Eine größere Lagerhaltung sowie eine höher automatisierte Intralogistik wurden im Wesentlichen aufgrund der internationalen Expansion des Unternehmens aus Hockenheim in den vergangenen Jahren notwendig. Darüber hinaus waren auch die Vergrößerung und die Optimierung des Sortiments ausschlaggebend. „Denn nur so können wir bei unserem sehr breiten Artikelspektrum zeitraubende und unwirtschaftliche Splitsendungen vermeiden“, sagt Walter Stricker, Prokurist und Mitglied der Geschäftsleitung von Krämer Pferdesport. Aus dem Standort Hockenheim werden mit einer erweiterten und automatisierten Logistik und einem übergeordneten ERP-System nun sowohl die Filialen als auch die Endkunden beliefert.

psb agiert als Generalunternehmer

Gesammelte Erfahrungen mit der bei Krämer Pferdesport eingesetzten ERP-Lösung von D&G-Software waren mitentscheidend für die Wahl von psb als Realisierungspartner und General-unternehmer (GU) für die neue Intralogistik. Zudem präsentierte psb „von allen Mitbewerbern das am besten auf unsere Bedürfnisse zugeschnittene Konzept, das auch die optimale Bearbeitung der Retouren beachtete, und bot in der Planungsphase detaillierte Lösungsansätze“, betont Stricker.

Walter Stricker, Prokurist und Mitglied der Geschäftsleitung von Krämer Pferdesport: „Wir konnten die Ziele, die wir uns hinsichtlich Liefergeschwindigkeit, Lieferzeit und Liefervolumen gesteckt haben, mit psb erfüllen“.

Walter Stricker, Prokurist und Mitglied der Geschäftsleitung von Krämer Pferdesport: „Wir konnten die Ziele, die wir uns hinsichtlich Liefergeschwindigkeit, Lieferzeit und Liefervolumen gesteckt haben, mit psb erfüllen“.

Das Leistungsspektrum von psb für Krämer umfasst den gesamten Regalstahlbau für das automatische Kleinteilelager (AKL) und das Hochregallager (HRL) inklusive der jeweiligen Regalbediengeräte (RBG), die jeweiligen Lagervorzonen und Fördertechniken, die AKL-Kommissionierplätze und -bahnhöfe, die Konsolidierungs- und Packplätze sowie den Wareneingang und -ausgang. Hinzu kommen, neben der Elektrik und den Steuerungen, Module aus dem von psb entwickelten Steuerungs- und Software-Paket „selektron“, der Materialfluss-rechner „MFC“, das Lagerverwaltungssystem „WMS“ sowie die Anbindung an das bei Krämer etablierte ERP-System „D&G VS 4“. Die Planung und Realisierung des neuen Logistikzentrums bis zur Inbetriebnahme eines zusätzlichen zweiten Bauabschnitts erstreckte sich von Dezember 2010 bis September 2013, wie Marco Kambeck erläutert, der das Projekt bei psb vertriebsseitig betreute.

Realisierung der Intralogistik „von innen nach außen“

Zwei Generalunternehmer waren engagiert, ein Bau-GU für die Realisierung neuer sowie die Adaptierung bestehender Gebäude und psb als GU für die gesamte Intralogistik. „Da das Logistikzentrum strikt gemäß den intralogistischen Anforderungen erstellt wurde, also quasi von innen nach außen, haben wir uns intensiv mit dem Bau-GU abgestimmt“, schildert Kambeck, „sowohl bei der Integration bestehender Gebäude in das Intralogistik-Konzept, als auch bei der Realisierung der Neubauten und neuen Gebäudeteile“. Zudem wurde berücksichtigt, „dass der reguläre Betrieb in unserem Logistikzentrum von den Bautätigkeiten der beiden GUs möglichst ungestört blieb“, so Stricker: „Die lange im Voraus geplante Umstellung des Betriebs vom alten auf das neue System, bei der alle Mitarbeiter involviert waren, haben wir Mitte Mai 2012 an einem langen Wochenende in nur vier Tagen bewerkstelligt, effektiv wurde nur ein Arbeitstag investiert.“

Das zehngassige AKL mit 110.000 Behälterstellplätzen wird von zehn bis zu 6m/sec schnellen RBG des Typs „sprinter“ von psb bedient, die für die gleichzeitige Aufnahme von vier Behältern mit Doppel-Lastaufnahmemitteln ausgestattet sind. Die für 1.600 Behälterdoppelspiele pro Stunde konzipierte Anlage bietet eine Systemleistung von 1.200 Behältern/h. Zudem umfasst die Anlage sechs AKL-Kommissionierplätze mit einer Leistung von bis zu 1.200 Positionen/h, vier Kommissionierbahnhöfe für bis zu 5.000 Teile/h, sechs Packplätze für bis zu 600 Pakete pro Stunde sowie zwei Warenausgänge für die Belieferung der Filialen und der Endkunden.

