Emotionen statt kaltes Hightech | stores+shops

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Schriftzug „Snuggle up to me“ auf dem Kopfkissen: Auch so geht Digital Signage – bei The White Company in Norwich. (Foto: The White Company)

Emotionen statt kaltes Hightech

Flachbildschirme als Selbstzweck und Technik-Show werden im Einzelhandel nicht die Zukunft sein, davon ist Autor John Ryan überzeugt. Im Laden der Zukunft werden sie integriert sein ins Storedesign als kleine spielerische Elemente, die Spaß machen und emotionalisieren.

Vor nicht einmal fünf Jahren schien es, als läge die Antwort auf die Frage: Wie wird der Laden der Zukunft aussehen? weitgehend im Bereich der sogenannten Interaktivität. Alles sei gut und die Zukunft sei gesichert, solange nur genügend Bildschirme vorhanden sind, mit denen die Kunden „interagieren“ können. Viele Händler monieren, dass die Bildschirme kaum genutzt würden und die Kunden würden sich – man stelle es sich vor – lieber die im Geschäft präsentierte Ware anschauen. Hat Technologie in der Ladengestaltung noch das Potenzial, das ihr vor einigen Jahren zugesprochen wurde?

Instore-Technologie hat Platz im Einzelhandel

David Dalziel, Creative Director und Mitgründer der Storedesignagentur Dalziel + Pow, erklärt, dass vom Kunden genutzte Instore-Technologie ihren Platz im Einzelhandel habe, aber vielleicht nicht in der Form, die wir uns bisher vorgestellt haben. Als Beispiel für die Verwendung „weicherer“ Technologie führt er einen Store an, den die Agentur für The White Company entworfen hat, ein Einzelhandelsunternehmen, das vorwiegend weiße Bekleidung und Haushaltswaren anbietet. Beim Betreten des Flagshipstores im ostenglischen Norwich gibt es auf den ersten Blick kaum einen Hinweis darauf, dass Technologie hier eine Rolle spielt.

Das ändert sich in der Bettwarenabteilung: Dort steht ein Bett, natürlich mit weißem Laken und Bettbezug, und darauf liegt etwas, das wie ein weißes Buch aussieht. Wenn sich der Kunde dieser kleinen Anordnung nähert, projiziert ein Sensor im „Buch“ mithilfe von Weißlicht den Schriftzug „Kuschel dich an mich“ auf eines der Kissen. Diese Art von Technologie zielt darauf ab, die Einkaufsumgebung aufzuwerten, und es verhält sich mit ihr wie mit einem Tarnkappenflugzeug – man bemerkt es erst, wenn sie sich in unmittelbarer Nähe befindet.

Zippy in Porto: Bei Berührung sprechen die Figuren mit den Kindern. (Foto: Dalziel + Pow)

Zippy in Porto: Bei Berührung sprechen die Figuren mit den Kindern. (Foto: Dalziel + Pow)

Auch die in Porto eingerichtete neue Filiale von Zippy, einer portugiesischen Kette für Accessoires und Spielwaren, ist ein gutes Beispiel für eine andere Art der Nutzung von digitaler Instore-Technologie. Im Innenraum der Filiale, der ebenfalls von Dalziel + Pow gestaltet wurde, finden sich verschiedene Elemente, die zwar Hightech sind, aber auf den ersten Blick nicht so aussehen. Eines dieser Elemente ist ein Brett aus Naturholz, auf dem verschiedene eigens entworfene Comicfiguren abgebildet sind. Dabei wurde „leitfähige Tinte“ verwendet. Diese leitet elektrischen Strom und kann bei Bedarf Teil eines Stromkreises sein. Bei Zippy gehört jede auf dem Brett abgebildete Figur zu einem Stromkreis, der durch die Berührung eines Erwachsenen oder eines Kindes geerdet wird. Auf diese Weise erzeugt jede Figur ein individuelles Geräusch. Es wird also Technologie genutzt, um zu unterhalten und dem Nutzer eine Möglichkeit echter Interaktion zu geben, ohne dabei aggressive Verkaufsmethoden anzuwenden. Wenn ein Erwachsener dann entscheidet, in diesem Laden etwas zu kaufen, freut sich das Kind in seiner Begleitung darüber, dass der Kassenzettel vom Drucker durch einen in den Kassentisch integrierten Mund mit Zähnen ausgegeben wird.

Erst auf den zweiten Blick

All das ist weit entfernt von jenem Touchscreen, der wie das Tor zu einer schönen neuen Welt erschien. Heißt das also, dass der Einzelhandel keine Verwendung mehr für Flachbildschirme hat? Natürlich nicht. Es heißt nur, dass diese nicht gut für Unterhaltungszwecke geeignet sind oder um den Kunden Zugang zu der größeren online verfügbaren Warenwelt des Einzelhändlers zu bieten.

Auch dies ist eine interaktive Anwendung bei Zippy in Porto. (Foto: Dalziel + Pow)

Auch dies ist eine interaktive Anwendung bei Zippy in Porto. (Foto: Dalziel + Pow)

Dagegen scheint die Bedeutung der Flachbildschirme als Navigationshilfe im Laden wichtiger denn je. In den meisten Shopping-Centern von Westfield und Intu in Großbritannien oder von ECE in Deutschland gibt es in den öffentlichen Bereichen große Bildschirme, die den Kunden helfen, sich zurechtzufinden. Diese Bildschirme sind durchgängig in Benutzung, und ihr Einsatz ist mittlerweile normal. Flachbildschirme haben also ihre Berechtigung, aber sie haben praktisch noch nie gut als Mittel funktioniert, um Kunden zu unterhalten oder das Einkaufserlebnis emotional zu bereichern.

Als Mittel, auf das Angebot eines Einzelhändlers zuzugreifen, kommen heute verstärkt Smartphones und der Mobile Commerce ins Spiel. Guy Smith, Chefdesigner der Arcadia Group, zu der u.a. Topshop gehört, sagt dazu: „Wir installieren keine Touchscreens in unseren Filialen, da alles, was wir in dieser Richtung aufbieten könnten, nicht an die mobilen Geräte unserer Kunden herankäme.“

Insgesamt könnte das bedeuten, dass der Store der Zukunft wieder mehr aussehen wird wie ein Geschäft vor dem Aufkommen der Touchscreens. Kundennahe Technologie wird sicherlich vorhanden sein, aber vielleicht weniger ins Auge springen, als manch einer dies gedacht hatte. Stattdessen könnte zunehmend „weichere Technologie“ eingesetzt werden, die nicht wie Zukunftstechnologie aussieht und sich auch nicht so anfühlt. Der Fokus wird darauf liegen, Geschäfte zu Orten zu machen, die Menschen anziehen, das heißt Innenräume und Visual Merchandising müssen besonders ansprechend gestaltet werden.

Auch wird Technologie weniger Selbstzweck sein, wie es in den letzten Jahren der Fall war, sondern eher in die Ladengestaltung integriert. Vieles deutet darauf hin, dass der Laden von morgen verdächtig nach dem Laden von vor 20 Jahren aussehen wird – die Gestaltung und das Kundenerlebnis werden wieder im Vordergrund stehen und Technologie wird dafür als Hilfsmittel bereitstehen, anstatt das Ladendesign zu dominieren.

Fotos: The White Company (1), Dalziel + Pow (2)

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