Die Wortmann Schuh-Holding vertritt die Maxime, dass auch im Online-Business ein partnerschaftliches Vorgehen der richtige Weg ist. Daher war es für das Unternehmen von Anfang an folgerichtig, die Handelspartner an den eigenen E-Commerce-Umsätzen zu beteiligen. Dabei sollten zunächst nur die Partner einbezogen werden, die Stores der Marke Tamaris betreiben.

Voraussetzung für die geplante Zusammenarbeit war, die Lagerbestände der Händler in die Bestände des Unternehmens zu integrieren. Doch aufgrund der etablierten Strukturen und fehlender technischer Voraussetzungen war die für ein gemeinsames Online-Business erforderliche Transparenz nicht bei allen Händlern gewährleistet. „Darum sind wir mit ‚Ship from Store‘ zunächst einen anderen Weg gegangen“, sagt Nico Gold, Geschäftsführer von Wortmann Fashion Retail.

Die mit dem Dienstleister Arendicom.de 2017 umgesetzte Omnichannel-Lösung Ship from Store funktioniert als „Auftragsbörse“, das heißt: Wortmann sammelt die über den Online-Shop im Laufe des Tages und über Nacht generierten Bestellungen und schaltet alle Ein-Teil-Aufträge, statt sie aus den eigenen Lagerbeständen selbst zu bedienen, morgens um 9 Uhr auf der Börsenplattform frei – allerdings nur für die Store-Partner, die sich im Umkreis von 30 km vom Käufer befinden.

Kein Zwang

Das neue, integrierte Plattform- Konzept geht deutlich weiter als die Auftragsbörse Ship from Store

Das neue, integrierte Plattform- Konzept geht deutlich weiter als die Auftragsbörse Ship from Store.
Foto: Wortmann Schuh-Holding

„Da uns die stationären Bestände der Partner im Ship from Store-Modell nicht bekannt sind, ist es die Aufgabe des Partners, den Abgleich zwischen unserem Angebot und seinem Bestand zu prüfen“, sagt Nico Gold. Der Händler überprüft also in seinem Lagerbestand, ob der angefragte Artikel vorrätig ist. „Wichtig ist, dass der Partner zu jedem Zeitpunkt frei in seiner Entscheidung ist, ob er einen Auftrag annehmen möchte oder nicht“, so Gold.

Um 10 Uhr werden alle Aufträge, die innerhalb der ersten Stunde nicht ausgeführt wurden, deutschlandweit freigeschaltet. Bestellungen, die auch bis 12 Uhr noch nicht von Store-Partnern übernommen wurden, wickelt Wortmann selbst ab, „denn schließlich bleiben wir während des gesamten Prozesses Vertragspartner des Endkunden, für den die Details der Auftragsabwicklung nicht ersichtlich sind“, so Gold.

Besondere technische Voraussetzungen für eine Teilnahme am Ship-from-Store-System benötigen die Händler nicht. Wortmann stellt das Web-Frontend der Börse zur Verfügung, die Partner müssen keine Schnittstellen programmieren und gehen keinerlei Verpflichtungen ein. „Ship from Store ist unserer Erfahrung nach ein smarter Weg, die Händler am wachsenden Vertriebskanal E-Commerce zu beteiligen“, so Gold. Durch die Freiwilligkeit und die ausschließliche Freischaltung von Ein-Teil-Aufträgen haben die Händler die Möglichkeit, lukrative und unkomplizierte Bestellungen auszuwählen und Artikel mit erfahrungsgemäß hoher Retourenquote wie etwa Pumps außen vor zu lassen. Statt der gängigen durchschnittlich 50 Prozent beträgt die Retourenquote mit Ship from Store laut Wortmann nur rd. 35 Prozent.

Wortmann Schuh-Holding KG

Die in Detmold ansässige Wortmann Schuh-Holding KG gehört mit Marken wie Tamaris, Marco Tozzi, Caprice, Jana und s. Oliver Shoes zu den großen Schuhproduktions- und Schuhvertriebsunternehmen. Die Gruppe beschäftigt weltweit rund 1.100 Mitarbeiter, zudem produzieren rund 30.000 Arbeitskräfte für das Unternehmen.

Cloudbasierte Lösung

In einem zweiten Schritt hat Wortmann am 1. Juli dieses Jahres mithilfe der cloudbasierten E-Commerce-Technologie „Qualibet“ der Verbundgruppe für den Schuheinzelhandel ANWR Group den deutschen Tamaris-Online-Shop tamaris.com für die Store-Betreiber geöffnet. Voraussetzung für eine Kooperation auf der Plattform ist die Bereitschaft zur Daten-Freigabe und die Einrichtung der erforderlichen Schnittstellen.

Im Unterschied zu Ship from Store werden auf tamaris.com sämtliche Bestellungen, also auch Mehr-Teil-Aufträge einbezogen, die gesplittet und von Wortmann und dem betreffenden Partner-Store gemeinsam ausgeführt werden. Nach einer Pilotphase nehmen aktuell rund 40 Prozent der 190 deutschen Tamaris-Stores an dem Plattform-System teil. Da die Lagerbestände dieser Partner nun integriert sind und mehrmals täglich aktualisiert werden, findet der Kunde auf tamaris.com mittlerweile das breiteste und tiefste Sortiment der Marke Tamaris.

Auf der Agenda steht nun die Beteiligung weiterer Store-Betreiber, später sollen auch die Shop-in-Shop- und schließlich die Wholesale-Partner folgen. Schon jetzt habe sich gezeigt, dass „das Konzept der Zusammenarbeit von Lieferant und Partner außerordentlich gut funktioniert“, sagt Nico Gold. „Die Entwicklung von der Börse zur Plattform war der konsequente Schritt.“ Ship from Store fungierte praktisch als Türöffner. „Das System hat vielen Händlern sicherlich die Schwellenangst genommen“, sagt Gold. „Nun ist es Zeit, die Börse auch auf den internationalen Märkten auszurollen.“

Weitere Informationen: redaktion@ehi.org