„Um unseren anspruchsvollen Kunden gerecht zu werden, bieten wir ein sehr großes und breit angelegtes Produktspektrum an, auch in unterschiedlichsten Farben und in seltenen Randgrößen“, erklärt Stricker die Dimensionierung des AKL. So entstehen mehrere Tausend Artikel Langsamdreher der Kategorie C und D, für deren wirtschaftliche Bevorratung und Verwaltung das große AKL ideal ist. Und, wie Kambeck ergänzt, „eine wirtschaftlichere Lösung, denn ein Shuttle-System hätte in diesem Fall 10 bis 15 Prozent weniger Behälterplätze bedeutet und die geforderte Systemleistung wäre nicht ohne deutliche, zusätzliche Investitionen umsetzbar gewesen.“

Wirtschaftliche Integration der Retouren

Zudem werden die Kapazitäten des AKL für das Retourenhandling benötigt ein wichtiges Thema für Krämer: „psb legte das für uns am besten geeignete und neue Konzept für die Bearbeitung und Einlagerung der Retouren vor“, erinnert sich Stricker. So werden nach entsprechender Eingangsprüfung und Wiederverwertbarkeits-Kontrolle sämtliche hinsichtlich Größe, Gewicht und Beschaffenheit geeigneten Retourenartikel in das AKL eingelagert.

Bei allen weiteren Artikeln sind bezüglich ihrer AKL-Tauglichkeit strenge Grenzen festgelegt, etwa hinsichtlich der Umschlagsgeschwindigkeit und des Volumens. So werden Artikel mit insgesamt maximal fünf Liter Volumen in das AKL eingelagert, wobei eine Box mindestens acht bis zehn Artikel aufnehmen sollte. „Dieses Kriterium wird allerdings bei der Retouren-Einlagerung komplett außer Acht gelassen“, sagt Stricker. „Wenn der Artikel in die Box passt, wird er eingelagert, selbst wenn es nur ein einziger Artikel pro Box ist, denn so können diese Artikel leichter und schneller wieder gegriffen und in den Verkaufskreislauf integriert werden.“ Dieses Procedere sei immer noch wirtschaftlicher als diesen Artikel wieder in das Vorratslager oder in den Kommissionierbereich zu bringen.

AKL übernimmt Funktionen bei Neu-Kategorisierung

Ein wichtiges Kriterium für die Logistikleistung von Krämer Pferdesport ist der permanent fließende, jeweils vom ERP eingesteuerte Prozess der Artikel-Klassifizierung. Zum Beispiel wird Fliegen-Spray als klassischer A-Artikel des Sommers im Winter schnell zum C- oder D-Artikel, analog changieren wärmende Jacken von ihrem A-Status im Winter zur C- und D-Kategorie im Sommer. Beachtliche Mengen von Artikeln werden so saisonal bedingt umgelagert. Im einfachsten Fall wird ein ursprünglich auf Palette vorgehaltener A-Artikel zu einem B-Artikel im Durchlaufregal; ändert sich die Klassifizierung dann in C, wandert er ins AKL. So werden die manuellen Kommissionierwege im A- und B-Bereich kurz gehalten und zeitraubendes Umlagern vermieden.

Noch während der Inbetriebnahme des AKL entschied sich Krämer Pferdesport zu  einer Vorratslagerung. „Zu diesem Zeitpunkt unterhielten wir in Hockenheim noch drei Außenlager, deren Artikel wir der Kommissionierung zusteuern mussten, was zeitlich und organisatorisch kritisch war“, beschreibt Stricker. So fiel die Entscheidung zugunsten eines automatischen Palettenhochregallagers mit 16.500 Palettenplätzen.

Versorgung der Schnelldreher-Kommissionierung

Das sechsgassige, 110 m lange und rund 50 m breite HRL bietet eine Höhe von 21 m. Dabei sind rund 4 m unter Straßenniveau gebaut, ist es für doppeltiefe Lagerung ausgelegt und wird von sechs bis zu 6 m/sec schnellen RBG des Typs „maxloader“ bedient, die 150 Doppelspiele pro Stunde leisten. Die Fachlast pro Palette ist aus wirtschaftlichen Gründen auf 900 kg begrenzt. Die Systemlösung von psb umfasst zudem einen seitlich angeordneten Wareneingangs-Platz mit Kufen-, Konturen- und Gewichts-Kontrolle für die Paletten, einen seitlich angeordneten Warenausgangsplatz sowie rund 400 qm Bühnenanlage.

