Zur Person: Artur Wagner

Artur Wagner zeichnet als CDO der Ledermanufaktur Braun Büffel dafür verantwortlich, die Digitalisierung des Unternehmens voranzutreiben und es mit einem internationalen Omnichannel-Ansatz für die Zukunft aufzustellen. Wagner verfügt über 18 Jahre E-Commerce-Erfahrung und war in seiner vorherigen Position über zweieinhalb Jahre bei der Digitalagentur Y1 tätig.

Herr Wagner, mit Braun Büffel schlägt eine traditionsreiche Manufaktur den Weg ins Digitale ein. Was beinhaltet die Digitalisierungsstrategie von Braun Büffel und welche Vision steht dahinter?

Wir möchten einen Omnichannel-Ansatz entwickeln. Bis vor einigen Jahren hatten wir wenig Einblick in die Daten der Endabnehmer:innen unserer Produkte, da diese ausschließlich über den Fachhandel bezogen wurden. Die Einführung digitaler Kanäle hat es uns ermöglicht, wertvolle Kundeninformationen zu sammeln. Wir können nun besser verstehen, wie unsere Produkte den Bedürfnissen der Kundschaft entsprechen und welche Anpassungen notwendig sind, um sie erfolgreich zu vermarkten. Wir befinden uns jedoch noch in der Anfangsphase dieses Prozesses. Die Digitalisierungsstrategie zielt darauf ab, den direkten Verkauf an Endkund:innen (D2C) über unseren Onlineshop auszubauen. Wir wollen unsere Kund:innen besser zu verstehen, ihre Vorlieben und ihr Kaufverhalten analysieren und die Leistung unserer Produkte in verschiedenen Märkten bewerten. Gleichzeitig können wir durch die Digitalisierung unsere Präsenz in weiteren Ländern erweitern. Die Verknüpfung dieser verschiedenen Initiativen wird einige Jahre in Anspruch nehmen und eine kontinuierliche Anpassung und Optimierung erfordern. Wir sprechen daher von einer Transformationsstrategie.

Wie passen Digitalisierung und traditionelles Handwerk zusammen?

Diese beiden Dinge ergänzen sich aus unserer Sicht. Das Handwerk bleibt erhalten, aber die Möglichkeiten erweitern sich, insbesondere im Hinblick auf die Internationalisierung. Auch unsere Produktentwicklung kann besser auf die Bedürfnisse unserer Kund:innen eingehen. Wir können herausfinden, nach welchen Keywords in unserem Umfeld gesucht wird und ausprobieren, ob es funktioniert, unser Sortiment um neue Produktgruppen zu erweitern. Außerdem optimieren wir unsere Nebenprozesse, wie zum Beispiel den lebenslangen Reparaturservice. Auch die Erfassung der Bestellhistorie erleichtert der Kundschaft den Retouren-Prozess.

Hintergrund: Über Braun Büffel

Das Familienunternehmen Braun Büffel produziert als eines der wenigen der Lederwarenbranche in Deutschland, am Gründungsort Kirn und in Offenbach. Ergänzend dazu arbeitet das Unternehmen seit Jahrzehnten mit Partnermanufakturen im Ausland.

Wie sind Sie bei der Digitalisierung der Supply Chain, der Material- und Ressourcenplanung und der Auswahl des passenden ERP-Systems vorgegangen?

Begonnen haben wir damit, intensive Gespräche mit unseren Bereichsleitern zu führen, um deren spezifische Anforderungen im Detail zu definieren. Es genügte nicht, das ERP-System nur für einzelne Abteilungen zu nutzen; wir mussten es auf die individuellen Prozesse unseres Unternehmens zuschneiden. Bei der Auswahl des richtigen Anbieters war es wichtig zu berücksichtigen, dass ERP nicht nur ein System ist, sondern verschiedene Ausbaustufen mit eigenen Modulen für unterschiedliche Branchen bietet. Deshalb haben wir uns für Anbieter entschieden, die auch in unserer Branche aktiv sind und unser Tagesgeschäft als Fashionbrand kennen. Ein weiteres Kriterium war für uns, dass der Dienstleister über ein Beraternetzwerk in Deutschland verfügt, um sicherzustellen, dass das System kontinuierlich weiterentwickelt wird und uns bei unserem Wachstum unterstützt.

2018 wurde der erste Shop gelauncht, damals eher eine digitale Kaufplattform. Was hat Braun Büffel dazu bewogen, seine Produkte über einen eigenen Onlineshop zu vertreiben?

Storytelling spielt bei Braun Büffel im Webshop wie im physischen Geschäft eine wichtige Rolle

Storytelling spielt bei Braun Büffel im Webshop wie im physischen Geschäft eine wichtige Rolle
Foto: Dani Ammann

Im Jahr 2012 haben wir unsere erste digitale Kaufplattform gelauncht. Angefangen haben wir mit unter 2.000 Euro Umsatz im Monat. 2020 haben wir uns dann entschieden, unseren Onlineshop auszubauen. Seither verzeichnen wir ein jährliches Wachstum von 30 bis 50 Prozent im Shop. Nun planen wir einen Relaunch mit dem Ziel, den Einkaufsprozess für unsere Kundinnen und Kunden zu vereinfachen und die Produkte besser auffindbar zu machen. Dabei legen wir Wert auf Wissensaustausch. Daher planen wir, unsere Website optisch aufzuwerten, mehr Video- und Foto-Content anzubieten und detaillierte Informationen zu unseren Artikeln zur Verfügung zu stellen. Dabei spielt Storytelling für uns eine wichtige Rolle. Auf diese Weise können wir die Besonderheiten unserer Produkte stärker hervorheben und die Marke nahbarer machen.

Viele Fachhändler beklagen, dass der Onlinehandel den stationären Handel schwächt. Wie sehen Sie das?

Wir sind der Überzeugung, dass das Internet das Geschäft unserer Händler nicht gefährdet. Im Gegenteil: Durch die Erkenntnisse, die wir anhand der neuen Methoden über unsere
Kundschaft gewonnen haben, konnten wir den Fachhandel stärken und haben eigene Braun-Büffel-Stores eröffnet, uns an Concept Stores beteiligt und damit einen Omnichannel-Ansatz verfolgt. Wir werden weitere Maßnahmen entwickeln, die den Fachhandel gezielt unterstützen. Dazu gehört zum Beispiel die Integration einer Postleitzahlensuche auf unserer Website. So können Kundinnen und Kunden, die unsere Produkte im stationären Handel kaufen möchten, den Fachhändler in ihrer Nähe finden. Um die Beziehung zu unseren Fachhändlern zu optimieren und ihnen die Bestellung und den Verkauf unserer Produkte so einfach wie möglich zu machen, wird es ab dem kommenden Jahr ein B2B-Portal geben. Es soll vor allem den Bestellprozess vereinfachen, der bisher per Telefon, Fax oder über den Außendienst abgewickelt wurde. Darüber hinaus bietet der Kunden-Login unseren Partnern die Möglichkeit, Produktbilder für ihren Fachhandel oder Schulungsvideos zu unseren Produkten herunterzuladen.

Das Interview führte Ibrahim Mazari.