Die Zeiten des Flächenwachstums sind zwar passé, doch trotz wachsender Online-Konkurrenz können die stationären Baumarkt-Betreiber die Anzahl ihrer Filialen und ihre Verkaufsflächen nahezu konstant halten: Zum Januar 2019 zählte die Gesellschaft für Markt- und Betriebsanalyse (Gemaba) bundesweit 2.119 Baumärkte mit einer Gesamtverkaufsfläche von knapp 13,3 Mio. qm. Ein Jahr zuvor waren es lediglich 13 Märkte und rd. 82.000 qm Verkaufsfläche mehr.

Bruttoumsatz der führenden Baumarktunternehmen in Deutschland 2017 bis 2018 (in Millionen Euro)

Bruttoumsatz der führenden Baumarktunternehmen in Deutschland 2017 bis 2018 (in Millionen Euro)
Foto: Dähne Verlag © Handelsdaten 2019

Die Branche erzielte in 2018 einen Bruttoumsatz von gut 18,7 Mrd. Euro. Der Online-Anteil lag nach Angaben des BHB-Branchenverbandes zwischen 5 und 6 Prozent und damit bei rund einer Milliarde Euro. Abgesehen von Amazon oder Ebay mit ihren Marktplatz-Modellen, über die auch Baumarkt-Unternehmen vertreiben, wird dieser Umsatz zum größten Teil von den etablierten Einzelhändlern gemacht. Laut EHI-Analyse sind (in dieser Reihenfolge) Hagebau, Hornbach, Obi und Bauhaus die umsatzstärksten Online-Anbieter. Dazwischen auf Platz 4 schiebt sich mit der Holz-Richter GmbH ein klassischer Großhändler, der in den vergangenen Jahren einen erfolgreichen Online-Vertrieb aufgebaut hat.

Erst danach und mit sehr deutlichem Umsatz-Abstand folgen die ersten reinen Online-Spezialanbieter. „In der DIY-Branche gab es bisher keinen Zalando-Effekt“, erklärt Eva Stüber vom IFH Köln. Gründe dafür: breite Sortimente, viele sperrige, schwere Produkte und damit „in puncto Online-Fähigkeit suboptimal“, so Stüber.

Kanalübergreifende Services

Statt in weitere Verkaufsflächen investieren die großen Baumarkt-Filialisten inzwischen in zwei Bereiche: in die Aspekte „Aufwertung“ und „Multifunktionalität“ bestehender Märkte sowie in die Digitalisierung und den Ausbau kanalübergreifender Services. „Für uns wird es zunehmend wichtiger, integrierte Omnichannel-Geschäftsmodelle zügig weiterzuentwickeln“, sagt Dr. Ralf Bartsch, Vorstandssprecher des Handelsverbandes Bauen, Heimwerken und Garten.

Das gilt zum Beispiel für Hellweg, zurzeit unter den Top-Ten in der Umsatz-Tabelle der Branche. „Wir sehen uns immer noch in erster Linie als Brick-and-Mortar-Händler mit absolutem Fokus auf persönlicher Beratung und professionellem Kundenservice“, sagt Jan Buse, Leiter E-Commerce bei Hellweg. „Beratung wird immer anspruchsvoller, heute kommt jeder Kunde vorinformiert in den Markt“, so Buse.

Seit 2011 baut Hellweg seinen Online-Vertriebskanal aus, mit drei Domains für die 90 Märkte in Deutschland, die 8 Märkte in Österreich sowie für die 55 BayWa-Bau- und Gartenmärkte. Nach der Einführung von Click & Collect in 2015, nach Relaunch der Websites und Anbindung der Filialbestände in Echtzeit in 2017 ging Hellweg Anfang dieses Jahres mit weiteren Omnichannel-Services in den Live-Betrieb: Ship-from-Store, Marktlieferung, Click & Reserve sowie Store-Order. „Unsere zusätzlichen Omnichannel- Services wurden von den Kunden direkt angenommen“, berichtet Buse.

Instore-Order ausbauen

Wie Hellweg befinden sich auch die anderen großen Baumarkt-Betreiber in fortgeschrittenen Omnichannel-Entwicklungsstadien. Das sind in der Reihenfolge ihrer Umsatzgröße Obi, Bauhaus, Hornbach, Hagebau, Toom und Globus. Eine Querauswertung aus der Untersuchung „Top-Omnichannel- Shops“ des EHI zeigt: Online-Verfügbarkeitsanzeige für in den Märkten präsente Artikel können alle, ebenso wie Instore-Return für online gekaufte Ware. Online bestellte und bezahlte Ware im Markt abzuholen ist ebenfalls obligatorisch. Dagegen arbeiten zwei der Unternehmen noch daran, Click & Collect auch mit stationärer Bezahlung zu kombinieren. Bei Instore-Order schließlich besteht Nachholbedarf, dieser Service wird bislang lediglich von zwei der Großfilialisten angeboten. Die Rewe-Tochter Toom ist in dieser Aufstellung nicht berücksichtigt – das Unternehmen hat erst im Frühjahr 2019 einen eigenen Online-Shop eröffnet.

Im Crosschannel-Index 2018 des Kölner Instituts für Handelsforschung steht die Hornbach Baumarkt AG an erster Stelle. Bei den kanalübergreifenden Standard-Funktionen hat Hornbach nach dieser Untersuchung den höchsten Reifegrad innerhalb der Branche. Das Unternehmen hat in den vergangenen Jahren rd. 300 Mio. Euro in die Digitalisierung investiert. Die Hornbach-App bietet Möglichkeiten wie Mobile Scanning, um Wartezeiten an den Kassen zu reduzieren, digitale Verwaltung der Kassenbons und eine Bilderkennung für Produkte. Wer etwa an der Wohnzimmerwand von Freunden eine schicke Tapete entdeckt, lässt über die App das Handy-Bild scannen, um Hersteller und Produktmerkmale der Tapete herauszufinden.

Hornbach betreibt knapp 160 Märkte in 9 europäischen Ländern und hat für kurze Wege und schnelle Belieferung der Kunden ein Netz von 560 Versandstellen aufgebaut. Insbesondere aber arbeitet der Händler mit einem eigens entwickelten Order-Management, das alle für das Online-Geschäft relevanten Prozesse abbildet. „Mit diesem logistischen Gesamtkonzept steigern wir die Verfügbarkeit, reduzieren Lieferdistanzen und minimieren Teillieferungen“, sagt Ingo Leiner, Vorstand Logistik bei Hornbach.

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