelhändlern einen sicheren SCO-Prozess bei gleichbleibend reibungslosem Ablauf für den Kunden.

Roberto Mauro: Im Bereich RFID investieren wir in und fördern unterschiedliche Entwicklungen, darunter passive Bluetooth Low Energy (BLE)-Tags mit wichtigen Sensorfunktionen (Temperatur, Manipulationserkennung, Luftfeuchtigkeit, Bewegung, Füllstand usw.) sowie die Kennzeichnung von wiederverwendbaren Verpackungen mit RFID. Somit wird die Einhaltung gesetzlicher Vorgaben ermöglichen und zugleich die steigenden Anforderungen der Verbraucher in Bezug auf Nachhaltigkeit erfüllt.

Wir bekommen von unseren Kunden viele Anfragen, wie man Self Checkout und Warensicherung zusammenbringen kann.

Hans-Jürgen Nausch

Business Unit Director Germany, Checkpoint Systems

10. Perspektiven 2025

Vernetzung, Automatisierung, Kundenzentrierung: Wie sich die Märkte und Technologien entwickeln und wie sich das Konsumverhalten mittelfristig verändert.

Alexander Hahn: Der Self-Checkout wird in fast allen Segmenten des Einzelhandels noch mehr an Bedeutung gewinnen. Viele Verbraucher haben ihre Technologievorbehalte aufgegeben, auch unter dem Eindruck der Pandemie.

Rainer Birkner: Die CCV bringt jedes Jahr den „Pulse Trend Report“ heraus, in dem wir aktuelle Entwicklungen und neue Trends am Markt zeigen. In diesem Jahr liegt dabei der Schwerpunkt auf dem Thema Vernetzung: vernetzte Märkte, vernetzte Fahrzeuge und vernetzte mobile Geräte. Mehr unter: Pulse 2022 – CCV EN

Alexander Honigmann: Da möchte ich den Lesern empfehlen, einen Blick in die jüngste „Global Shopper Study“ und die „Global Warehousing Vision Study“ von Zebra zu werfen. Hier werden die wichtigsten Trends vorgestellt, mit denen es die Entscheidungsträger, Mitarbeiter und Kunden zu tun haben. Da gibt es eine ganze Reihe von Faktoren, die Einzelhändler dazu veranlassen, neue Hardware- und Softwarelösungen einzuführen. Vor allem geht es dabei um die Automatisierung von Prozessen und um hochwertigen Kundenservice.