Nachdem die ersten Gehversuche fast zehn Jahre zurückliegen, steht heute fest, dass die Services Click & Collect und Click & Reserve wichtige Bindeglieder und „Enabler“ im Connected Retail sind, die von vielen Kund:innen spätestens seit der Pandemie erwartet und vorausgesetzt werden. Bedienungsfreundlich integriert und stationär professionell organisiert, lassen sich über die C & C-Option beachtliche Zusatzumsätze generieren, betonten Experten wie Ralf Haberich von Shopgate und Michael Berghoff, Geschäftsführer und Chief Digital Officer bei Juwelier Christ, beim Branchentreff „EHI Connect“ im November des vergangenen Jahres.

Weitere Learnings:

  • Der Faktor Mensch, also der Filialmitarbeitende, ist entscheidend, um Click & Collect optimal und professionell auszuschöpfen.
  • Je nach Branche, Positionierung und stationärer Präsenz bieten sich für einen effizienten Click & Collect-Service unterschiedliche Variationen in der Prozessabwicklung an, darunter Onlineund/oder Filialbezahlung, Kommissionierung in der Filiale, Lieferung aus dem Zentrallager, Instore-Return u. a.
  • E-Commerce, Omnichannel und der Stationärhandel müssen für Click & Collect als strategische Einheit gesehen werden. Sie zu trennen, kann zu ineffizienten „Schatten-Silos“ führen.

Routine bei Christ

Prozess-Variationen bei Click & Collect am Beispiel des Juweliers Christ

Prozess-Variationen bei Click & Collect am Beispiel des Juweliers Christ
Foto: M. Berghoff/Christ

„Es gibt keine Gründe, es nicht zu tun“ – so lautet die klare Position von Michael Berghoff bei Christ. „Genau genommen ist Click & Collect die Digitalisierung eines ohnehin bestehenden, jedoch oft manuellen und hochineffizienten Prozesses, der dank digitaler Unterstützung effizient gestaltet werden kann.“ Außerdem sei Click & Collect „die beste Up- und Cross-Selling-Möglichkeit, die Multichannel-Händler haben. Der persönliche Service, den ein Retailer durch Click & Collect anbieten kann, unterscheidet ihn vom Online-Pureplayer.“

Die Zahlen und Ergebnisse bei Christ unterstreichen die Aussagen: 100.000 Euro Logistikkosten konnte Christ durch die interne, automatisierte Kombination von Click & Collect und Click & Reserve einsparen. Die Anzahl telefonischer Reservierungen und Verfügbarkeitsanfragen ist signifikant gesunken. Click & Collect-Bestellungen weisen eine um 30 Prozent niedrigere Retourenquote auf – und zugleich eine höhere Artikelanzahl als reine Online-Einkäufe durch die Zusatzverkäufe am POS. Die Conversion Rate entwickelt sich im hochpreisigen Bereich mit Click & Collect besonders positiv.

Christ ist mit über 200 Filialen in Deutschland und Österreich stationär breit aufgestellt, verzeichnet aber auch online 180.000 Visits pro Tag. Fast jeder zweite erwirtschaftete Euro ist digital induziert oder unterstützt. Bereits seit 2013 ins Geschäftsmodell integriert, zählt das Unternehmen rd. 100.000 Events pro Jahr bei Click & Collect und Click & Reserve mit Instore-Pick-up. Instore-Umtausch und -Retoure sowie Ship-from-Store – bei den Service-Varianten wird auf volle Flexibilität gesetzt.

Das machte sich zuletzt besonders bezahlt: „Es ist Gold wert, wenn Sie den Kollegen in den Stores in einer Pandemie, in der man den Großteil seiner Geschäfte über mehrere Monate schließen muss, das Gefühl geben können, dass sie weiterhin Teil des Unternehmens sind und etwas Sinnvolles tun können – teilweise haben sie per Ship-fromStore bis zu 100 Pakete am Tag verpackt und verschickt und damit auch für ihren Store Umsatz erwirtschaftet“, so Berghoff.

Kaltstart bei Toom

Die Mitarbeitenden in den Toom-Märkten erlebten die Pandemie etwas anders, denn sie mussten in ihre neue Aufgabe, online bestellte Ware zu kommissionieren und herauszugeben, Retouren anzunehmen etc., erst hineinwachsen, dies allerdings ziemlich plötzlich. Dann jedoch entwickelten sie beachtliche Kreativität vor Ort, um der pandemiebedingten Bestellschübe Herr zu werden. Als Corona und der erste Lockdown kamen, war Click & Collect bei Toom nicht mehr als eine Projektidee, nachdem gerade erst ein Jahr zuvor, 2019, Click & Deliver inklusive eines Fullfilment-Centers ans Netz gegangen waren.

Hochpreisige Uhren lassen sich Kunden nicht so gern nach Hause oder zum Nachbarn liefern, sondern holen sie in einer der über 200 Christ-Filialen ab.

Hochpreisige Uhren lassen sich Kunden nicht so gern nach Hause oder zum Nachbarn liefern, sondern holen sie in einer der über 200 Christ-Filialen ab.
Foto: Christ/Rainer Fleischmann

Nun musste es aber sehr kurzfristig umgesetzt werden, denn der Bedarf an Baumarkt-Artikeln schnellte zu Lockdown-Zeiten hoch. Für einen eventuellen zweiten Lockdown sollte Click & Collect bereitstehen, die Märkte sollten „auf Knopfdruck“ aktiviert werden können. Daher wurde Click & Collect im April 2020 bei Toom als Prio-Projekt ausgerufen, und im Oktober 2020 konnte ein Toom-Markt als Pilotbetrieb live gehen.

„Nur in Summe und vereint konnten wir das Projekt in so kurzer Zeit stemmen“, betont Julia Schöneweiß aus dem Cross-Channel-Team bei Toom. Im Restjahr sollten die Kinderkrankheiten ausgeräumt, die Bugs eliminiert und Click & Collect zum Roll-out in 2021 vorbereitet werden, so der Plan. Doch es kam erneut anders: Noch im Dezember 2020, im zweiten Lockdown, wurden 330 Filialen quasi simultan für Click & Collect fitgemacht. Das Resultat des Kaltstarts: Die Nutzungszeiten blieben während der Lockdowns durchgängig hoch. Die Durchlaufzeiten – anfänglich 24 Stunden von der Bestellung bis zum Markt – liegen inzwischen bei unter fünf Minuten.

Der Papierbedarf wurde durch ein verändertes B2B-Layout deutlich reduziert. Die IT nahm durch die unterschiedlichen länderspezifischen Corona-Regeln und Zugangsbestimmungen in Lockdown-Zeiten, die sich teilweise täglich änderten, mehrere Tausend Änderungen an der Service-Konfiguration und den Info-Seiten vor.