Die am Wareneingang auf Europaletten angelieferten Warenkartons werden auf hausinterne Systempaletten umgelagert, die laut Kambeck „mit ihren guten Fahr- und Handling-Eigenschaften die Verfügbarkeit im System deutlich erhöhen“. Während das HRL die mit A und B klassifizierten Artikel aufnimmt und somit Nachschub für die manuelle Kommissionierung der Schnelldreher bereithält, werden die C- und D-Artikel in Behälter umgepackt und in das AKL eingelagert. Sperrige, nicht behälterfähige Artikel wie etwa Sättel und Reitgerten von 1,2 m Länge werden in einem eigenen Bereich vorgehalten und auftragsbezogen dem Konsolidierungs- und Verpackungsbereich zugeführt.

Zwei Kommissionierarten für Filialen und Endkunden

Die Funktion der beiden Lagersysteme entspricht den beiden getrennten Prozessen für die Versorgung der 36 Filialstandorte und die Ausführung der mittlerweile überwiegend online getätigten Kundenbestellungen. Analog sind zwei Kommissionierfunktionen realisiert: So werden im Kommissionier-Areal für die C- und D-Artikel sowohl die Produkte für die Megastores als auch die für die Endkunden kommissioniert. Da die Filial-Belieferungen je nach Volumen auf Paletten und in Sammelbehältern ausgeführt werden, reicht hier eine einstufige Kommissionierung.

Für die Endkunden-Aufträge hingegen ist eine zweistufige Kommissionierung erforderlich: Die Artikel werden sowohl aus dem AKL abgerufen als auch im manuellen Kommissionierbereich für die A- und B-Schnelldreher per MDE-geführtem, optimierten Pickrundgang gesammelt. Anschließend erfolgen im Packbereich die Konsolidierung und die Verpackung in entsprechend dem Auftragsvolumen dimensionierten und automatisch sequenziert bereitgestellten Kartons für den Versand per DHL. Für die Belieferung der Filialen hingegen setzt Krämer eigene Lkw ein.

Anschließend werden die Auftragskartons versandfertig gepackt…

Anschließend werden die Auftragskartons versandfertig gepackt…

„Bei den Kommissionierprozessen beginnen wir mit der Kommissionierung der C- und D-Artikel aus dem AKL“, wie Walter Stricker erläutert. „Die Fördertechnik transportiert die entsprechenden Behälter zu den Kommissionierbahnhöfen, wo sie auf Kommissionierwagen umgebucht werden, mit denen die Mitarbeiter die Schnelldreher-Artikel der Kategorien A und B hinzupicken und anschließend den Wagen zum Bahnhof zurückfahren. Dort wird über ein Sortierregal von einer artikelreinen Kommissionierung zu einer auftragsbezogenen Kommissionierung umsortiert.“ Der fertige Auftrag liegt nun in einem Kommissionierfach und löst im so genannten „Karton-Start“ den richtig dimensionierten Karton aus. Dieser wird zum Sortierregal transportiert, wo der Putterin per Lichtsignal angezeigt wird, aus welchem Fach die Artikel in den jeweils vordersten Karton gepackt werden müssen. Durch Vielfach-Scanning ist Fehlerfreiheit nahezu vorprogrammiert, denn jeder Artikel wird in den Kommissionierbereichen, beim Entnehmen aus dem Sortierwagen und beim Einlegen in den Karton gescannt, sodass auf eine Endkontrolle verzichtet werden kann.

Flexible Prioritäten-Steuerungen

Die Performance der Software spielt für die flexible Gestaltung der Logistikprozesse eine zentrale Rolle. „psb hat seine Software speziell auf die unterschiedlichen Prozesse bei Krämer ausgerichtet, denn das Endkundengeschäft und die Filialbelieferung erfordern unterschiedliche Materialflüsse und unterschiedliche Lagerzugriffe“, erläutert Kambeck. „Mit dem LVS und dem MFR können wir auf unterschiedliche Nutzungsgrade sowie Peaks und Engpässe schnell reagieren. Ebenso rasch lassen sich vom ERP eingesteuerte Neu-Kategorisierungen von Artikeln umsetzen.“ Die Anlagenbereiche lassen sich den jeweiligen Anforderungen schnell und flexibel anpassen. So können beispielsweise 3 Mitarbeiter die sechs AKL-Kommissionierplätze bedienen, bei höheren Auftragsaufkommen sind 4, 5 oder 6 Kommissionierer im Einsatz. Zudem hat sich gezeigt, dass es, „immer abhängig vom Auftragsvolumen, wesentlich wirtschaftlicher ist, einen Bahnhof mit Maximallast zu betreiben als zwei oder drei Bahnhöfe mit Teillast“.

