Der Name Thomas Sabo steht seit der Firmengründung im Jahr 1984 für hochwertigen Silberschmuck mit besonderer Designqualität. Ende der 90er-Jahre startete der Hersteller mit der Eröffnung eigener Shops und ist inzwischen mit über 200 Stores in Europa, Asien und Amerika vertreten. Im Rahmen seiner weltweiten Expansion setzt Thomas Sabo auf eine Kassenlösung „aus der Cloud“. Im Juni 2011 wurde ein erster Pilot-Store in Nürnberg mit dem System ausgestattet. Vor dem weltweiten Rollout folgten weitere Pilotinstallationen in Deutschland sowie in China, Hongkong, Macau und Singapur.

Die Cloud-Lösung stellt Rechenkapazitäten, Software- und Programmierumgebung auf Windows Azure, der Cloud-Plattform von Microsoft, zur Verfügung. Beim Start der Kasse werden die Basisfunktionen sowie der Datenbestand an Artikel- und Preisinformationen sowie die landesspezifischen Konfigurationsdaten aus der Wolke geladen. Damit kann die Kasse bei einer Störung der Internetverbindung auch über einen längeren Zeitraum offline arbeiten.

Vorbehalte nur bedingt berechtigt

„Vorbehalte gegen Cloud-Lösungen sind nur bedingt berechtigt. Im Hinblick auf eine Private Cloud sind Sicherheitsbedenken gänzlich unbegründet, da die Daten bei diesem Modell im Unternehmen verbleiben. Bei Public Cloud-Lösungen sind es vor allem große Händler, die Sicherheitsbedenken haben. Diese können vom Markt nur durch die stetige Verbesserung von Sicherheits- und Anti-Fraud-Techniken abgebaut werden.“

Thilo Freund, Geschäftsführer von Micros Retail Deutschland

Cloud Computing gilt derzeit als einer der wichtigsten Trends der Informations- und Kommunikations-Technologie. „Das Geschäft mit Cloud-Diensten, in denen Firmen oder Privatpersonen ihre Daten dezentral im Netz speichern lassen, wird 2013 um 50 Prozent wachsen“, prognostiziert Dieter Kempf, Präsident des Hightech-Verbandes Bitkom. Handelsunternehmen allerdings stehen dem Auslagern sensibler Daten und geschäftskritischer Applikationen kritisch gegenüber. Laut EHI-Trendstudie 2013 planen lediglich 12 Prozent der Händler, in näherer Zukunft eine Public Cloud zu nutzen.

Weniger Kapitalbindung durch den Verzicht auf eigene Server-Kapazitäten, bessere Skalierbarkeit der Anwendungen und schnellere Integration neuer Dienste und Funktionen – diesen Vorteilen von Cloud-Diensten stehen nach wie vor Sicherheitsbedenken gegenüber, nicht gerade besänftigt durch die im Sommer bekannt gewordenen „Prism“- und „Tempora“-Aktivitäten des US-Geheimdienstes.

„Provider irren, wenn sie Begeisterung beim Handel erwarten, und dies insbesondere aus Sicherheitsgründen“, konstatiert Jochen Hampe, IT-Berater für den Handel und Geschäftsführer von Retailer-Consult. „Die Haltung sensibler Daten in einer Public Cloud kann ich nach jetziger Beurteilung definitiv nicht verantworten“, so die Meinung von Detlev Anders, Leiter IT bei Strauss-Innovation.

Aufbau von Vertrauen

Vielleicht muss sich Vertrauen auch erst langsam aufbauen. „Sicherheitsbedenken können vom Markt nur durch die stetige Verbesserung von Sicherheits- und Anti-Fraud-Techniken abgebaut werden, und hierbei spielen Zertifizierungen eine wichtige Rolle“, erklärt Thilo Freund, Geschäftsführer von Micros Retail in Berlin. Dazu beitragen können auch die Erfahrungen, die viele Händler schon heute mit unkritischen Anwendungen sammeln, die aus der Cloud bedient werden – Stichwort „Hybrid Clouding“.

Der Einrichtungs-Discounter Poco-Domäne zum Beispiel hält Warenwirtschaft und Kassen-Applikation natürlich auf dem eigenen Server, bezieht aber verschiedenen Büro-Anwendungen aus der Wolke, etwa eine Planungssoftware für die Logistik und eine Software für den Plakatdruck. Dieses Hybrid-Prinzip lässt sich auch auf den Checkout übertragen: E-Bon-Prozesse etwa lassen sich durchaus an einen vertrauenswürdigen Private Cloud-Anbieter auslagern. Davon geht auch Michael Jaszczyk aus. „Für die mittelfristige Zukunft erwarte ich ein Nebeneinander von unterschiedlichen stationären und cloudbasierten POS-Varianten“, erklärt der Technologievorstand von GK Software.

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Nebeneinander von POS-Varianten

Michael Jaszczyk, Technologievorstand bei der GK Software AG, über Cloud-Anwendungen für den Handel.

Was kann der Handel in die Wolke verlagern?

Wir haben bereits die Backoffice-Systeme der Filialen in die Rechenzentren verlagert, als der Begriff Cloud seine Karriere noch gar nicht begonnen hatte. Denn hier liegen Potenziale zur Senkung von Kosten bei gleichzeitiger Erhöhung der Performance.

Und speziell bei Kassen-Anwendungen?

Im Bereich Kassen haben wir reine Cloud-Lösungen im Einsatz, bei denen nur noch die Bedieneroberfläche, nicht aber die Business-Logik auf dem Eingabegerät liegt. In solchen Szenarien kann die Hardware am Point of Sale ein sehr schlanker Thin Client sein, der nur wenig eigene Rechenleistung zur Verfügung stellen muss. Für die mittelfristige Zukunft erwarte ich ein Nebeneinander von unterschiedlichen stationären und cloudbasierten POS-Varianten, je nach Einsatzort, benötigtem Funktionsumfang oder Netzanbindung.

Was ist dabei besonders wichtig?

Da der Kassiervorgang ein absolut geschäftskritischer Prozess ist, wird für jeden Händler das Thema Ausfallsicherheit natürlich von besonderer Bedeutung sein.