...und über die umfangreiche, die gesamten Intralogistik-Prozesse verbindende, ebenfalls von psb realisierte Fördertechnik zu den jeweiligen Verladestellen transportiert.

...und über die umfangreiche, die gesamten Intralogistik-Prozesse verbindende, ebenfalls von psb realisierte Fördertechnik zu den jeweiligen Verladestellen transportiert.

Einen Beitrag zur Effizienz des Logistikzentrums leisten auch die flexiblen Einsatzzeiten der Mitarbeiter. Stricker: „Wir arbeiten mit einer Gruppe ab 7:00 Uhr morgens und mit der zweiten Gruppe bis 19:00 Uhr, zudem arbeiten die Mitarbeiter montags und dienstags etwas länger, dafür freitags deutlich kürzer, und jeder Mitarbeiter arbeitet jeden zweiten Samstag.“ Die überwiegende Mehrzahl der Mitarbeiter ist für Einsätze in allen Intralogistikbereichen qualifiziert. Diese System-Flexibilität und die Flexibilität der Arbeitszeiten greifen ineinander und werden benötigt, denn aufgrund des hohen Bestelleingangs an den Wochenend-Tagen sind am Wochenanfang sowohl für die zwei Mal pro Woche belieferten Filialen als auch für die Endkunden deutlich höhere Kommissionierleistungen zu erbringen. Dennoch werden bis zur Mittagszeit eingehende Kundenaufträge aus Deutschland noch am gleichen Tag ausgeliefert, Lieferungen in die weiteren europäischen Länder dauern – nicht zuletzt wegen unterschiedlicher Annahmezeiten und Transportstrecken – einen Tag länger.

„Wir konnten die Ziele, die wir uns hinsichtlich Liefergeschwindigkeit, Lieferzeit und auch Liefervolumen gesteckt haben, mit psb erfüllen“, zeigt sich Stricker zufrieden. „Eine Hauptanforderung an den Logistik-GU lautete, dass wir weiter wachsen wollen, dass wir schneller wachsen wollten als bis zu dem Zeitpunkt vor der Kooperation mit psb und diese Ziele konnten wir umsetzen“. Unter anderem kann das Unternehmen mit der Performance des neuen Logistikzentrums mehrere neue Megastores pro Jahr eröffnen, im Jahr  2013 waren es drei Filialen. Bei jeder dieser Eröffnungen ist die Intralogistik extrem beansprucht, denn die Bereitstellung der Ware gerade bei der Erstbelieferung und Bestückung der Stores mit unserem gesamten Sortiment von mehr als 20.000 Artikeln stellt sehr große Anforderungen an die Kommissionierung und alle damit verbundenen intralogistischen Prozesse.“

Fotos (11): psb intralogistics

Weitere Informationen: www.kraemer-pferdesport.de und www.psb-gmbh.de  

Kurzportrait Krämer Pferdesport

Krämer Pferdesport ist nach eigenen Angaben Europas Marktführer beim Vertrieb von Reitsportartikeln. Mit 650 Mitarbeitern beliefert das Unternehmen Endkunden in Deutschland, Österreich, der Schweiz, Frankreich, in den Niederlanden und Luxemburg. Derzeit werden insgesamt 36 Filialstandorte versorgt, an denen Kunden auf den jeweils 1.200 qm Verkaufsfläche der identisch strukturierten Megastores aus dem gesamten Sortiment auswählen können, das mehr als 20.000 unterschiedliche Artikel umfasst. Neben dem mittlerweile in sechs Landes-Varianten aufgelegten Print-Katalog wird das Angebot ebenso in individuellen Online-Shops in den jeweiligen Landessprachen präsentiert. Durch regelmäßige Newsletter sollen zudem eine starke Verzahnung und ein Gleichgewicht zwischen stationärem Handel und Online-Geschäft erreicht werden. Als einer der wesentlichen Schwerpunkte des Geschäfts von Krämer Pferdesport ist die gleichzeitig internationale und dabei stets regional differenzierte Ausrichtung sowie das große und breit angelegte Sortiment zu nennen, das beispielsweise Bekleidung auch in seltenen Größen und in seltenen Farben beinhaltet.